Die vier Madrileninnen von Hinds erlegen Ende des Jahres genau jenen Zwölfender, den sie zuvor über den ganzen Globus scheuchten.
Ganz so arg war es natürlich nicht, aber die vier Girls aus Madrid haben dieses Jahr doch eine ziemliche Konzert-Hetzjagd hinter sich, die beim SXSW wohl ihren Höhepunkt erreichte. Dort spielte die Band 16 Konzerte innerhalb von nur vier Tagen. Die gerichtliche Treibjagd um ihren Bandnamen konnten die Vier allerdings nicht für sich entscheiden. Das Kollektiv sah sich gezwungen, den ursprünglichen Bandnamen (Deers) einer Verweiblichung zu unterziehen. Eine musikalische Umorientierung blieb aber aus. Hinds nehmen immer noch die gesammelte Garage- und Low-Fi Ästhetik ins Zielfernrohr und treffen mit Blattschuss direkt unsere von zu viel Jägertee desensibilisierten Synapsen.
Der in unseren Breitengraden hinlänglich bekannte Ronettes-Schunkler »Bamboo« machetiert sich bereits seit Monaten durchs Dickicht der Tristesse. Die sinister gespielte Gitarre immer auf 11er-Anschlag. Zudem rütteln Songs wie »Fat Calmed Kiddos« oder »Castigadas En El Granero« (dt: Züchtigung in der Scheune) sowohl durch deren Namensgebung, als auch durch die psychedelische Sogwirkung am Tarantino-Referenzbaum und wirken wie direkt einem seiner Filme entstiegen. Filmvorlagen scheinen bei Hinds sowieso eine nicht unerhebliche Rolle zu spielen. Wer sich beim Sound bereits an den 60ern bedient, tut das gern dann auch bei den Videos: In »Gardens«, dem bandinternen Favoriten und Opener, schaut man den Mädchen samt Biersaft-Jüngling beim Reißausnehmen zu. In »Pierrot Le Fou-Manier« (natürlich wieder 60er) wird da der Bürgerlichkeit getrotzt und dem weißen Pulver zerstoßene Rosen vorgezogen.
Einzige Ausnahmen, bei denen sich unisono von den Formvorlagen des erwähnten Jahrzehnts distanziert wird, sind emanzipatorischer Natur. Im Schleicher-Takt werden Abgesänge auf klassische Geschlechterrollen beschworen – »And I Will Send Your Flowers Back« heißt es da zum Beispiel. In der vorletzten Nummer wird sogar das scheinbar in textlichen Stein gemörserte »Baby« abgecancelt: »I make it simple / I could be your baby / But I’ll be your man«.
Ansonsten hüpfen die Themenbereiche, denen immer diese wunderbar kastilische Färbung anhaftet, hauptsächlich um die Nacht und ihre Kinder. Bemerkbar auch beim Instrumental »Solar Gap«, bei dem die zur Afterhour winkenden Sonnenstrahlen auf der Haut tanzen. Wer sich also gerne totes Wild über den Kaminsims hängt, tut das am besten mit dem sehr lebendigen »Leave Me Alone«. Alle anderen dürfen das natürlich auch.
»Leave Me Alone« von den Hinds erscheint am 8. Jänner 2016 via Lucky Number.