Creative Industries Austria: Say Say Say, Inc. im Porträt

Say Say Say, Inc. ist ein Designbüro mit Sitz in Wien und New York und betreut internationale wie nationale Kunden. Wir haben mit den Gründern Jutta Wacht und René Pöll über Inspirationen, den täglichen Arbeitsablauf und Herausforderungen gesprochen.

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© Say Say Say, Inc.

Der Creative Think Tank Say Say Say Inc. wurde 2011 von Jutta Wacht und René Pöll gegründet und agiert seither auf internationaler Ebene in den Bereichen Medien, Kunst, Mode und Architektur. Zu ihren Kunden zählen Camargo Foundation sowie Vogue Hommes International in Frankreich, EIKON–International Magazine for Photography and Media Art in Wien und die Mondi Group. Wir haben mit den beiden über die Herausforderungen und Chancen von räumlich getrennter Arbeit gesprochen.

© Say Say Say Inc | EIKON

Was ist die Geschichte hinter dem Namen Say Say Say, Inc.?

René: Wir haben einfach viel zu sagen sagen sagen. Unser Name war also sehr naheliegend. Er ist nur hierzulande bei manchem Telefongespräch etwas unpraktisch. „Wer spricht do? Zeh Zeh Zeh?”. Dass McCartney und Jackson einen Song nach uns benannt haben ist natürlich schon eine große Ehre (und zeigt, dass Zeitreisen sehr wohl möglich sind/sein werden/waren).

Jutta: Apropos Studio-Namen, ich kann mich noch gut erinnern – vor mehr als 12 Jahren – als ich in Paris lebte und René noch Architekturstudent in Wien war, da haben wir uns einmal feierlich im Pariser Café Etienne Marcel getroffen, umringt von M/M Paris Postern, um unsere Zukunft als Designerduo zu beschließen und dabei die glorreiche Idee gehabt, uns Rocky & Rambo zu nennen. Ich kann mich nicht erinnern, dass wir da jemals einen Kunden hatten, wahrscheinlich wegen dem abschreckenden Namen. Aber wir fanden das cool. Das Faible für eigenartige Namen gibt’s bei uns also schon immer…

Wie kam es zu der Entscheidung, zwei Büros in Wien und New York zu führen? Läuft das immer reibungslos ab?

René & Jutta: Das hat sich ganz natürlich ergeben, weil Jutta schon vor der Gründung von Say Say Say, Inc. in New York gelebt hat und sich einen Live-Work Space mit einer italienischen Architektin teilte, den wir dann später als Studio übernehmen konnten. Vor allem aber mögen wir es, in verschiedenen Welten zuhause zu sein, auch wenn es das etwas komplizierter macht.

Was sind eurer Meinung nach die wichtigsten Eigenschaften, um eine erfolgreiche Design-Agentur zu führen?

René & Jutta: Erfolg hat drei Buchstaben: TUN (J. W. v. Goethe)

Ein Tipp für Designer, die für Unternehmen im Ausland entwerfen und arbeiten wollen? Wie habt ihr damals angefangen?

René & Jutta: Hört nicht auf andere, folgt eurer Intuition.

Jutta: Ich bin 2004 nach Paris übersiedelt, um an der renommierten École Nationale des Arts Décoratifs (ENSAD) unter Pierre Bernard Grafikdesign zu studieren. Meine Französischlehrerin am Kolleg an der Graphischen in Wien hat mir stark davon abgeraten, mich zu bewerben, weil die ENSAD – nur ganz wenige Studenten aufnimmt und schon gar keine Ausländer, die auch noch kaum Französisch sprechen. Aber ich wollte es unbedingt, es war mein Traum. Die Aufnahmeprüfung war die Hölle und die ersten zwei Jahre in Paris waren – auch finanziell – sehr hart, aber es hat mich ungemein weitergebracht und meine Blickwinkel verändert und mir vor allem gezeigt, dass man nie aufgeben soll, wenn man an etwas glaubt. “You always learn and grow from the situations that terrify you the most.”

Wie sieht eure tägliche Routine aus?

René & Jutta: Bei Projekten gibt es eigentlich keine Routine, die gestalterische Arbeit und Herangehensweise verläuft bei uns immer unterschiedlich. Was uns aber bei jedem Projekt wichtig ist: Man muss Dinge zu Ende zu denken. Ein paar Abläufe sind aber immer gleich: Emails schreiben, Produktionsdetails klären, (Skype-)Meetings und sich über die Essensbeschaffung beschweren.

Was macht ihr, wenn ihr nicht arbeitet?

René: Wir treffen Maßnahmen zur Selbsterhaltung.

Jutta: Das klingt nach Creative-Class-Klischee, aber für uns gibt es da keine exakte Trennlinie. Das Schöpferische Tun ist so facettenreich und multidimensional und dieses tiefe Bedürfnis zu kreieren, zu experimentieren, das kann man nicht einfach abstellen, wenn man bei der Bürotür rausmarschiert.

Verbringt ihr eure Freizeit in der Nähe eures Büros? Wo geht ihr am liebsten für Drinks und ein gutes Essen hin?

René & Jutta: In Wien arbeiten wir im Museumsquartier, wo andere ihre Freizeit verbringen und wohnen, wo andere arbeiten: Im Kaiser-Franz-Josef-Werkstätten-Hof. Wir gehen sehr gern ins Filmmuseum, das ist zufällig schon in der Nähe vom MQ Studio. Das Programmheft aus den 90ern zum Ausklappen aus Packpapier mit dem Kupferstich-artigen Walfisch am Cover war genial, das muss jetzt mal gesagt werden.

In New York notgedrungen schon. Stichwort „Live-Work Space“. Was gutes Essen und Drinks in New York betrifft: Das ändert sich ja stündlich. Wir empfehlen dazu Time Out New York im Netz zu lesen. Aber was wir sehr gern machen, ist nach Greenwich Village fahren, um Jazz zu hören. Im Umkreis Höhe Christopher Street gibt es tolle, sehr kleine Jazzclubs, besonders empfehlenswert ist beispielsweise der Club “Smalls” (183 W 10th St), weil dort eine ganz spezielle, sehr intime Atmosphäre herrscht. Die Jam Sessions der jungen lokalen Jazz-Szene ab 24.00 Uhr sollte man sich auf jeden Fall einmal ansehen. Und die Drinks sind vergleichsweise günstig. Essen holen wir uns in den Delis, die es überall gibt. Manchmal auch vom Lobster Place im Chelsea Market, der so wahnsinnig gute Take-Away Salate hat. Sehr viele New Yorker Deli’s verfügen über eine geniale Salatbar und das zu fast jeder Tages- und Nachtzeit. Das fehlt uns in Wien schon manchmal. Wenn man hier bis 19.00 Uhr seine Lebensmittel noch nicht eingekauft hat, wird es schwierig.

Was inspiriert euch?

René & Jutta: Landschaften, Michelangelo Antonioni’s Filme, Bibliotheken, Pop-Kultur, Antiquariate, Jacques Cousteau, das alte Ägypten, Surrealismus und Musik.  „Es fügt sich“, ein autobiographisches Minnelied von Oswald von Wolkenstein, vertont von Andreas Scholl, hat uns sehr inspiriert, weil wir uns mit Wolkensteins Wissbegierde und dessen Neugierde an der Welt stark identifizieren können. Dieses Lied versetzt uns jedes Mal schlagartig in eine ganz andere Zeit und Welt. Als Kontrast dazu danach Siouxie & The Banshees. Inspiration ist bei uns auch oft mit persönlichen Interessen verbunden.

René: Jutta hat sich zum Beispiel vor einiger Zeit mit C. G. Jung’s Konzept der Synchronizität beschäftigt und dabei sind Illustrationen entstanden, die wir als Limited Edition Notizheft Serie dieses Jahr veröffentlicht haben. Im Moment finden wir auch Aldo Rossi und Louis I. Kahn spannend, wegen ihrer Formensprache, de Chirico’s metaphysische Stadtansichten sowie die arabische Sprache und deren Schriftzeichen. Fast unerschöpfliche Inspirations- und Recherchequellen sind zudem Baumärkte, Laborbedarfsgeschäfte, Spielzeugläden und exotische Supermärkte.

Jutta: Außerdem auch noch Städte, weil sie den Mittelpunkt politischer, sozialer und kultureller Strömungen und Umbrüche bilden und sich aus dieser Verdichtung das Neue formt, das Jetzt. Durch die intensive Wahrnehmung dieser Verdichtungen wissen wir, wohin die Reise einer Marke zum Beispiel gehen muss.

© Say Say Say Inc | Observations Publikation

Welche Magazine und Zeitschriften habt ihr abonniert? Welche Blogs und Online Magazine checkt ihr täglich?

René: Wir haben keine Abos mehr, weil wir nicht immer an einem Ort sind. Außerdem ist es für uns sowieso viel schöner, persönlich in einem Magazine Store oder Buchgeschäft zu stöbern. Wir hatten mal ein Wallpaper Abo, aber auch da kaufen wir jetzt lieber die einzelne Printausgabe. Den Wallpaper-Newsletter haben wir aber abonniert und auch den von BOF (Business of Fashion). Und wir bekommen Infos von allen für uns interessanten und relevanten Museen und Galerien. Aber zu viel Information zermürbt, deshalb achten wir auf sparsamen und ausgewählten Informationskonsum.

Jutta: Ich mochte das Picnic Magazine (פִּיקנִיק), ein israelisches image-based Magazin, das auf Englisch und Hebräisch erschien, aber leider eingestellt wurde. Ich habe sowieso ein Faible für seltene Magazine und horte bestimmte Exemplare wie Sammlerstücke. Spannend unter den “kommerziellen” Publikationen finde ich das Pin-Up Magazine, die Joop van Bennekom/Gert Jonkers Publikationen (zum Beispiel Fantastic Man) und das Self Service Magazine vom Kreativduo Suzanne Koller und Ezra Petronio. Leuten mit einer ausgeprägten Leidenschaft für Magazindesign empfehle ich in die La Galcante in Paris zu schauen, eine Librairie spezialisiert auf alte Presse.

René & Jutta: Für die täglichen Infos, was Weltgeschehen und Politik betrifft, mögen wir unterschiedliche Berichte zu einem Thema. Wie wird beispielsweise über Trump in der New York Times, dem Standard oder Al Jazeera berichtet? Das sind auch die einzigen Online “Magazine” die wir konsumieren.

Welche Pläne habt ihr für die Zukunft?

René & Jutta: Manchmal fragen wir uns, wie sich das allesin einem Leben ausgehen soll. Es gibt so viele Ideen und Projekte, die noch umgesetzt werden wollen. Ein mittelfristiges Ziel ist es, das Büro in New York permanent besetzt zu haben. Und außerdem würden wir gerne einmal mit Raf Simons oder dem Rizzoli Verlag zusammenarbeiten. In der nahen Zukunft, genauer gesagt Ende 2017, wird unser Herzensprojekt, das Magazin-Objekt “Blog On Paper”, veröffentlicht. Die erste Ausgabe, The Intimate Issue, wird das persönliche Question Manifesto von Thaddaeus Ropac zeigen.

© Say Say Say, Inc.

René & Jutta: Außerdem haben wir vor zwei Jahren auch noch die Digitale Kultur OG gegründet, die im Digitalen Universum experimentiert und unter anderem sympathische Helferlein für die Creative Industries hervorbringen soll. Momentan arbeiten wir gemeinsam mit einem sehr begabten Programmierer an Ticky, unserem super simplen Zeiterfassungssystem für Kreative, das wir ursprünglich für uns selbst programmiert haben. Interessierte können auf ticky.pro ihre Kontaktdaten hinterlassen und werden informiert sobald es etwas Neues gibt.

Hier geht’s zur Homepage von Say Say Say Inc, außerdem kann man ihnen auf Instagram folgen. Weitere Texte zu Creative Industry Austria findet ihr hier

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