Das Ende der Massenmobilisierung 2.0?

Dank #unibrennt waren die Studentenproteste im vergangenen Herbst ein Social-Media-Erfolg, der seinesgleichen sucht. Im Vergleich dazu floppen Großveranstaltungen, die über Facebook, Twitter und Co. organisiert werden seither. Ist die Zeit der großen Flashmobs und Demonstrationen, die durch Social Media zu Massenereignissen wurden, vorbei? Wir haben Luca Hammer, den Initiator der #unibrennt-Website, dazu befragt.

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Siehst du eine Abnutzung der Großveranstaltungen, die über Facebook, Twitter und Co. organisiert werden?

Das Problem ist, dass mittlerweile unzählige kleine Dinge über Facebook organisiert werden und es aber schwieriger wird, Aufmerksamkeit im Netz zu finden. Plötzlich hat der Nachbar angefangen Facebook-Gruppen gegen die Parkgebühren in der Straße zu gründen. Der Glaube, man könne mit einer Facebookgruppe alles verändern, was einem nicht passt hat zu einer Flut an oft berechtigten, aber gesamt gesehen unwichtigen Gruppen geführt. Es gibt also wahnsinnig viel aber es ist auch sehr schnell unwichtig. Ich glaube, man muss neue Wege finden, weil es reicht nicht auf Facebook eine Fanpage zu erstellen.

Was wäre das?

Das ist immer davon abhängig, worum es geht. Der Live-Stream auf der #unibrennt-Website hat gut funktioniert und mit dem Chat konnte man ausgezeichnet interagieren. Man muss immer versuchen auf die Leute einzugehen – das kann man mit Blogaktionen genauso wie mit einem klassischen Newsletter. Momentan sehe ich keine neuen Online-Tools mit großem Wachstumspotenzial. Social Payment wird eine größere Rolle spielen: Man hat also im Netz Projekte, die die Leute unterstützen können, indem sie eine gewisse Summe spenden. Es gibt dann zum Beispiel die Möglichkeit, dass man sagt: Wir veranstalten eine Großdemo und brauchen 5.000 Euro. Wenn sich genug Menschen bereit erklären, das zu unterstützen, könnte das interessant werden. Das ist aber keine Massenbewegung sondern eine finanzielle Organisationsform.

Du hast davon gesprochen, dass sich Facebook deshalb abnutzt, weil es so viele gibt, die es über diesen Weg versuchen. Inwiefern spielen auch Inhalte bzw. Themen eine Rolle?

Das Thema Bildung war sehr stark aber die Leute wollen sich nicht über einen sehr langen Zeitraum mit nur einem Thema beschäftigen. Der Interessensschwerpunkt liegt auf Ereignissen. Im Moment ist das Interesse an Bildungsthemen eher gering, das wird aber wieder kommen. Es muss ein Schwellwert erreicht werden, das heißt wenn es wieder genug gibt, worüber sich die Leute ärgern bricht es wieder aus. In Deutschland spielt zum Beispiel das Thema Homäopathie im Moment eine große Rolle. Es gibt viele Diskussionen, ob das nun von der Krankenkasse unterstützt werden soll oder nicht. Das Thema Medizin ist überhaupt sehr von Interesse und das wird auch auf Österreich überschwappen.

Wie kann man überhaupt Massen für etwas begeistern? Welche Faktoren spielen dabei eine Rolle?

Ich glaube es ist wichtig, dass von vornherein ein Interesse da ist, oder sich jemand schon mit dem Thema beschäftigt hat. Bei #unibrennt hätten die Studenten nicht in dem Ausmaß mitgemacht, wenn sie nicht von Vornherein unzufrieden gewesen wären. Kernbotschaften wie damals „Bildung statt Ausbildung“ sind dabei wichtig. Man muss die Leute dafür begeistern, indem man zeigt, was alles möglich ist, ihnen Visionen gibt und auf Probleme hinweist.

Zur Person:

Luca Hammer, 21, bloggt, twittert, hält Vorträge über die Medienzukunft und studiert Publizistik- und Kommunikationswissenschaften an der Uni Wien. Er entwickelte die #unibrennt-Website und vor allem den Live-Stream im Rahmen der Studentenproteste im vergangenen Herbst.

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