Cinema Next on Demand: »Ich hätt’ meinen Vater gecastet, aber er geht mir grad am Oarsch« – Interview mit Kurdwin Ayub

Cinema Next präsentiert sechs ausgewählte junge österreichische Filme für kurze Zeit exklusiv on demand. Einer davon: »Boomerang«. Regisseurin Kurdwin Ayub über ihren Film, Diversität und gutes Augenrollen.

Still aus »Boomerang« (2018, 22 min)

Bevor sie ihren ersten langen Spielfilm finanziert kriegt, musste sich Kurdwin Ayub mit einem Kurzfilm beweisen. Und »Boomerang« ist eine Visitenkarte, die man sehr gerne entgegennimmt. Kurdwins Film ist, in ihren eigenen Worten, »lustig«, »ehrlich« und »ur cool«. Cinema Next präsentiert »Boomerang« bis 1. Juli 2019 exklusiv online beim Kino VOD Club.

Cinema Next: In deinen eigenen Worten – Worum geht es in »Boomerang«?

Kurdwin Ayub: In »Boomerang« geht es um die Einweihungsparty einer frischgebackenen Exfrau, die mit Arbeitskollegen und ihren fast erwachsenen Kindern feiert. Das mittlere Kind, Dana, versucht ihren Vater, der unten vor der Tür steht, bei Laune zu halten, damit er nicht uneingeladen die Party crasht. Später erkennt man, dass sie nicht nur das Lieblingskind ihres Vater ist, sondern auch dieselben Macken hat wie er. Ich war immer schon der Meinung, dass man die Probleme, die man in der Beziehung seiner Eltern sieht, in seine eigene mitnimmt.

Nach Animations- und Performancevideos und einem langen Dokumentarfilm (»Paradies! Paradies!«) ist »Boomerang« deine erste Arbeit im Spielfilm-Genre. Wie kam es dazu?

Man hat mir gesagt, ich soll einen Kurzfilm machen, bevor man mir einen Langfilm finanziert, um zu sehen, ob ich inszenieren kann. Hab‘ ich halt einen gemacht. Ich habe es auch als Übung gesehen. Und ja, was soll ich sagen, ich mag die Geschichte. Ich mag, wenn es von Außen eher undramatisch scheint, aber einen dann doch packt. Ich finde nämlich, die kleinen Geschichten in unserem Leben können einen auch wahnsinnig machen.

Still aus »Boomerang« (2018, 22 min)
Still aus »Boomerang« (2018, 22 min)

Schauspielarbeit mit Teenagern: Wie schwierig ist das? Auch im Vergleich zur Arbeit mit Erwachsenen (und womöglich erfahreneren SchauspielerInnen).

Die Balance zwischen dem Spiel von Laien und professionellen SchauspielerInnen zu halten, war schwierig, aber auch spannend. Da muss ich persönlich auch mehr Arbeit hineinstecken für meine nächsten Projekte. Ich habe Proben mit den Laien gemacht und zusammen haben wir die Szenen in die richtige Richtung geführt. Sie konnten ihre eigenen Worte benutzen, um die Sätze mit ihrer Persönlichkeit zu schmücken.

Mit den professionellen SchauspielerInnen habe ich leider nicht proben können und so war es dann zuerst herausfordernd am Set, das Spiel der beiden Lager auf das selbe Level zu bringen. Sonst liebe ich es, mit Laien und jungen Leuten zu arbeiten. Ich suche mir gerne Menschen aus, die nicht nur in meine Rollen passen, sondern sie auch mit ihrem Charakter reicher machen.

Warum konntest du deinen Hauptdarsteller nicht in Wien finden und musstest in Berlin casten?

Es gibt keine Ausländer-Schauspieler in Österreich über 40. Deutschland ist da irgendwie cooler. Deswegen musste ich dorthin und nach einem suchen. Sonst hätt’ ich meinen Vater gecastet, aber er geht mir grad am Oarsch. Ich finds auch bissi problematisch, dass es in österreichischen Filmen keine gibt, die »normale« Rollen haben. Sie plumpsen da nur aus Flüchtlingsbooten. Aber ich glaub, dass ist die Schuld unserer Filmemacher, die das Wort Diversität missverstehen.

Kurdwin Ayub, geboren im Irak, studierte in Wien Malerei und experimentellen Animationsfilm an der Universität für angewandte Kunst und parallel dazu performative Kunst an der Akademie der bildenden Künste. Ihr erster Langfilm war der Dokumentarfilm "Paradies! Paradies!" (2016) über ihren Vater, wie er in Kurdistan im Irak eine Wohnung kaufen möchte.
Kurdwin Ayub, geboren im Irak, studierte in Wien Malerei und experimentellen Animationsfilm an der Universität für angewandte Kunst und parallel dazu performative Kunst an der Akademie der bildenden Künste. Ihr erster Langfilm war der Dokumentarfilm »Paradies! Paradies!« (2016) über ihren Vater, wie er in Kurdistan im Irak eine Wohnung kaufen möchte. Ein Cinema Next Porträt über Kurdwin findet ihr hier.

Welche ist deine Lieblingsszene in »Boomerang« und warum?

Die Szene, in der der Vater kommt und seinen Kindern sagt, wie toll sie sind. Dabei verdreht die Älteste die Augen. Sie macht das sooo gut. Man spürt sooo gut, wie deppert sie ihn findet. Das kenn‘ ich von mir.

Für die, die jetzt immer noch überzeugt werden wollen: Gib eine Empfehlung ab für deinen Film in drei Worten oder in einem Satz.

Nicht nur meine Hauptdarstellerin ist großartig, originell und lustig, sondern auch der restliche Film. »Boomerang« ist authentisch, ehrlich und nicht bemüht darum cool zu sein und schafft es trotzdem, ur cool zu sein.

Eine Interview-Reihe in Kooperation mit Cinema Next – Junges Kino aus Österreich.

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