Eigentlich ein Trauerspiel

Der österreichische Film. Er ist nicht radikal, nicht wagemutig. Knallhart zu kalkulieren traut er sich dann aber auch nicht. Ins Kino kommt Mittelmaß, das kaum einen interessiert – weder die Massen, noch die Connaisseure. Vielleicht, weil die Branche zu feige ist?

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Machen wir uns nichts vor: Der österreichische Film spielt keine Rolle, zumindest nicht über Österreich hinaus. Natürlich: Im besten Fall – und den gibt es durchaus –, da inspiriert er uns, irritiert er uns nachhaltig oder unterhält er uns gut, der österreichische Film. Jedem von uns fallen aus dem Stand ein paar abgründige Ansätze, denkwürdige Szenen, Gags und Pointen ein, die wir dem Schaffen der heimischen Kamera-Kleinkunst verdanken. Doch dabei handelt es sich in den allermeisten Fällen letztlich um Insider-Schmähs, die man nur hier versteht, in der Abgeschiedenheit der Provinz.

Wirklich andernorts angekommen ist zuletzt nur Andreas Prochaskas »Die unbeabsichtigte Entführung der Frau Elfriede Ott«, der ein herausragendes Beispiel dafür ist, wie eine österreichische Komödie für den nationalen Markt intelligent produziert wird und darüber hinaus auch im Ausland Lacherfolge einfahren kann. Prochaska gehört zu den wenigen Filmemachern des Landes, denen es gelingt, über ihren Heimmarkt hinaus zu wirken und dabei doch »typisch« österreichische Popkultur zu schaffen, also mit österreichischer Färbung, Breite und Bodenhaftung. Eindrucksvoll gezeigt hat das bereits sein Austro-Slasher »In 3 Tagen bist du tot«, der etwa vom renommierten World Sales Celluloid Dreams neben den Filmen Michael Hanekes vertrieben wird.

Das Gefälle der Gefälligkeit

Doch selbst der Status und Erfolg eines Michael Haneke wäre allein mit österreichischen Mitteln wohl ein anderer. Erinnert sich noch jemand an den kuriosen Streit darüber, ob Michael Hanekes »Das weiße Band« nun ein deutscher oder doch ein österreichischer Film sei? Vom Fördervolumen her ist die Sache als deutsch-österreichisch-französisch-italienische Koproduktion eindeutig international.

Dass sich so viele andere offensichtlich mit der Welt im kleinen Österreich begnügen, hat auch mit dem Filmfördergebaren in diesem Land zu tun. Gefördert wird und würde nämlich am liebsten, was gefällt. Trotzdem kommt – mangels Alternativen – auch absehbares Minderheitenprogramm zum Zug. Wirklich bemerkenswertes, großes Kino geht da wie dort nur selten daraus hervor. Vielleicht liegt es daran, dass sich Gefallen möglichst schnell messen lassen soll. Diese Haltung gebiert nur zu oft berechenbare Machwerke, die auf den Erfolg und das schnelle Geld an den österreichischen Kinokassen abzielen. Oder, das andere Extrem: Filme, deren Hersteller sich von vornherein damit begnügen, mit einer Hand voll Kopien in schlecht besuchten Kinosälen gezeigt zu werden.

Auch am notwendigen Apparat dahinter hapert’s nicht selten. Hat ein Film dann doch einmal Potenzial, lässt oft das Drumherum zu wünschen übrig. Nie werde ich die Reaktion eines Marketingmenschen vergessen, der – auf unterlassene Hilfeleistung für den Erfolg eines Films angesprochen – beleidigt defensiv mit „Wir sind professionell genug!“ konterte. Sollte heißen: Für Österreich reicht’s schon, also lass mich doch bitteschön in Ruhe. Man glaubt es kaum: Der Film wurde dennoch ein Erfolg.

Woran liegt es also, dass es dennoch immer wieder einmal österreichische Regisseure mit sperrigem Kino oder sogenannten »Festivalfilmen« sogar zu Achtungserfolgen im Ausland bringen? Vermutlich vor allem an der Beharrlichkeit einzelner Akteure, ihrem Einsatz und der Bereitschaft mit vergleichsweise überschaubaren Budgets zu arbeiten.

Crowdfunding: Peanuts zur Motivation

Vielleicht ist es ja zu begrüßen, wenn sich Filmeschaffende auf in die Welt machen müssen, um Geld aufzustellen oder ganz neue Modelle zu versuchen – wie das gerade erst das Kreativsyndikat Monochrom und der Filmemacher Arash T. Riahi (»Exile Family Movie«) mit ihrem Projekt »Sierra Zulu« getan haben. Weil ihnen für ihr skurriles Sowjet-Abenteuer-Movie sowohl seitens des Filmfonds Wien als auch seitens des Österreichischen Filminstitut ein »Njet« beschieden war, versuchte man es kurzerhand auf der Crowdsourcing-Plattform Kickstarter.

Beachtlich, dass Fans und die Community, in der das Projekt seit Jahren Thema ist, binnen kürzester Zeit bereit waren, mehr als 50.000 US-Dollar zu geben. Doch mehr als einen Motivationsschub und einen PR-trächtigen »Kickstart« kann diese Summe bei den insgesamt nötigen drei Mio. Euro tatsächlich nicht bieten. Was das zeigt? Nun: vorerst einmal die Chancen, aber auch die Grenzen des Hypes um Crowdfunding und Fan-Finanzierung; letztlich aber auch die Notwendigkeit, darüber zu diskutieren, was wie und nach welchen Kriterien Filme gefördert werden soll. Warum die Förderung für »Sierra Zulu« abgelehnt wurde, blieb bislang nämlich unbegründet.

Die Akteure selbst haben einstweilen eine amerikanische Filmfirma gegründet und werben in L.A. für ihr Projekt. Eines steht also bereits fest: Sollte es gelingen, »Sierra Zulu« dereinst auch in die Kinos von Wien Umgebung zu bringen – durch und durch österreichischer Film wird das dann keiner mehr sein.

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