DiePensionistin, die kürzlich ein Kreuzworträtsel-Kunstwerk ausgefüllt hat, geht nun mit anwaltlicher Verstärkung vor Gericht. Der Künstler Arthur Køpcke habe bewusst eine interaktive Kunst-Betrachtung fördern wollen. Wer sich sonst noch dazu verpflichtet sah, sich an Kunstwerken zu bedienen, seht ihr hier.
Arthur Køpcke Reading/Work-Piece (© VG Bild-Kunst/ Neues Museum Annette Kradisch)
Der neueste Fall: Eine Rentnerin füllte im Nürnberger Neuen Museum ein Kreuzworträtsel aus, das Teil des Bildes ”Reading/Work-Piece“ des deutschen Künstlers Arthur Køpcke ist. Das Museum hat Strafanzeige erstattet, doch die Angeklagte begründet ihre Tat mit künstlerischer Freiheit.
Tracy Emin My Bed (© Tate)
Die Installation ”My Bed“ von Tracy Emin inspirierte die chinesischen Performance-Künstler Yuan Cai und Jian Jun Xi zu einer geplanten Aktion mit dem Kunstwerk. Während der Ausstellung in der Tate Gallery in London im Jahre 1999 stürzten sich beide auf das Bett und inszenierten eine Kissenschlacht. Sie wurden daraufhin festgenommen, jedoch ohne Strafe wieder freigelassen.
Joseph Beuys Badewanne (© Lenbachhaus)
Besonders skurril ist der versehentliche Gebrauch der Badewanne von Joseph Beuys. Die Säuglingswanne – mit Heftpflastern, Mullbinden, Kupferdraht und Fett bearbeitet – wurde 1973 für eine Ausstellung nach Leverkusen gebracht. Der ansässige SPD-Ortsverein feierte vor der Eröffnung dieser Ausstellung im Museum ein Fest. Unwissend, dass es sich dabei um Kunst handelt, nutzten zwei Mitglieder der Partei das Kunstwerk zum Spülen benutzter Gläser. Als Leihnehmer musste die Stadt Wuppertal mit knapp 100.000 DM Schadensersatz bürgen.
Piet Mondrian Composition in White Black and Red (© Corinna Nicole/Owlcation)
Ganz bewusst hingegen nutzte der Kanadier Jubal Brown eigene Mittel zur Kunstkritik. 1996 übergab sich der damalige Kunst-Student auf Piet Mondrians ”Composition in White, Black and Red“, nachdem er blaue Lebensmittel gegessen hatte, um die gewünschte Farbgebung zu erreichen. Zuvor hatte er sich bereits auf dem Gemälde ”Port du Havre“ von Raoul Dufy übergeben – in roter Farbe. Hinter Browns Aktionen stecke angeblich die Kritik am Museums-Szenario als solches und auch an den beiden von ihm bearbeiteten Werken.
Brett Murray The Spear (© Wikimedia Commons)
Die Verunstaltung des Gemäldes ”The Spear“ des südafrikanischen Künstlers Brett Murray hatte politische Gründe. Das Bild kritisierte Präsident Jacob Zuma, indem es ihn in Lenin-Pose und mit entblößten Genitalien zeigt. Zwei Männer zerstörten das Kunstwerk mit roter und schwarzer Farbe, um die Kontroverse und die Respektlosigkeit des Bildes zu beenden.
Pablo Picasso Femme au fauteuil rouge (© Youtube)
2012 sprayte ein mexikanisch-amerikanischer Künstler das Abbild eines Stierkampfs auf Pablo Picassos ”Femme au fauteuil rouge“. Mittels einer Schablone dauerte der Akt nur wenige Sekunden. Unter dem Stierkampf war das spanische Wort ”conquista“ zu sehen.
Jesus-Fresko in Borja (© Centro de Estudios Borjanos dpa)
Gut gemeint und weltberühmt: Der Restaurierungsversuch am Jesus-Fresko im spanischen Borja sind wohl jedem bekannt. Sogar ein eigener Meme entstand aus den Mal-Künsten der Rentnerin Cecilia Giménez, die es doch eigentlich so gut meinte. Das Fresko wurde zum Pilgerort für tausende Touristen, sogar eine Petition gegen eine professionelle Restauration wurde gestartet. Giménez forderte eine Gewinnbeteiligung an „ihrem“ Werk.
Eine Rentnerin fühlte sich beim Besuch des Neuen Museums Nürnberg dazu inspiriert, das Werk ”Reading/Work-Piece“ des Künstlers Arthur Køpcke zu vervollständigen. Ein Teil dieses Bildes zeigt ein Kreuzworträtsel, das die 90-Jährige mit einem Kugelschreiber ausfüllte. Jetzt laufen gegen sie staatsanwaltschaftliche Ermittlungen, denen sie sich mit Hilfe von Køpckes Kunstbegriff stellen will.
Teil der Kunst oder Verunstaltung?
Denn der Künstler war Teil der Bewegung Fluxus, die ihre Kunst als schöpferische Idee und nicht nur als das Werk als solches begreift. Der Anwalt der Angeklagten will nun mithilfe dieses Kunstverständnisses darauf plädieren, dass durch das Ausfüllen des Kreuzworträtsels nur im Sinne des Künstlers gehandelt wurde. Arthur Køpcke selbst kann zu dem Vorfall nichts mehr sagen – er ist bereits 1977 verstorben.
Ob die 90-Jährige mit ihrer Aktion am Werk letztendlich selbst künstlerisch tätig war oder wegen Kunstbeschädigung angeklagt wird, wird sich noch zeigen. Sie ist jedenfalls nicht die Einzige, die an Kunstwerken zu schaffen macht, wie unsere Gallerie zeigt.
Wie man Kunstwerke behutsam behandelt, wie professionelle Restauration funktioniert, und welcher Aufwand hinter all dem steckt, zeigt eine Doku über das KHM in Wien, über die wir hier etwas geschrieben haben.