An die Agonie verkauft

Und wieder einmal zeigt sich: Wenn zwei eine musikalische Reise tun, haben Sie einiges zu erzählen. Vor allem, wenn diese beiden Nino Mandl und Ernst Molden heißen.

Katerstimmung

Und dann kommt das große Highlight: Das sind die beiden Wolfgang-Ambros-Interpretationen, die endgültig beweisen, warum Wolferl für so viele Bands des neuen "Austropop-Booms" – Zitat: jede deutsche Zeitung – das Nonplusultra ist. Seine beiden Heisltschik-Nummern, die vor Verlustängsten und Hoffnungslosigkeit (in der Kunst gut!) nur so strotzen, sollten eigentlich das Highlight jeder DoRo-Dokumentation sein. Aber bitte in der Version von Ernst Molden & Der Nino aus Wien.

Die beiden Stücke sind "Wie wird des weitergehn" und "Espresso". Ersteres besticht mit Vanitas-Lyrik erster Güteklasse: "A junga Mensch sitzt gottergeben und fiacht si vua die Bam vurm Fenster / Er hot si an die Agonie verkauft" oder "Wo san die Toge wo da Wind / den Koda in da Fruah verblos’n hot." Weltklasse. Und dazu noch in dieser Interpretation, dieser wunderbaren Schludrigkeit, wie sie nur ein Nino Mandl und ein Ernst Molden zurzeit in Österreich im Stande sind vorzutragen. Das selbe auch bei "Espresso", man kauft den beiden einfach ab, dass sie jeden Tag um halb vier in irgendeiner Windn sitzen, dort dann aber nur vier Zigaretten bei zwei Bier trinken. Und natürlich weiß man, dass die Stammlokal von Ernst Molden (Malipop) und Nino Mandl (Café Dezentral) keine Windn sind. Aber sonst: so kann Authentizität aussehen.

Für viele Hörer wird auch das an sich schon großartige "Vorstadtcasanova" von Georg Danzer – und bitte nicht von Rainhard Fendrich, der nur eine äußerst weichgespülte Version veröffentlichte – ganz weit in den Herzen ausbreiten. Vor allem, weil der Text diametral vor allem zum Image des Nino aus Wien – der ja sonst eher immer etwas schrullig gesehen wird – steht, und dadurch wie die Faust aufs Auge passt. "I hob scho meterweis‘ die Hosn übas Glanda bogn / Da kenn i nix, und überhaupt, de woins jo so", mit Ninos Stimme zu hören, verursacht sympathische Schmunzler.

Mandl und Molden tragen die Stücke ihrer musikalischen Ahnen fast durchgehend originalgetreu vor, musikalisch müssen sie durch ihr Konzept der Reduktion hier und da ein paar Abstriche machen – was nicht weiter stört -, lyrisch bleibt alles beim Alten. Aber wenn nicht, stört es. Wie etwa beim "Tschik", auch Danzer, wo sich zwischen den beiden Interpreten ein kleines Gespräch entwickelt. Auch ein Stück von Helmut Qualtinger & André Heller, aus Hellers Album "Heurige und Gestrige Lieder" aus dem Jahre 1979 darf nicht fehlen. Der Heurigenschunkler "Im grünen Wald von Mayerling" gehts, wie könnte es anders sein, um den Tod vom Kronprinz Rudolf, für den ein schöner Traum zu Ende ging.

Hammer. Sicher/l.

Es ist jetzt schon ein bisschen unfair zu sagen, dass das Album fantastisch ist und von jedem gehört werden sollte, der nur ein bisschen was für Wienerisch übrig hat. Klar, es sind alles Songs der Anderen, Ernst Molden und Der Nino aus Wien schöpfen aus einem riesigen Fundus an suizidantem Liedgut aus Österreich, an Melodien für die Ewigkeit und einem sehr großen Pool an Interpreten. Aber diese teilweise schon über vierzig Jahre alten Stücke so sorgfältig zu instrumentieren und in die Gegenwart zu holen, so wunderbar gesungen und mit dem richtigen Bisschen Sprezzatura zu intonieren, hat größten Respekt verdient. Und wenn der ein oder andere danach in den Plattenladen geht und sich eine Platte der alten Helden besorgt, hat alles noch einen Zweck erreicht.

"Unser Österreich" von Ernst Molden & Der Nino aus Wien erscheint am 13.3. via Monkey.

Termine: 13.3. Album-Präsentation in der Arena, Wien. 17.3. Zürs, 18.3. St. Anton, 19.3. Innsbruck, 20.3. Kitzbühel, 26.3. Tulln, 28.3. Wörgl, 9.4. Graz, 15.4. Salzburg, 24.4. Purkersdorf, 8.-10.5. Wiener Welle 15.5. Waidhofen/Ybbs, 30.5. C’est la Mü Oslip, 8.6. Stadtsaal Wien, 9.6. München, 16.7. Passau.

Bild(er) © Ronnie Niedermeyer
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