Kult- und Kunstfigur Austrofred führt auf dem Dachboden des MQ durch Österreich. Wir sprachen mit ihm über Nation Branding, das Popfest, die Trapp-Familie und Gabalier, "den Posterboy für die Generation Landhausstil".
Endlich mal kein Keller, sondern ein Dachboden, vielgerühmtes Österreich. Genauer, der Dachboden des Wiener Museumsquartiers. Kunstfigur Austrofred, auch bekannt als Franz Adrian Wenzel, ist Conférencier bei der surrealen Nation Branding-Gala "The Making of Österreich" am Dachboden, dem "kollektiven Oberstübchen Österreichs" (Vitus Weh). Zum ersten mal bespielt bietet die Location kein Theather im herkömmlichen Sinn, der Besucher geht von Station zu Station, ge- und begleitet vom Prototyp des Österreichers Austrofred.
"Asiaten und sonstige Besucher aus dem Ausland sind immer ganz erstaunt, dass in Österreich ‚The Sound of Music‘ eigentlich kaum jemand kennt, niemand kann die Lieder mitsingen. Wir versuchen dieses Kulturgut heimzuholen." erzählt der Dramaturge Vitus Weh. "Der Besucher durchwandert die einzelnen Stationen, die Images die es von Österreich gibt. Alpenrepublik, Brückenbauer, Schination, Bartträger und so weiter." Verbunden werden diese Abbilder des kollektiven Unterbewusstseins durch Lied und Tanz, verantwortlich für die Musik zeichnen sich die drei Kapellmeister des Kollegium Kalksburgs.
Der Mitbegründer und künstlerische Leiter des Labels "toxic dreams" Yosi Wanunu führt Regie der Musikrevue. "In der freien und experimentellen Szene wird man schief angesehn wenn man sagt dass man Musicals mag. Musicals gelten als etwas sehr amerikanisches, kommerzialisiertes. Musicals sind aber etwas sehr spannendes, man kann viel daraus machen. Wie bei "The Sound of Music", die Mischung ist interessant; Kultur und Berge, eigentlich eine Werbekampagne, der Leben eingehaucht wurde."
Vorhang auf, enter stage left zum Interview: Austrofred!
Sexsymbol goes Nation- Branding. Was wird man erwarten können, wird es eher körperlich-orgiastisch wie man Austrofred kennt, oder doch eher künstlerisch-ästehtisch?
Auf jeden Fall künstlerisch, ich singe auch nichts in der Revue, ich führe gewissermassen durch. Dies hat ja schon etwas sehr Staatsmännisches, dass ich ja auch sehr drinnen habe in meiner Funktion. Ich sehe mich ja nicht nur als Rockkünstler, natürlich auch und in erster Linie als schwitzender Bühnenmensch, aber eben auch als Volksbildner. Das sage ich ganz bewusst so, ich habe in diesem Fall eine pädagogische Funktion. Ich bin natürlich eine sehr gute Wahl, da ich mich schon seit einem Jahrzehnt damit beschäftige, ausgehend von meinem Namen und dem von mir verwendetem Material, also was sind jetzt so die Symbole die Österreich ausmachen, und auch immer wieder darüber schreibe oder mich echauffiere oder mich daran erfreue. Wie zum Beispiel am Schnitzel, dass ja tatsächlich nicht nur unsere Nationalspeise ist, sondern das beste Essen der Welt.
Mit "Sound Of Music" hab ich mich vorher noch nie beschäftigt. Ich kann mir aber gar nicht erklären wie mir das entgehen konnte, da es ja gerade im Ausland, vor allem in Asien und Amerika, das Bild von Österreich so prägt. Aber wahrscheinlich gerade deswegen, weil es das Bild in Europa und Österreich so gar nicht prägt. Man kennt es ja hier eigentlich kaum, man kennt die Trapp-Familie und man weiß dass es sie gegeben hat, aber den Film haben tatsächlich in meinem Bekanntenkreis die wenigsten gesehen.
Du sagst du echauffierst dich manchmal über Österreich, ist dieses Land es überhaupt wert gebrandet zu werden?
Hmm. Branding passiert ja eigentlich immer in irgendeiner Form. Natürlich schaut man immer, was man herausstreicht und was nicht so; grundsätzlich versucht das ja die Politik. Im Popbereich zum Beispiel die Kaffeehauskultur der 90er Jahre, mit der man dann arbeitet. In der Popmusik ist das ja total wichtig, ich hab da mal ein Interview mit – ich glaube es war jemand von den "Einstürzenden Neubauten" – gelesen. Darin ging es darum, das deutsche Popbands die international relevant sind, also nicht wie so was wie Tokio Hotel, sondern welche, die im Ausland als bewusst deutsch wahrgenommen werden, weil sie genau das verkörpern, was sich Menschen in Ausland unter "deutsch" vorstellen. Also streng maschinell, bürokratisch. Wer bleibt also über: eben die Einstürzenden Neubauten oder Rammstein auf eine andere Art, und natürlich Kraftwerk. Falco hat in Österreich etwas bewusst Barock-Wienerisches drinnen. Oder Attwenger, die damit arbeiten, was sie in der Volksmusik vorfinden. Jetzt hab‘ ich aber die Frage vergessen.
Macht nichts. Die Familie Trapp, Sissi, Peter Alexander sind ja alles "Marken" aus den 70ern. Entspricht dies eigentlich noch immer dem Selbstverständnis Österreichs im 21. Jahrhundert?
Meine Mutter ist ein großer Fan der Familie Trapp, natürlich ist das interessanter für die Heimatfilmgeneration, die es in der Form ja jetzt nicht mehr gibt. Dafür gibt’s jetzt aber ganz neu diese Landhaus-Moden, diese Generation Gabalier, die das Publikum eben schon dort abholt. Tracht und Musik wachsen da ja auch in irgendeiner Form im popkullturellen Umfeld auch wieder zusammen.
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