Wiener Clubs im Interview: Das Werk

Die Wiener Clublandschaft floriert. Wiener Clubs genießen mittlerweile einen guten internationalen Ruf bei Acts, Bookern und – vor allem – dem Publikum. The Gap sieht genauer hin und trifft einige Clubmacher zum Interview. Heute: Stefan Stürzer von Das Werk.

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Von Studentenparties über Modeschauen, von Theaterstücken über Lesungen, von Atelliers bis hin zu hippen Ausstellungen. Das Werk bietet seit zwei Jahren ein multikulturelles Allerlei und im Keller des Gebäudes auf der Neulerchenfelderstraße im 16. Wiener Gemeindebezirk befindet sich das Erdwerk, wo einst der Susi Klub seine Residenz hatte, Hipster neben Tekknopunk Schweiß überströmt Bier trinken und der Wuzzler im Eingangsbereich mehr Sinn macht als eine schnöde Garderobe. The Gap hat den Kopf hinter diesem Mammutprojekt, Stefan Stürzer aka Stizz zum Interview gebeten um mehr über die Visionen des Clubbetreibes zu erfahren.

Wonach habt ihr in Wien gesucht und wie habt ihr die Location gefunden?

Im Wesentlichen haben wir in Wien eine Basis für Kunst in Verbindung mit dem Nachtleben gesucht, die wir nach unseren Vorstellungen gestaltet haben. Dabei war die Herausforderung für uns:

Genügend Platz für Ateliers: Zur Zeit beherbergen wir 22 Ateliers im Werk – in denen cirka 70 Künstlerinnen und Künstler aus 16 verschiedenen Nationen arbeiten. Es werden weitere Ateliers hinzukommen – wir sind immer am wachsen und gedeihen. Wenn es so wird wie wir es uns vorstellen, sollte das Werk bis Sommer 2012 an die 30 Arbeitsplätze beherbergen.

Einen Kunstraum – die Werkerei: Ein Raum der für Theater, Vernissagen, Lesungen, Filmabende, Workshops u.ä. angemietet werden kann. Und auch für hauseigene Veranstaltungen. Oder einfach nur zum gemütlich Kaffe oder Bier trinken.

Und einen Club (das Erdwerk): Also nicht gerade bescheiden. Für uns ist gerade die Mischung, die Abwechslung und das Vielfältige interessant. Und dass in diesen Kombinationen wieder ganz neue Möglichkeiten entstehen. Gefunden haben wir das Werk letztendlich im Herbst 2009 – in einem Hinterhof auf der Neulerchenfelderstraße 6-8 in 1160 Wien – nachdem wir uns schon etliche Häuser angesehen haben. Schwer renovierungsbedürftig aber mit Einsatz machbar.

Was waren die großen Baumassnahmen um den Clubbetrieb zu ermöglichen?

Die großen Baumaßnahmen begannen im Dezember 2009 und umfassten fast das gesamte Haus. Es war weder Wasser, Strom, Heizung, Toiletten, noch eine Lüftung vorhanden. Außer Schimmel und ein löchriges Dach war sozusagen gar nichts geboten. Nur wirklich viel Fläche.

Wir begannen Anfangs mit allerhand Durchbrüchen für die Notausgänge. Weiters widmeten wir uns dem Abklopfen des Verputzes, der die Hausmauer, welche aus Natursteinen besteht über Jahrzehnte im gesamten Gebäude einschloss und somit zur Schimmelbildung beitrug. Wir verlegten neue Stromleitungen, Wasserleitungen und installierten eine Heizung für 1500m² Nutzfläche. Zogen Rigipswände hoch, die die Ateliers unterteilen. Legten in der Werkerei einen Holzboden, bauten eine Bühne und schweißten eine Bar. Wir flickten das Dach und bemühten uns die Lüftungsanlage soweit wie nur möglich selbst anzuschließen um Kosten zu sparen. Es wurde noch gefliest, Toiletten installiert, fleißig ausgemalt, Fenster ausgetauscht und alles nach gesetzlichen Bestimmungen in Brandabschnitte unterteilt. Eine Brandrauchentlüftung angeschlossen, die vorgeschriebenen Notlichter und Notlichtbalken aufgehängt, ein 15 Meter langer und drei Meter hoher Durchgang der nachts als Eingang dient wurde in nur drei Tagen samt Fundament und Dachkonstruktion aufgeziegelt. Geländer geschweißt, Treppen gestemmt und erneuert, eine zweite Bar im Clubbereich aufgestellt. Und dennoch haben wir noch immer keine Garderobe, die aber schon in Planung ist.

Ihr musstet vor einiger Zeit aus behördlichen Gründen fast schließen, durftet eine Zeit lang keinen Alkohol selbst ausschenken. Was waren die Gründe dafür?

Es ist damals alles über den Kulturverein Werk gelaufen. Im Dezember 2010 gesellte sich das Gewerbeamt zu uns und unser Projekt wurde von einem auf den anderen Tag geschlossen. Bevor wir damals überhaupt mit dem Umbau angefangen haben, holten wir uns alle Infos vom MA36 (Magistrat für Veranstaltungen). Wir adaptierten die Location nach deren Vorschriften und bekamen von ihnen das OK. Keiner von uns wusste zu der Zeit auch nur ansatzweise, dass noch gefühlte 15 Magistrate folgen werden und jedes seine eigenen Vorstellungen vom Werk hat.


Von Magistrat zu Magistrat waren die vorgeschriebenen Maßnahmen manchmal komplett gegensätzlich, was uns sehr viel Zeit und Geld kostete. Das ganze ging 6 Monate lang mit unzähligen Verhandlungen und Projektänderungen. Wie du schon angesprochen hast, durften wir auch keine Kunstveranstaltungen mehr abhalten, um die laufenden Kosten zumindest über die Bareinnahmen so gut wie möglich abzudecken. Wir hatten ja weiterhin die Miete für das Haus zu bezahlen und auch große Investitionen getätigt die ebenfalls getilgt werden sollten. Wir sind wirklich ganz knapp am Aus vorbei geschrammt.

Wie sieht es mit der Anlage aus? Wirklich laut ist es ja nicht.

Die Anlage (EV, RCF, Yamaha) ist an sich mehr als ausreichend für das gesamte Erdwerk. Leider wurde uns im Zuge der Verhandlungen eine sehr bemitleidenswerte Plombierung verpasst. Obwohl wir derzeit bestimmt nicht den lautesten Sound Wiens bieten, haben wir zahlreiche Anfragen von Veranstaltern. Wir bespielen im Monat das Erdwerk an die 12 bis 15 Mal, was wiederum auf das schöne Ambiente (wenn man es ein wenig abgefuckter haben will), den fairen Getränke – und Eintrittspreisen, sowie dem nicht allzu lauten, aber dennoch immer klaren Sound zurückzuführen ist. Dennoch wollen wir auch eine Verbesserung der derzeitigen Lautstärkensituation und haben dazu gerade bessere Schallschutztüren bestellt, die Anfang März eingebaut werden. Außerdem werden wir in diesem Frühjahr dem gesamten Club, mit der Unterstützung des Design- und Visualistenkollektives Lampenschirm, ein neues Gesicht verleihen. Das wird eine höhere Lautstärke am neuen Dancefloor zur Folge haben (auf ca. 95dbA).

Wer veranstaltet nun bei euch? Kommt der Susi Klub wieder zurück? Habt ihr auch Eigenveranstaltungen wie zum Beispiel die Prastersauna ihre Aufguss-Events.

Wir vermieten unsere Räumlichkeiten an Veranstalter aller Genres. Zum einen wird im Erdwerk zu verschiedenster Musik wie Techno, Reggae, Rock und Pop gefeiert. Andererseits wird es in Zukunft auch sicher wieder live Konzerte geben.

Im Off-Theater Bereich sind wir bereits eine sehr namhafte Location und fast jeden Dienstag findet in der Werkerei eine Lesung statt. Das Werk bietet mit seinen leistbaren Konditionen Nährboden für alternative Projekte aller Art um diese zu realisieren.

Die Susis sind gute Freunde des Hauses und haben sich seit der Entstehung sehr engagiert. Hand in Hand wurde somit das Werk in unfassbar kurzer Zeit zu einem Hotspot und auch der Susi Klub hatte zuvor noch nie so viele Besucher – ganz unsere Mentalität Win-Win. Natürlich würden wir den Susi Klub gerne wieder im Werk sehen, aber mit diesem Ansturm an Besuchern werden wir hier derzeit nicht fertig. Aber sag niemals nie!

Seit Jänner 2012 haben wir im Erdwerk zwei Eigenveranstaltungen mit den Titeln „TeKkTOnIC“ und „What A MessUp !“ ins Programm aufgenommen. Ein bis zwei weitere, regelmäßig stattfindende Eigenveranstaltungen sind im Laufe des Jahres noch geplant.

Ist die Nähe zum Gürtel eher positiv oder negativ für euer Klientel?

Wir empfinden die Nähe zum Gürtel sehr positiv. Zum einen sind wir sehr zentral und über die U6 die ganze Nacht erreichbar. Der oder die eine oder andere verirrt sich auch schon allein durch die hohe Besucherfrequenz am Gürtel zu uns. Um das Werk herum sind etliche Bars und Clubs die für uns bereichernd und nicht konkurrierend wirken. Bereichernd im Sinne von einem sehr guten Verhältnis der jeweiligen Clubs und BarbesitzerInnen. Man hilft sich einfach gegenseitig aus. Dadurch hat sich das Viertel zwischen Gürtel und Brunnenmarkt in den letzten Jahren auch so richtig zu einem Künstlerinnen- und Künstler-, Veranstaltungs- und Partygrätzl entwickelt. Die Nähe zwischen den einzelnen Locations spürt man z.B. bei Veranstaltungen wie der „Gürtelaffaire“ die sich in Wien in nur 2 Jahren einen großen Namen machen konnte.


Wie groß ist euer Team eigentlich?

Riesig mein Guter. Riesig! Das Team teilt sich in vier verschiedene Spaten auf. In der Ersten finden wir cirka 15 Personen die ehrenamtlich als Vereinsmitglieder helfen.

Schon 30 Personen sind im Werk teils Vollzeit, Teilzeit oder geringfügig angestellt.

Cirka 70 Künstlerinnen und Künstler arbeiten im Haus. Sie bringen sich ein und sind ebenso ein wesentlicher Teil des Kunstprojekts Werk. Die Anzahl der so wichtigen Veranstalter kann man nicht genau schätzen, aber um die 25 Leute dürfen sich bestimmt dazu zählen. Sie bringen mit ihren Parties und Veranstaltungen leben in die Bude. Also eine Symbiose aus vielen Leuten macht das ganze Real.

Wo seht ihr eure Stärken, wo eure Schwächen? Was wollt ihr in den nächsten Jahren erreichen, was verändern?

Fangen wir gleich mal mit den Schwächen an: Wir sind größenwahnsinnig und Geld fehlt an allen Ecken und Enden. Wir haben auch die Getränkepreise im Jahr 2012 leicht anheben müssen – werden uns für Wiener Clubverhältnisse aber immer im untersten Segment bewegen! Uns fehlt noch wichtiges Equipment. Wir verdienen wenig oder fast kein Geld, können aber nicht ohne Werk. Somit sind wir zur Verdammnis gezwungene Idealisten.

Unsere Stärke ist schnell erklärt: Wir können viel ertragen, weil wir Idealisten sind.

In den nächsten Jahren wäre es schön, wenn wir die Möglichkeit hätten den gesamten Gebäudekomplex zu übernehmen und in ein einziges Kunst- und Partyparadoxon zu verwandeln. Ja, das wäre was für uns!

Sichtbar verändern wird sich über den Lauf der Zeit auch sicherlich der Hof. Sobald es wieder wärmer wird, werden wir die Hof Begrünung und Belebung angehen. Wenn alles gut passt, steht einem kleinen Gastgarten für die Sommerabende, bis auf die üblichen Behördengänge, nichts mehr im Weg.

Habt ihr eine Club-Philosophie die ihr verfolgt?

Klar! Wir sind für jeden Menschen öffentlich zugänglich egal welcher Herkunft, sexuellen Orientierung, Religion und finanziellen Möglichkeiten. Außerdem versteht sich das Werk als partizipatives Projekt bei dem Jede und Jeder angehalten ist sich selbst und neue Ideen einzubringen. Auch legen wir Wert auf eine angenehme und umgängliche Türpolitik – wie man z.B. auch daran erkennt, dass mitgebrachte offene Getränke von unseren Securities in Becher umgeleert werden. Für die Zukunft ist uns wichtig, dass wir unseren Underdog-Status beibehalten und nicht als rein kommerzielles Ding enden. So wie das in Wien und anderswo oft der Fall ist.

Zwei persönliche Highlights seit eurer Eröffnung?

Also absolutes „Number 1 Highlight“ ist, dass es uns noch immer gibt.

Wir glauben auch, dass sich das Werk nicht in einzelne Highlights unterteilen lässt, für uns ist es als Gesamtes ein einziges Highlight.

www.daswerk.org

www.facebook.com/kunstundkulturzentrumwerk

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Wiener Clubkultur: https://thegap.atwienerclubkultur

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