Musik existiert auch abseits von Spotify und iTunes, nämlich auf der Straße. Die Wiener Band Cobario spielt dort seit acht Jahren. Vom Reiz und Risiko, wildfremden Menschen ins Gesicht zu spielen.
Cobario, das sind zwei Gitarren und eine Geige, oder die kleine Gitarre, wie die Band sie liebevoll nennt. Das Trio ist ein rein instrumentales Akustik-Projekt. Ein Drei-Mann-Unternehmen – Booking, Management, Tourplanung, Pressearbeit, Social Media, Website, alles machen sie selbst. Die Aufgaben werden untereinander je nach Fähigkeiten aufgeteilt.
"In den Anfangsjahren reisten wir einfach von Stadt zu Stadt, quer durch Europa und haben in den schönsten Städten gespielt und uns einfach die Plätze ausgesucht. Wir haben solange gespielt, bis die Polizei oder das Ordnungsamt kam", meint die Band im Interview. Aus Jam-Sessions wurden Straßen-Gigs, später Auftritte bei Busker-Festivals, jetzt stehen Jakob Lackner, Herwig Schaffner und Georg Aichberger mit einem Fuß in den großen Konzerthäusern Europas.
Anfangs bewohnte man auf Tour teilweise modrige Wohnwägen und heruntergekommene Hotelzimmer. Motorschäden mitten in der Pampa, mit 60 km/h auf der Autobahn, weil die Einspritzpumpe nicht richtig funktioniert, hunderte Stunden in Autos verbracht – alles Part of the Game. Cobario machen Musik von der Straße. Statt Goldketten tragen sie Anzüge und auch ein Hut darf irgendwie nicht fehlen. Was sie erleben, erleben viele andere Musiker ebenso, meist vollkommen abseits der Medien. Dabei ist der Verdienst manchmal sogar deutlich besser als der einer durchschnittlichen Indie-Band.
Wenn man als Band monatelang jeden Tag zusammen ist, zusammen schläft, zusammen isst und zusammen arbeitet, meistens auf engstem Raum, sind Probleme allerdings vorprogrammiert. Unangenehme Zuseher, Betrunkene, Halbstarke, Querulanten, Neider auf der Straße – man kann alles haben, aber auch alles bekommen. Genau das macht wahrscheinlich auch den Reiz aus.
Das Geld liegt auf der Straße
Moondog, Rod Stewart, Dub FX – sie alle taten es und das nicht ohne Grund. Nirgendwo sonst hat man so ein wertneutrales, ehrliches und doch gnadenloses Publikum. Die Geschichte der Straßenmusik geht bis in die Antike zurück. Ob Minnesänger, Troubadoure oder Mariachis, sie alle spielten für ein warmes Essen, eine Unterkunft oder etwas Geld.
Joshua Bell, ein berühmter Violinist, spielte einmal inkognito als Busker in einer U-Bahn-Station in Washington. Während seiner 45 Minuten Performance verdiente er 32 Dollar, dabei verwendete er eine zwei Mio. teure Stradivari. Wurde seine Kunst nicht erkannt oder war er einfach am falschen Platz? Man kann diese Anekdote auf viele Arten deuten. Eines ist gewiss: Straßenmusik ist kein einfaches Biz.
Buskers in Wien
In Wien ist die derzeitige Situation sehr unbefriedigend. Abgesehen davon, dass keine Verstärker erlaubt sind und die Straße somit für Gitarristen mit Nylonsaiten praktisch unbespielbar ist, sind die Chancen auf eine Platzkarte schlecht. Für diese stehen Menschen teilweise ab fünf Uhr morgens beim Amt an, um die Chance zu wahren. Die Karten werden einmal im Monat vergeben. Kann man zu diesem Termin nicht kommen, fällt man um ein ganzes Monat um.
Oft sind es gerade ältere, gebrechliche Menschen, die auf das Geld angewiesen sind. Viele kommen mit ihrer kleinen Rente nicht aus und müssen sich etwas dazuverdienen. Es gibt natürlich schon Plätze, wo man auch ohne Platzkarte basken darf, diese sind aber weder lukrativ noch schön zu bespielen. Alternativ zur Straße gibt es in Wien einige Lokale, in denen man auch als Nichtprofi auftreten kann. Das Carina ist zum Beispiel so eines, auch Cobario spielten dort – Rockstar-Gagen gibt es hier keine, aber man kann zumindest auf sich aufmerksam machen und bekommt ein Gefühl für Bühne und Publikum.
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