Gerade aus wahrhaftigem Herzschmerz lassen sich die besten Ideen schöpfen. Den Dirty Projectors ist das mit ihrem selbstbetitelten Album diesmal leider nicht gelungen.
David Longstreth hat in den letzten Jahren die schlimmste Trennung seines Lebens durchgemacht. Selbstzweifel, Depression und eine Schreibblockade legten ihn geradezu lahm. Sie waren auch für die lange Wartezeit auf die neue Dirty-Projectors-Platte verantwortlich. Irgendwann entschloss sich Longstreth, der Kern und die Stimme der Band, dann aber, diese Trennung in Songs zu verarbeiten und – auf Anregung von Rick Rubin – zu einem Album zu formen.
Die Trennung erfolgte zu einem – zumindest karrieretechnisch – schlechten Zeitpunkt. Die beiden Vorgängeralben »Bitte Orca« (2009) und »Swing Lo Magellan« (2012) wurden von Kritikern und Fans hochgelobt, die Band war auf dem Zenit ihrer Bekanntheit. Der dreistimmige Gesang, undurchschaubar komplizierte Gitarrenriffs und ihr ungewöhnlicher Zugang zu Melodie und Beat etablierten sich als ihr Markenzeichen. Mit einer gewissen Offenheit für Weirdness konnte man in dieser Musik definitiv kleine Pop- und R’n’B-Hits sehen.
Die Songs sind in ihrem Grundgerüst zu uninteressant
Fast forward fünf Jahre: Das Trennungsverarbeitungsalbum »Dirty Projectors« ist endlich fertig. Die Gitarren wurden durch Synths ersetzt, die Mehrstimmigkeit großteils durch Stimmmodulation und der Begriff »Pop« völlig gestrichen. Dafür liebäugelt das Album viel mehr mit potenziell kommerziellem R’n’B, scheißt aber gleichzeitig auf alles kommerziell Verwertbare. Auch wenn man ihm den Schritt hoch anrechnen muss: Die Songs sind in ihrem Grundgerüst zu uninteressant für mehrmaliges Hören. Zu viele simple Wiederholungen, die aus allen falschen Gründen im Ohr bleiben, nehmen der sonst sehr ausgeklügelten Produktion das Reizvolle.
Auch die virtuosen Joanna-Newsom-Streicher und eigentlich eingängigen Beats helfen dabei nicht. »Dirty Projectors« muss die schwere Last der beiden sehr guten Vorgängeralben und einer aufgehypten Vorlaufzeit tragen. Leider bricht es darunter mit seiner schwachen Basis und nur wenigen guten Songs zusammen. Hätte das Album nur aus »Keep Your Name« bestanden, wäre die Bewertung besser ausgefallen. Der Rest kommt da aber leider nicht heran und wird wahrscheinlich recht schnell wieder vergessen sein.
»Dirty Projectors« von den Dirty Projectors erscheint am 24. Februar 2017 bei Domino Records.