Jessica Hausner zählt seit Jahren zu den erfolgreichsten österreichischen Regisseurinnen und eröffnet heuer mit »Amour Fou« die Viennale. Mit The Gap sprach sie darüber, warum es so schwierig ist, in Österreich österreichisches Kino zu etablieren und warum Frauen im Filmgeschäft noch immer schwer Unterstützung finden.
Wenn ich an deine letzten Filme denke, waren immer Frauen die Hauptfiguren. Warum ist das bei »Amour Fou« nun anders?
Ich habe Frauenfiguren bis jetzt deshalb erzählt, weil das meine Erfahrungswelt ist. Und ich halte das nicht für völlig austauschbar. Der Blick und die Erlebnisse einer Frau sind andere als die eines Mannes. Außerdem war ich immer unzufrieden mit den Frauenfiguren in Filmen. Mir fehlte das, womit ich als Frau mich hätte identifizieren können. In meinen ersten Filmen bis hin zu »Lourdes« waren die Männer eher Nebenfiguren.
Und jetzt ist die männliche Figur wichtiger geworden. In »Amour Fou« sind beide Figuren gleichberechtigt. Interessant finde ich, dass in meinem nächsten Film auch wieder eine Frau die Hauptfigur ist, aber zumindest eine männliche Figur wichtiger sein wird. Es ist auch für die Entwicklung eines Dramas interessanter, wenn es ein Gegenüber gibt.
Auch Barbara Albert fokussiert sich stark auf Frauenfiguren. Habt ihr da Gemeinsamkeiten?
Ich habe mit Barbara zusammen 1999 eine Produktionsfirma gegründet (Coop99, Anm.). Davor haben wir gemeinsam in der Filmakademie studiert. Es gab damals im »Falter« einen Artikel über Barbara, mich, Miriam Unger und Ruth Mader. Das war so eine Zeit, wo wir alle Kurzfilme gemacht haben, die recht erfolgreich auf Festivals waren. In diesem Artikel ging es darum, dass es so ungewöhnlich ist, dass in Österreich junge Frauen Filme machen, das »Fräuleinwunder« sozusagen.
Wir haben unsere Filme auch wirklich auf Festivals geschickt und hatten von Anfang an dieses Bedürfnis, dass die Filme international funktionieren. Unsere Vorbilder waren eben auch französische oder amerikanische oder internationale Regisseure. Das war etwas, das uns miteinander verbunden hat.
Hast du das Gefühl, dass sich die Frauenbewegung im Film heute schon ein bisschen verändert hat?
Das glaube ich schon. Was aber immer noch erstaunlich an diesen Statistiken ist, dass inzwischen fast gleich viele Frauen wie Männer anfangen, an den Universitäten Film zu studieren, dass aber im Beruf weitaus mehr Männer Regisseure sind als Frauen. Und falls doch sie geringere Budgets haben als Männer. Ich finde es schwierig, da jemanden zu verurteilen. Ich bin auch eine Frau und niemand wirft mir irgendwelche Klötze in den Weg.
Hat es eine Bedeutung für dich, mit »Amour Fou« die Viennale zu eröffnen, obwohl du vorhin meintest, dass der Anspruch Filme zu machen ein internationaler und kein rein österreichischer war?
Die Viennale ist für mich immer ein Festival gewesen, das ich total geliebt habe, weil sie einen irrsinnig guten Überblick darüber verschafft, was im vergangenen Jahr an Filmen gemacht wurde. Ja, meine Filme sollten international sein, aber dass ich hier wahrgenommen werden will, spielt natürlich schon eine Rolle.
Ich muss sagen, zwischendurch hatte ich ein bisschen aufgegeben, weil ich das Gefühl hatte, dass sich das österreichische Publikum nicht für österreichische Filme interessiert. Aber umso wichtiger ist es dann, dass ein österreichischer Film die Viennale eröffnet, weil es um Aufmerksamkeit geht. Wenn Hans Hurch findet, dass der Film es wert ist, die Viennale zu eröffnen, dann werden wahrscheinlich auch andere denken: Naja, vielleicht schaue ich mir den dann an.
»Amour Fou« eröffnet am Donnerstag, 24. Oktober, die Viennale. Der Film läuft ab 6. November in den heimischen Kino.
Eine unvollständige Liste und Einführung in wichtige Filmemacherinnen in Österreich gibt es hier.