Andere Ufer

Sonntag, Chelsea, Wien: Vor der Türe johlt die Meute zum Fußballspiel, dahinter spricht eine frisch gebackene Band über ihren Weg von Fünf zu Drei, von Singer/-Songwriter zu Synthpop und von Trauer zur Einsicht.

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Das Leben geht weiter: Ob nach dem Tod einer geliebten Person oder dem unvermeidlichen Band-Breakup. Die Überbleibsel der Chicago Folk-Rock Band Scattered Trees heißen Nate Eiesland, Ryne Estwing und Alissa Eiesland. Sie haben mit beidem Erfahrung gemacht – und das Beste rausgeholt: Sie kehren Singer/-Songwriter den Rücken zu und produzieren eines der faszinierendsten Elektro-Pop Alben des Jahres.

Darauf hat alles Platz was früher Ballast war: Synthpop, Shoegaze, Autotune-Experimente, Dream-Pop und atmosphärische Vibes. "Give In" ist eine Platte für neue Lebensabschnitte, Entscheidungen und Wenden. Es ist ein Album, das uns nicht verschweigt, wie hart es da draußen sein kann und es doch nicht so schwer nimmt. Tatsächlich hört es sich wie das Schicksal ihrer Schöpfer: Tapetenwechsel, Loslassen, Andere Ufer, On an On. Ein Moment den jeder kennt und demnach dieses Album so menschlich macht.

Baron und Jason Harper haben die "Scattered Trees" vor einigen Monaten verlassen. Was war der Grund für ihren Austritt und wie kommt es, dass ihr so schnell eine neue Band gegründet habt?

Alissa: Aus verschiedenen Gründen wie Schule, Jobs und Filmprojekte. Für die beiden wurde es immer schwieriger all das mit der Band unter einen Hut zu bekommen. Als Jason und Baron die Band verlassen haben, wollten wir nicht mit dem gleichen Namen und anderen Bandmitgliedern weitermachen und haben stattdessen einen kompletten Neustart gewagt.

Hatte dieser Schritt von fünf auf drei Mitglieder einen Einfluss darauf, wie ihr die Songs auf "Give In" produziert habt?

Alissa: Ganz bestimmt. Gerade durch diesen kompletten Neuanfang konnten wir unseren Kopf total leer machen und uns im Studio ausschließlich auf die Songs konzentrieren. Mit einer Band, die viele Mitglieder hat, ist es oft schwer sich auf eine musikalische Richtung zu einigen. Nate, Ryne und ich hatten aber schon immer fixe Muster im Kopf die wir umsetzen wollten. Es war großartig von vorne zu beginnen und Musik zu produzieren, von der nichts erwartet wird.

Euer Sound hat sich hörbar verändert: Die "Scattered Trees" waren eine Folk und Singer/-Songwriter Band, On An On geht mehr in die Richtung Synthpop und Experiment. Habt ihr während den Aufnahmen ähnliche Platten gehört oder warum dieser Wechsel?

Alissa: Ich würde jetzt nicht sagen, dass wir komplett andere Musik konsumiert haben. Klar war nur, dass wir auf keinen Fall eine Singer/-Songwriter Platte produzieren wollen.

Nate: Mit den Scattered Trees gab es oft Ideen von unserer Seite aus, die aber aufgrund unterschiedlicher Vorlieben scheiterten. Bei uns Dreien passt einfach die Chemie. Wir vertrauen einander und dadurch, dass der Zwang weg war, konnten wir etwas Kreatives und Neues schaffen.

Hattet ihr eine Elektro-Pop Platte in diesem Ausmaß vor Augen oder hat sich euer Sound während der Aufnahmen entwickelt?

Nate: Beides. Wir wussten welche Musik wir aufnehmen wollen und was uns Spaß macht. Ich denke schlussendlich war die einzige Richtlinie keinen Singer/-Songwriter mehr zu produzieren. Die neuen Songs sollten organischer werden und zugleich elektronischer. Wir haben viel am Drum-Computer produziert und fanden das Ergebnis am Ende so gut, dass wir es auf der ganzen Platte so gemacht haben. "Give In" ist kein Konzeptalbum, es ist eine Platte dessen Inhalt aus Experimenten und Entdeckungen im Studio entstanden ist.

Das letzte Scattered Trees Album "Sympathy" hat sich sehr stark mit dem Thema Tod auseinandergesetzt. Was waren die wichtigsten Einflüsse für "Give In"?

Nate: Tod, Liebe, Leben sind nach wie vor wichtige Einflüsse unserer Musik, nur hat sich unsere Perspektive verändert. Die Songs auf "Sympathy" sind vor vier Jahren in einer Trauerphase entstanden, als mein Vater gestorben ist. Solche Themen brauchen Zeit, damit man sie aus einer nicht mehr so emotionalen Sichtweise behandeln kann und ihnen Freiraum gibt.

Alissa: "Give In" ist ein sehr philosophisches Album geworden und weniger persönlich. Elementare Fragen nach dem Sinn des Lebens und nach Erfolg, aber auch Themen wie Korruption oder der amerikanische Traum spielen eine wichtige Rolle.

Bild(er) © Kyle La Mere
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