Einen Schritt näher zur Kunst

Der Street Aritist OHM kennt die Wiener Sprayer- und Street Art-Szene. Die stellt sich auch beim Step Forward-Festival aus, um u.a. einen Anwalt zu bezahlen. Fotos von den ausstellenden Street Artists gibt es hier. OHM haben wir noch dazu ein paar Fragen gestellt.

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Wenn Künstler unschuldig der Sachbeschädigung angeklagt werden, diese Klage schließlich wegen Mangel an Beweisen fallen gelassen wird und der Anwalt trotzdem seine Moneten haben will – was macht man dann? Richtig, man schmeißt ganz einfach eine Pay My Lawer-Ausstellung, die quasi als Charity-Veranstaltung dient und im Rahmen Jubiläumsfestivals von Step Forward aufgezogen wird. Das umschließt übrigens auch noch drei Konzerte, zwei Partys (Yung Lean!) sowie einen eintägigen Concept-Store mit Liveprogramm. Zu den Locations zählen Fluc Wanne und das Celeste. Im Celeste werden nun 21 heimische Street Artists ausgestellt. Natürlich ist das bei einer so informellen Szene schwer zu sagen, ob jemand vergessen wurde, ob es Crews gibt, die man noch fragen hätte sollen. Wir behaupten einfach mal: So geballt hat man Street Art aus Wien noch nicht gesehen.

Der Wiener Street Artist und Multimediakünstler OHM ist einer von denen, die ein paar Anwaltsschulden eintreiben wollen. Wir haben mit ihm ein bisschen über die Wiener Sprühtätigkeiten gesprochen.

Hat Wien eine lebendige Sprayer-Szene? Und wo in Österreich gibt es noch nennenswerte Szenen?

Auf jeden Fall, die Szene lebt! … sieht man doch, oder? Klar ist auch, dass Wien als einzige Metropole in Österreich eine dominante Rolle einnimmt. Der viele internationale Besuch sollte auch nicht außer Acht gelassen werden ̶ Wien ist beliebt!

Wie siehst du das, ist Street Art in Wien auch sozialkritisch?

Graffiti und Arbeiten im Bereich der Street Art haben grundsätzlich eine sozialkritische Dimension. Diese muß sich nicht in Form einer politischen Parole äußern oder über ein bedeutungsschweres Konzept transportiert werden. Es geht vielmehr um die freie Aktion im urbanen Raum. Dabei wird das Privileg – Kunst zu produzieren und auszustellen – in Frage gestellt. Dieter Schrage hat von ‚Volkskunst‘ gesprochen. Macht- und Eigentumsverhältnisse werden auf spielerische Art entblößt. Nicht zuletzt geht es auch um die alte Frage: Wem gehört die Stadt?

Du bist ja schon länger dabei, kannst du uns einen ganz kurzen historischen Abriss zu Street Art in Österreich geben?

Kyselak, Seta Roc, Skero, Sink, Keramik. Luxus, Shue, We Are, … das war jetzt aber wohl ein Graffiti Abriss. Wenn man’s genau nimmt, gibt es Street Art schon viel länger. Ist letztlich eine Frage der Definition. Die Schablonentechnik ist ja auch nicht erst von Banksy erfunden worden.

Gab es in den letzten Jahren ein paar wichtige technische Neuerungen beim Sprühen, Stickern und Kleben? Sind die hier angekommen?

Meinst du Feuerlöscher-Tags? … oder besonders große Plakate? Seit ein paar Jahren gibt’s jedenfalls ständig neue Fatcaps und Dosentypen. In dieser Hinsicht ist es eigentlich eine Industrie geworden. Manches setzt sich durch, manches nicht. Sieh dir mal dieses Video an … würdest du sagen, das ist eine neue Technik?

Warum tut man das eigentlich? In Mitteleuropa gibt es keine Gangkultur, wenig Bruchbuden, wenig Industriebrachen. Was ist die Motivation das zu bomben, oder bunt zu besprühen?

Graffiti hat nicht per se was mit Gangkultur zu tun. Street Art schon gar nicht. Graffiti und Street Art sind auch nicht an Bruchbuden und Industriebrachen gebunden. Ein U-Bahn System hat Wien ja, wo ist also das Problem?

Kunst zu schaffen, ein Artefakt aus Form und Farbe zu kreieren, ist grundsätzlich ein gutes Gefühl. Ich würde sagen es geht um Ausdruck – express yourself – da gibt es im Grunde dann auch gar nicht so viel Unterschied zu anderen Bereichen wie Tanz oder Bildhauerei.

Warum ist das leiwande BLK River Festival eigentlich abgesoffen?

Kann ich dir nicht sagen. Frag die Leute am besten selbst.

In Wien gibt es ein paar Galerien, die Street Art im Programm haben. Gibt es hier überhaupt Sammler? Und wer sammelt sowas?

Hr. Teuchtler ist ein Parade-Sammler. Aber im Grunde sammeln in Österreich eine ganze Reihe an Galeristen und Liebhabern. Wieso auch nicht – ist doch schön – und teilweise ja sogar auch ziemlich hochpreisig, wenn man zum Beispiel an Jean-Michel Basquiat denkt.

Aber auch lokale Player der Bewegung sind definitiv im Fine Art-Segment angekommen – oder zumindest zu teuer für den durchschnittlichen Bobo.

Was hat Street Art davon im Museum zu hängen und was versprechen sich die Museen und Galerien davon sie aufzunehmen?

Das Image und die Ästhetik roher urbaner Realness – bewahrt als zeitgenössische Kunst und Kommuniaktionskultur.

Das Step Forward – 4 Years Festival findet vom 8. bis 22. März an unterschiedlichen Locations in Wien statt. U.a. kommen R.A. The Rugged Man und Yung Lean & Sad Boys nach Wien, es wird eine Street Art-Ausstellung im Celeste geben, einen Concept Store und eine Closing Party im Leopold.

stepforwardmusic.net

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