Awards pflücken im Folkgarten

Das Gasometer war ausverkauft, bevor man drei Mal Mumford sagen konnte. Ein Interview mit Ben Lovett und Ted Dwane.

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Als frisch gewaschene Grammy- und Brit Award-Preisträger machten die Engländer Mumford & Sons im Wiener Gasometer halt. Ihr Album „Babel“ sprengt auf der Insel, sowie jenseits des großen Teichs allerhand Rekorde und auch die Europatournee war in Windeseile ausverkauft. Kevin Reiterer traf Keyboarder Ben Lovett und Kontrabassisten Ted Dwane zu einem Gespräch über ebendiese Awardshows, ihre eigene Festivalreihe und ein Coldplay-Konzert vor acht Jahren.

Beginnen wir in der Vergangenheit, vor fünf Jahren habt ihr in Dublin einen kleinen Gig für Balcony TV Dublin gespielt, eigentlich genau zu dem Zeitpunkt, als dann der Hype losging. Wie wichtig glaubt ihr sind solche Video-Blogs heutzutage für die Karriere einer Band?

BL: Meiner Meinung nach sehr wichtig, weil man so die Leute direkt erreicht. Jeder hört und teilt Musik genau so, schnell und unkompliziert. Gerade diese Balcony TV-Session war für uns wichtig, weil die Leute am Anfang sehr leicht sagen konnten „hört euch diese Band mal an“. Als Musiker hat man die Wahl, ob man bei solchen Sachen mitmacht oder es Old School macht.

Wir machen eigentlich gerne beides, weil wir schon daran glauben, dass sich langes touren und viele Alben auszahlen. Aber wir machen auch sehr gerne Sachen wie die Black Cab Session oder eben Balcony TV, weil es auch recht lustig ist, in so einer ungewohnten Umgebung zu spielen wie einem unmenschlich witzigen Balkon. (lacht)

Man kann sich denken, dass die letzten Wochen für euch überwältigend und anstrengend zu gleichen Teilen gewesen sind – mit den vielen Award Shows (Anm.: u.A. Grammys und Brit Awards) und einer ausverkauften Europatournee. Gefällt euch das Leben mit Afterparties und Jetset zwischen den Kontinenten oder seht ihr es einfach als Teil des Spiels?

TD: Wir wollten eigentlich nie ein Teil dieses verrückten Zirkus sein, doch natürlich macht man mit. Natürlich sind solche Sachen auch wichtig für uns. Aber meistens werden wir daran erinnert, was uns selbst wichtig ist – auf die Bühne gehen und spielen. Dort sind wir zu Hause, wir brauchen eine Bühne und ein paar Leute. Das reicht.

Wie fühlt ihr euch dann in so einem glanzvollen und glamourösen Umfeld wie bei den Grammys, wenn Sir Elton John und Jay-Z neben euch sitzen?

BL: Definitiv nicht glamourös (lacht). Im Grunde sehr jung, wir sind gerade seit fünf, sechs Jahren eine Band und noch immer unruhig. Wir wollen spielen und möglichst viele Alben aufnehmen.

In meiner Teenagerzeit war in jedem Plattenladen ein Jay-Z- Poster und „Hard Knock Life“ lief im Radio, sehr seltsam wenn man diese Leute dann kennenlernt. Es fühlt sich nicht so an als wären wir dort wichtig. Die meiste Zeit freut es uns wahnsinnig, aber manchmal ist es für uns auch lächerlich dort dabei zu sein.

Nun zu den Brits, Robbie Williams beschrieb letztens die Show als langweilig und Tom Meighan von Kasabian überhaupt als furchtbar. Wenn man sich das Material ansieht, nachdem ihr euren Award bekommen habt, könnte man meinen, ihr hattet dort richtig Spaß. Warum glaubt ihr, maulen nach solchen Shows immer wieder einige Künstler?

BL: Es ist natürlich meistens langweilig. Es ist einfach keine richtige Party, überall sitzen Labelbosse und Manager. Es ist was es ist, eine Preisverleihung. Robbie Williams war dort sicher schon 20 Mal, also muss er mittlerweile wissen, auf was er sich einlässt. Wir haben einfach versucht das Beste daraus zu machen.


Die jetzige Tour ist komplett ausverkauft, im Hinblick auf eure Zukunft, ist es euch wichtiger mehrere kleine Shows zu spielen oder reichen wenige, dafür richtig Große?

TD: Wir würden es auf jeden Fall bevorzugen, viele kleine Shows zu spielen, aber glücklicherweise gibt es so viele Orte wo wir spielen können und wollen. Wir können in Europa, in den USA, in Australien und zu Hause spielen, daher ist unser Kalender sehr schnell voll.

Wir versuchen eine Balance zu finden zwischen, wie wir es vor Weihnachten in Großbritannien gemacht haben. Zuerst haben wir für zwei Wochen vor maximal 2000 Leuten gespielt, dann fünf Tage Pause und danach einige große Hallen. So läuft es im Prinzip auch auf dieser Tour. Bis Paris sind es fast immer Hallen wie diese (Anm.: Gasometer) und dann wird es größer. Das lieben wir einfach, die letzten Gigs in Warschau und Prag waren fantastisch.

Diesen Sommer kuratiert ihr erstmals eigene Festivals in England und den Vereinigten Staaten. Wie sehr seit ihr an der Organisation dieser Festivals beteiligt?

BL: Eigentlich richtig viel (lacht). Wir wollen keinen Ruhm einstreifen, für etwas an dem wir nicht beteiligt waren. Es arbeiten wirklich sehr viele andere Leute jeden Tag daran, uns eingeschlossen. Wir haben uns mit dem Line-up auseinander gesetzt, die Städte ausgewählt und haben uns die Venues genau angesehen. Es sind alles sehr kleine Orte, in jedem haben wir mit der Stadtverwaltung gesprochen.

Das ganze Projekt ist eine tolle Abwechslung für uns. Wir besprechen zu viert so viele unterschiedliche Dinge – wo kommt der Burgerstand hin, wo kommen die Leute hinein, passt die Sound-Anlage, sieht die Bühne gut aus – all das wird genau durchgegangen.

TD: Es macht uns wirklich Spaß. Der schönste Teil bis jetzt war mit den Leuten vor Ort zu sprechen. Es entsteht eine tolle Zusammenarbeit und jeder steht dahinter. Für uns bietet sich die Möglichkeit, vor einem großen Publikum zu spielen und es trotzdem auf die „Mumford & Sons-Weise“ durchzuziehen.

Ben, du hast dich vor acht Jahren für einen Coldplay-Gig 24 Stunden angestellt. Abgesehen davon, dass ihr als internationale Superstars leicht jedes Konzert besuchen könnt, gibt es heute noch Bands, für die ihr so etwas machen würdet und hat es sich damals für den Gig ausgezahlt?

BL: Ja, manchmal schon. Vor einiger Zeit war ich bei The Vaccines in New York. Aber alle aufzuzählen wäre jetzt wohl eine zu lange Liste (lacht).

Der Gig damals war richtig toll. Ich war gerade mit der Schule fertig und war mit ein paar Freunden in der Schlange, das Anstehen selbst war wie ein Teil des Konzerts. Das war damals der Tourstart von X&Y im Koko, wo 1200 Leute reingehen. Drinnen waren dann alle am Ende ihrer Kräfte, aber gerade daraus entstand dann eine grandiose Euphorie. Mit diesem Eindruck behalte ich Coldplay im Gedächtnis.

Gerade diese Zeit, wenn du jeden Traum vor dir hast, ist wundervoll. Wenn ich könnte, wäre mein Traumurlaub nochmals fünf, sechs Tage in dieser Zeit zu verbringen. Wir haben einige Träume aus dieser Zeit verwirklicht, wie z.B. im Shepherds Bush Empire in London zu spielen. Jetzt ist zwar einer dieser Träume verwirklicht aber viele neue sind dazugekommen. Darum liegen uns auch die Gentlemen Of The Road-Konzerte so am Herzen, weil wir uns damit einen beinahe unerfüllbaren Traum verwirklichen.

Letztes Jahr schrieb die Zeitschrift Guardian über euch „größte Band der Welt“. Erfüllt euch so eine Überschrift in irgendeiner Weise mit Angst?

BL: Das wusste ich nicht mal (lacht).

TD: Doch, ich schon. Wir sind es klarerweise nicht, der Erfolg den wir gerade haben kam völlig unerwartet. Für uns war es grandios als „Sigh No More“ herauskam, alles was danach kam, war ein Bonus. Ich bin oft der Meinung, dass wir es jetzt geschafft haben uns zu verwirklichen. Wir könnten für zehn Jahre mit einem russischen Zirkus auf Tournee gehen und es würde mich ausfüllen (lacht).

Vielen Dank.

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