Otis Taylor liess Echos einer süßen Depression durch den Luftraum des Wiener WUKs treiben. Das Publikum wurde eingefangen von Blues, wie vom anderen Ende der Welt, zerstört und majestätisch.
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Echos einer längst vergangenen Zeit: Otis Taylor, der in den Blues-Traditionen des Mississippi-Deltas wühlt, transferierte anlässlich seines Wien-Besuchs im WUK die alten Legenden der westlicheren Südstaaten, die schon Son House und Memphis Slim ins Mikro rauchten, mit modernen Mitteln in die Neuzeit. Immerwährende Blues-Instinkte vom Plantagen-Leben, unglücklichen Liebschaften, locker sitzenden Schrotflinten und dem Gefängnis-Alltag werden mit Elektro-Banjos, aus denen Taylor Töne hervorholt, die an eine Stratocaster mit Zerreffekt erinnern, vom ehemaligen Antiquitäten-Händler mit dem glücklichen Lächeln ins WUK gezimmert, als hätte sich die Musik-Industrie aus Taylors Heimatstadt Chicago mit den Südstaaten-Vorzeiten-Legenden fortgepflanzt.
Das raue und intensive Bottleneck, die moderne Ukulele, die an einem Verstärker hängende Zitter, die whiskyschwangere Schwerarbeiter-Stimme: back to the roots ist bei Otis Taylor & Band von der Floskel zum Mythos mit einer neuen Existenz geworden. Und wenn Otis die aus Schulkindern und ihren Professoren, Hot Rod-Fahrern und Anwaltssekretärinnen bestehende Menge ganz knapp vor die Bühne bittet und selbst die Blues-Polonaise nur wenig peinlich ist, dann kann man dem WUK sogar verzeihen, dass sie den großen Saal mit Sitzreihen ausgestattet hat.