Die glorreiche 7″

Totgesagte leben länger und Vinyl erlebt überhaupt eine kleine Renaissance. Dass sich das neue Label „Schall & Rauch Platten“ ausschließlich auf 7″-Platten (genau, das ist die Single, auf die höchstens zwei Songs pro Seite draufpassen) spezialisiert, ist dennoch selten.

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Ende 2011 gründete der Vinyl-Liebhaber Klaus das in Wien beheimatete Label, das er heute mit seinem Partner Alessandro betreibt. Klaus entdeckte als Teenager beim Skaten seine Liebe zum Punkrock. Eine eigene Punkrock-Band, unzählige Konzertbesuche, eine Sammlung von Tonträgern (früher CDs, heute Vinyl) und der Schritt zum eigenen Label mit dem Schwerpunkt Punk zeugen von dieser Liebe. Wir trafen Klaus, der abseits seiner Labeltätigkeit Softwareentwickler ist, zum Interview:

Alle Welt spricht von der Krise, ihr gründet ein Unternehmen. Ist Unternehmertum in Zeiten der Krise nicht riskant?

Es ist insofern nicht riskant, weil das Label nicht auf Umsatz beziehungsweise Gewinn ausgelegt ist. Es ist ein reines Hobby, das ich da betreibe. Ohne den Hintergedanken, damit Geld zu verdienen, sondern um einfach Spaß damit zu haben.

Alle Welt spricht vom Niedergang der Musikindustrie, ihr gründet ein Label. Ist das nicht kontraproduktiv?

(lacht) Das mag schon sein, aber das ist eh schon auch mit der ersten Frage beantwortet. Das ist einfach meine Liebe zu Schallplatten und Vinyl und diese Liebe möchte ich gerne mit anderen teilen und Musik auf Vinyl verfügbar machen.

Die Welt spricht von der zunehmenden Digitalisierung der Musikindustrie, ihr setzt auf Vinyl. Ist das nicht ein Widerspruch?

Gerade eben deswegen setzen wir auf Vinyl! Ich find’ MP3s auch wahnsinnig praktisch für unterwegs, aber ich möchte mich nicht am Abend auf die Couch setzen und den Computer einschalten! Ich will eine Platte auspacken, das Cover anschauen und die Scheibe auflegen.

Wie bist du denn auf die Idee gekommen, ein Label zu gründen?

Der Gedanke ist mir schon lange Zeit im Hinterkopf herumgeschwirrt. Weil ich selber gerne Platten kaufe, habe ich mir gedacht, es gibt coole Bands, die ich kenne, von denen es aber keine Platten gibt. Für diese Bands würde ich gerne welche veröffentlichen. Ich geb’ damit der Szene aktiv was zurück, was ich jahrelang nur konsumiert habe.

Der erste Release wird zwei Punkbands bringen. Ist das schon der stilistische Wegweiser in die Zukunft?

Es ist sicher ein Wegweiser, weil wir einfach Sachen machen wollen, die uns gefallen und Bands veröffentlichen, die unseren Musikgeschmack treffen. Und weil das hauptsächlich Punk und Indie ist, wird das der Rahmen sein. Wobei Punk vermutlich überwiegen wird. Aber wenn es gefällt, geht auch anderes. Ich möchte aber nur Bands machen, die mir persönlich taugen.

Wie kommt ihr zu den Bands oder die Bands zu euch?

Nachdem wir gerne auf Konzerte gehen und in der Szene beheimatet sind, kennen wir haufenweise Bands und gehen auf diese zu. Es ist aber ein jeder eingeladen sich bei uns zu melden und einfach zu fragen, ob man mitmachen kann. Schickt Lieder und Links!

Nehmt ihr nur Österreicherinnen und Österreicher?

Das weiß ich jetzt gar noch nicht so genau. Jetzt mal ist es einfacher und billiger, Anreise- und Nächtigungskosten fallen weg. Aber prinzipiell könnte man schon mischen. Eine österreichische Band sollte aber immer dabei sein…

Jetzt macht ihr aber nicht Alben, sondern Singles. Gibt’s da einen Markt dafür?

Einen Nischenmarkt auf jeden Fall. Grad in der Szene wird ja doch einiges auf Vinyl veröffentlicht und ein kleiner, überschaubarer Markt ist da. Ich kauf’ selbst immer wieder auf Konzerten auch Singles. Für unseren Club sind nur Singles drinnen, LPs wären nicht finanzierbar, die kannst du einfach nicht verschenken. Die Single soll ja auch nur ein kleiner Anreiz für’s Publikum sein.

Sind wir mit zwei Stücken nicht in einem Bereich, in dem man im Netz immer fündig wird?

Natürlich. Es ist ja aber auch nicht als Alternative zu digitaler Musik zu sehen, sondern als Zugabe für Vinyl-Fans. Die Lieder werden sowieso auch gratis zum Download zur Verfügung gestellt. Die Vinyl-Fans werden die Platte trotzdem kaufen, die Download-Fraktion hätte sie ohnehin nicht gekauft…Kaufanreiz ist der Mehrwert des Vinyls…

Sind Plattenspieler bei den Punks so verbreitet?

Ja…offensichtlich. Im Punk- und im Indie-Bereich, eigentlich in der gesamten Underground-Szene, ist Vinyl durchaus ein Thema. Das sieht man auch an den diversen Wiener Labels, die veröffentlichen auch alle auf Vinyl. Wo die Liebe zur Musik da ist, ist auch die Liebe zum physikalischen Tonträger Vinyl da.


Euer Label geht Hand in Hand mit der Veranstaltungsreihe „Der glorreiche 7" Klub“. Jeder Release wird mit zwei Präsentationen begleitet…

Genau, in Graz im Musichouse und Wien in der Arena. Aber Orte und Locations können auch wechseln. Wir streben einen zwei bis drei Monatsrhythmus an, mit Sommerpause

Das heißt, Eisenstadt und Bregenz kommen genau so in Frage?

Ähhh…..das sind jetzt vielleicht nicht meine ersten Alternativen…aber jetzt mach’ ma mal die ersten Veranstaltungen und dann schau ma’ weiter.

Die 7" gibt es gratis zur Konzerteintrittskarte dazu, die dafür mit 7€ eine Spur mehr kostet als in der Szene sonst üblich. Wird das Konzept in Hinblick auf Besucherzahlen aufgehen?

Ich hoffe…Ich denke schon. Die 7€ sind die Obergrenze, teurer wollte ich es auf keinen Fall machen. In Graz gibt es sogar einen Vorverkauf, da kostet’s nur 5€. Es spielen immer drei Bands, ein Special Guest eröffnet den Abend. Drei Bands für 7€, ich find’ das jetzt nicht sonderlich übertrieben… Ich seh’ das auch so, dass der Besucher die Platte zum Eintrittspreis für das Konzert geschenkt bekommt und nicht, dass er mit dem Eintrittsgeld auch die Platte kauft.

Können wir einen Blick auf die finanzielle Komponente werfen?

Na ja, das ist natürlich alles privat vorfinanziert. Wir können das auch nur deswegen machen, weil die Bands auf den größten Teil ihrer Gage verzichten. Die Belohnung für die Bands ist der Release. Der Eintritt fließt statt an die Bands in die Plattenproduktion. Dafür werden die Platten, die nach dem Konzert übrig bleiben, untereinander aufgeteilt. Die beiden Bands kriegen die Platte zu Herstellkosten, einen Teil behalten wir als Label und verkaufen online und in diversen Plattenläden. Wir haben einen finanziellen Sponsor, das ist der Freedom, ein Skate-Shop in Graz, der uns ein wenig Taschengeld beisteuert. Viele andere unterstützen uns mit Werbung. Es ist ein Hobby. Wenn es sich nicht ausgeht, müssen wir halt privat einzahlen, das wäre aber auch nicht so schlimm…ein Hobby kostet einfach Geld.

Gibt’s besondere Zielsetzungen, die du mit deinem Hobby verfolgst?

Pffff….ich hoffe, dass ich das Hobby noch lange Zeit aufrecht erhalten kann, dass sich der Club etabliert, dass wir noch mehrere Veranstaltungen dieser Art durchführen können und auch Leute auftauchen. Ein weiteres Ziel ist es, das Label auszubauen und auch Vinyl-Alben zu veröffentlichen.

Pro Release werden 500 Stück gepresst, die ersten 100 in Farbe. Abseits der Konzerte kann man die übrig gebliebenen Scheiben bei den Bands, beim Label und in ausgesuchten Plattenläden in Wien und Graz kaufen. Der erste Release bringt die beiden HC/Punk-Bands Astpai und Ants. Astpai stammen aus dem Neustadtpunk-Umfeld und legen viel Wert auf DIY. Die Band hat mehrere Alben und Spilt-Releases auf kleinen Labels veröffentlicht – das dafür aber europaweit und auch in U.S.-Amerika – und Touren durch Europa, U.S. und Canada absolviert. Des Sängers rotzige Stimme verleiht der Band zudem einen hohen Wiedererkennungswert.

Die drei jungen Punker von Ants gibt es erst seit 2011, sie stammen aus Graz, verfolgen den gleichen DIY-Ansatz und äußern sich gerne politisch und sozialkritisch.

Los geht es am 31. Jänner 2012 in der Arena Wien und 1. Februar im Musichouse Graz.

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