1+1=1

Am Außenseiter-Trip mit Welt: Placebo sind der Beweis dafür, dass jede Popströmung eine Gegenkultur vedient hat. Shorty Kurz und Franziska Tschinderle haben in ihr neues Album reingehört und Stefan Olsdal im Ring-Hotel getroffen. Ein Portrait.

Apropo 20 Jahre: Placebo stehen kurz vor diesem Jubiläum und das auch noch mit einem neuen Album, dem Siebten um genau zu sein. Stefan Olsdal sitzt uns mit perfekt gestutzem Bart, Olaseku- und trotz spindeldürren Beinen-engstengs anliegenden Röhrenjeans gegenüber und bestätigt, bandintern mache man sich keineswegs etwas aus dieser Zahl. Wenn schon ist sie Beweis der eigenen Beständigkeit und Zeichen dafür, dass man nach wie vor gerne miteinander arbeitet. Noch aber haben wir 2013, September und mehr oder wenig schlechtes Wetter: Beste Vorraussetzungen um vor der Europa-Tour die neue Platte „Loud like Love“ in Wien zu präsentieren.

Ein Album auf welchem sich die Phrase „Die Summe der einzelnen Teile“ doch tatsächlich einmal in der Praxis übertragen lässt. Hörtechnisch gibt es eine unsichtbare Trennlinie, die an unterschiedlichen Songwriter-Zonen liegt: „Der erste Teil entstand 2012, der zweite 2013. In der Zwischenzeit waren wir auf Tour und haben die B3-EP komponiert. Daher hat das Album an Homogenität eingebüßt, ist für mich aber so eine Platte, die Placebo immer schreiben wollte“, sagt Olsdal über den Entstehungsprozess. Damit dürft er Recht behalten: Während Songs wie „Too many Friends“ oder „Rob the Bank“ rockiger und geerdeter geworden sind, klingt die zweite Hälfte mit elektronischen Nuancen wie eine logische Fortsetzung von „Sleeping with Ghosts“.

Speed-gebremst

Man habe eben schon immer einen Draht zum Elektronischen gehabt, zu Front 242, Depeche Mode oder Boards of Canada. Ein Sound zu dem sich Placebo in den 90ern und darüber hinaus die Pillen eingeworfen haben: Alle drei auf unterschiedlichen Trips in der gleichen Bar und doch jeder alleine in seiner eigenen Welt. „Loud like Love“ dürfte zumindest diesem exzessiven Glam- Alltag in die Grenzen gewiesen haben: „Mein Leben hat sich inzwischen verändert. Wenn ich zurückschaue frage ich mich manchmal wie absurd es ist, dass Placebo noch immer Musik machen kann". Das können sie zweifelsohne denn auf der neuen Platte ist alles da: Molkos qängelnd-nasale Stimme sowohl über kräftige Rock-Songs als auch stimmig-gefühlsvolle Balladen und Piano-Lines. Texte die davon erzählen eine Bank auszurauben und dem Sex danach, „dem Gemeinsam alleine Sein“ und dem „alleine Trauern um das Gemeinsame“. Und wenn Molko im letzten Song nicht wie damals in „Nancy Boy“ von „different Partners every night“, sondern „I love you more than any man“ singt, kann man sich beinahe sicher sein, dass es diesmal um mehr geht als den Exzess.

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