Heuer findet zum zweiten Mal das Let’s Cee Filmfestival in Wien statt. Um mehr darüber zu erfahren hat The Gap die Festivaldirektoren Wolfgang P. Schwelle und Magdalena Żelasko um ein Interview gebeten.
Im Rahmen des Let’s Cee Festivals werden Kurz-, Dokumentar- und Spielfilme aus Zentral- und Osteuropa, einschließlich der Kaukasus-Region und der Türkei zu sehen sein. Ziel des Festivals ist es, Filme aus diesen Ländern einen Weg in die heimischen Kinos zu bahnen, Filmtalks mit interessanten Gästen und Retrospektiven alter Klassiker inklusive.
Was braucht ein Film aus Zentral- und Osteuropa oder der Türkei um in die heimischen Kinos zu kommen? Spielen hier eher bekannte Namen in Cast und Crew, Festivalauszeichnungen, oder die Thematik eine Rolle?
Wolfgang P. Schwelle: Gewichtige Festspielauszeichnungen sind sicher ein gutes Argument. Ein toller Film wie »Mutter und Sohn« des rumänischen Regisseurs Călin Peter Netzer wäre, ohne den Goldenen Bären bei der diesjährigen Berlinale zu gewinnen, vermutlich nie im regulären österreichischen Kinobetrieb gelaufen. Ansonsten schaffen es anspruchsvolle Produktionen aber üblicherweise nur in Programmkinos, oder eben im Rahmen von Festivals, auf die Leinwand. Das hat viele Gründe.
Warum glaubt ihr, werden Filme aus diesen Ländern in österreichischen Kinos, trotz hoher Qualität und österreichischen Darstellern wie etwa bei »Eastalgia«, häufig ignoriert?
Magdalena Żelasko: Ein immer größerer Teil des Umsatzes der großen Kinoketten wird mit wenigen Blockbustern gemacht. Es kostet enorm viel Geld einen Film zu promoten. Die meisten osteuropäischen Produktionen haben dieses Geld einfach nicht. Es können ja auch österreichische Filme hier nicht erfolgreich dagegen halten. Das zeigen die Besucherzahlen. Zweitens spielt hier die Förderpraxis eine gewichtige Rolle. Anspruchsvolle Filme aus Osteuropa, bei denen kein österreichisches Geld mit dabei ist, haben hierzulande kaum eine Chance auf einen regulären Kinostart.
Nach welchen Kriterien habt ihr die Filme für euren Spielfilm-Wettbewerb ausgewählt? Von den Herkunftsländern einmal abgesehen.
Magdalena Żelasko: Wir haben hier heuer mit Tomasz Raczek, dem bekanntesten Filmkritiker Polens, einen der besten Kenner der zentral- und osteuropäischen Filmszene als Kurator gewinnen können. Er bestimmt die Auswahl, ist dabei allerdings für gute Vorschläge von unserer Seite offen. Fakt ist: Es werden sehr viele Filme gesichtet, ehe es zu einer Vorentscheidung kommt. Wir sehen es daher als Auszeichnung, wenn ein Film überhaupt in den Wettbewerb kommt.
Glaubt ihr, dass es unter all den Spiel-, Dokumentar- und Kurzfilmen des Festivals auch welche gibt, die dank eines prekären Themas für Aufregung sorgen könnten?
Magdalena Żelasko: Wir haben eine Reihe von Filmen im Programm, die prinzipiell sehr wohl dazu taugen würden für Aufregung zu sorgen. Beispielsweise einen über einen homosexuellen polnischen Priester, oder zwei über die Auswirkungen des Balkankriegs. Oder »Fuck for Forest«. Und jede Menge gesellschaftskritischer Produktionen. Aber um in Anbetracht des medialen Overflows unserer Zeit aufzuregen, muss man in aller Regel schon fast bewusst provozieren. Vor allem in Österreich ist man diesbezüglich einiges gewohnt und recht abgebrüht. Und absichtlich für Aufregung zu sorgen entspricht nicht unbedingt der Philosophie unseres Festivals. Wir zeigen ohne Einschränkung alles, was wir für richtig halten, aber sicher nichts allein aus dem Grund, für Wirbel zu sorgen.
Gab es beim Verlauf des ersten Let’s Cee Festivals Schwierigkeiten oder Probleme aus denen ihr für den zweiten Durchgang gelernt habt?
Wolfgang P. Schwelle: Probleme und Schwierigkeiten gab es jede Menge. Man kann sich den immensen organisatorischen Aufwand, der hinter so einem Festival steckt, als Außenstehender kaum vorstellen. Es war ja im Wesentlichen learning by doing. Abgesehen von mir und Magdalena, die Let‘s Cee ja gegründet hat, wurde das Festival letztes Jahr von einer Gruppe sehr junger Leute aus fast 20 Ländern realisiert. Und obwohl unser Vorhaben praktisch für uns alle eine Premiere war, haben wir einen echten Erfolg landen können. Und klar haben wir für den zweiten Durchgang viel gelernt. Aber es gibt deswegen nicht weniger Herausforderungen.