VdB vs. Hofer – Ein Streitgespräch

Am Sonntag wird gewählt – und das zum dritten Mal. Viele sehen Österreich als „gespaltenes Land“. Die Beziehung zwischen Ines und Mani (beide Studenten) funktioniert jedenfalls, auch wenn sie morgen wahrscheinlich unterschiedlich wählen werden. Wir haben sie zum Streitgespräch getroffen.

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Wen wählt ihr am Sonntag und warum?

Ines: Ich wähle Van der Bellen, weil ich einfach nicht will, dass wir einen rechtspopulistischen Bundespräsidenten in Österreich haben. Ich find‘, Hofer hat auch teilweise gute Ansätze, aber das reicht mir nicht.

Mani: Ich werde Hofer wählen.

Ines: Du hast gesagt, du überlegst es dir noch.

Mani: Ja, aber wahrscheinlich werde ich ihn wählen. Weil er eher meine Linie vertritt als VdB. VdB ist mir zu sehr pro EU und er war einmal ein Grüner.

Ines: Was ist denn schlecht an der EU und an den Grünen?

Mani: Die Flüchtlingskrise war bis jetzt die einzige Situation, in der die EU hätte beweisen können, dass sie etwas bringt und Zusammenhalt schafft. Aber das hat sie nicht.

Ines: Und was soll unser BP daran ändern?

Mani: Ja eh nicht viel. Aber Hofer ist EU-kritisch und ich glaube, dass er sich weniger von der EU gefallen lässt als VdB, der alles, was von der EU kommt, mit „Ja und Amen“ absegnen wird.

Was würdest du dann zu einem „Öxit“ sagen?

Mani: Schwierig…Prinzipiell glaube ich, dass man ohne der EU gut fahren kann. Allerdings müsste das sehr gut geplant sein und würde sehr viel Vorbereitung brauchen.

Ines: Aber zwei Drittel der Österreichischen Handelspartner sind EU-Staaten. Dadurch haben wir ja auch enorme Vorteile…

Mani: Deswegen sage ich ja: Es müsste gut geplant sein. Schengen könnte man dann ja auch aufrechterhalten, ohne Mitglied der EU zu sein. Ich finde ja auch, dass die EU einige Vorteile bringt, aber was mich an der EU so stört, ist die Tatsache, dass wir dadurch noch mehr Politiker haben, die noch mehr Geld verdienen und selten irgendetwas sinnvolles auf die Reihe kriegen.

Seid ihr euch schon länger darüber im Klaren, dass ihr so wählt? Und was hat euch überzeugt?

Ines: Ich habe bereits im ersten Wahlgang VdB gewählt, weil ich finde, dass er der akzeptabelste Kandidat von allen war und ist. In einigen Bereichen vertritt er für meinen Geschmack eine zu linke Haltung, aber die anderen Kandidaten waren für mich unwählbar. Die SPÖ und ÖVP sowieso, Griss hat zu wenig Erfahrung und Hofer steht nicht zur Diskussion. Deswegen ist die Entscheidung für mich damals und auch jetzt nicht schwer.

Mani: Ich finde eigentlich beide Kandidaten nicht wirklich gut. Im ersten Wahlgang war ich unentschieden zwischen Griss und Hofer. Im Endeffekt habe ich Hofer gewählt, weil ich der Meinung war, dass Griss sowieso nicht genügend Stimmen kriegt. Und in meinen Augen ist VdB noch unwählbarer als Hofer. Ich fand eigentlich keinen Kandidaten ideal.

Ines: Aber findest du nicht, dass ein Kandidat der offiziell gegen Homosexuelle ist und sich einfach total intolerant gibt, unwählbar ist? Ich könnte von der Partei einfach aus Prinzip niemanden wählen, weil sie im Ganzen so dermaßen meinen Prinzipien widerspricht.

Mani: Ich unterstütze es keineswegs, aber es ist für mich nicht Grund genug, einen Kandidaten nicht zu wählen. Weil ich der Meinung bin, dass Hofer – sollte er irgendwelche kranken Fantasien an den Tag legen –eh nicht in der Lage ist, diese umzusetzen.

Die FPÖ steht auch immer wieder in der Kritik, gegen Journalisten zu hetzten. Deine Freundin ist Journalistin – stört dich das nicht?

Mani: Ich mag selber keine Journalisten (lacht). Ich find‘, dass die meisten nicht unabhängig sind.

Ines: Aber woher kommt das? Warum glauben FPÖ Wähler lieber Online-Portalen, die mit seriösem Journalismus gar nichts zu tun haben?

Mani: Viele glauben wahrscheinlich, dass es Journalisten einfach nicht braucht. Da schließe ich mich an.

Ines: Willst du nicht wissen, was auf der Welt passiert?

Mani: Doch! Aber ich will Fakten haben – ich will keine Einblicke, keine Meinung.

Wer sollte deiner Meinung nach diese Fakten liefern?

Mani: Ich schaue mir z.B. gerne die ganzen Statistiken der Statistik Austria an. Ich versteh‘ schon, dass man irgendwo ein Medium braucht und im Endeffekt wahrscheinlich auch Journalisten, die die Daten aufarbeiten. Aber ich habe leider noch nicht viele Medien entdeckt, die ich wirklich unabhängig finde – ganz egal ob rechts oder links beeinflusst.

Welche Medien konsumiert ihr und wie habt ihr euch über die BP-Wahl informiert?

Mani: Über meinen Facebook-Feed gelange ich meistens zu den Artikeln, die mich interessieren. Da sind dann Beiträge von Kurier, Standard, Krone… dabei. Und halt Statistik Austria.

Ines: Kurier und Krone fällt bei mir weg. Ich habe mir einige TV-Duelle angeschaut, die waren meiner Meinung nach aber eher Kabarett als Duell (lacht). Ansonsten hole ich mir die Information auch über Facebook und lese dann meistens Beiträge vom Standard, von der Presse, von der NZZ.

Beide Kandidaten stehen wegen unterschiedlicher Dinge in der Kritik. Nehmt ihr die ernst?

Ines: Ich finde, dass es in diesem Wahlkampf eh nicht wirklich darum geht, wer was umsetzen will, sondern nur noch darum, was der eine am anderen kritisiert.

Mani: Ja da stimme ich dir total zu.

Hofer wird etwa vorgeworfen, er sei ein Rechtspopulist, Herausgeber eines rechtsradikalen Buches, verkehre in rechten Kreisen…  

Ines: Er spielt das alles einfach immer herunter und tut so, als wäre das nicht wahr.

Mani: Ich bin mir dessen schon bewusst, dass Hofer aus einem sehr rechten Milieu kommt. Wie radikal er heute wirklich ist, ist für mich aber fraglich.

Ines: Weil er sich öffentlich auch nicht so gibt, wie etwa Strache es macht.

Mani: Ich unterstütze diese rechten Ansichten nicht, aber sie sind für mich nicht Grund genug, um ihn nicht zu wählen. Solange er nicht wirklich rechtsradikal auftritt, ist mir egal, was er vor zehn Jahren gemacht hat. Wenn er jetzt wirklich so handeln würde, dann würde ich mich davon distanzieren und ihn auch nicht wählen.

Ines: Naja, er sagt’s zwar nicht, aber er handelt ja so. Er ist ja so ein typischer Wolf im Schafspelz.

VdB wird ja auch einiges vorgeworfen. Er sei ein Kommunist, trete zwar als Unabhängiger an, sei aber parteiisch…

Ines: Dass er sich als unabhängiger Kandidat bezeichnet hat, war von Anfang ein Fehler. Im Endeffekt haben dann doch die Grünen seinen Wahlkampf finanziert.

Mani: Beide Kandidaten haben ja irgendwann mal behauptet sie seinen unabhängig – und beide sind es nicht.

VdB argumentiert, dass er so den „Öxit“ verhindern will. Hofer wirbt hingegen damit, dass er darüber abstimmen lassen will. Ebenso wie auch über die Todesstrafe. Findet ihr das gut?

Ines: Ich glaube, dass das den Leuten schon gefällt. Ich frag mich da schon, inwiefern solche Entscheidungen vom Volk getroffen werden sollten.

Mani: Ich bin ein irrsinniger Verfechter der direkten Demokratie. Natürlich muss das Volk nicht über alles abstimmen, aber über die zwei Punkte würde ich auf jeden Fall abstimmen lassen. Wichtig ist, dass das Volk entsprechend informiert wird – und da liegt das große Problem.

Glaubt ihr, dass die Art und Weise, wie sich viele Menschen informieren ein Problem ist?

Mani:. Ja. Das sieht man jetzt ja auch, mit der ganzen Diskussion über die „Bubbles“ in denen man sich befindet.

Ines: Ja, da gibt’s auch viel Forschung dazu. Egal was man macht im Internet, es wird von irgendwem irgendwo, anhand deiner vorhergegangenen Aktionen vorbestimmt, was du siehst.

Mani: Ich sehe auf Facebook beide Seiten, weil ich auch viele Freunde habe, die anders denken. Aber ich sehe schon ein Problem darin, wenn Leute nur einseitig über ein Thema informiert werden.

Was erwartet ihr euch (nicht) von den Kandidaten für die Zukunft?

Ines: Ich glaub‘ nicht, dass die Welt untergehen wird, wenn VdB Präsident wird, genauso wenig bei Hofer.

Mani: Kurz nach der Wahl wird sicher wieder vom gegensätzlichen Lager so getan, als wäre der Wahlausgang eine Katastrophe. Aber nach ein paar Wochen redet niemand mehr darüber.

Könnt ihr die Wahlentscheidung des jeweils anderen nachvollziehen?

(Zeitgleich)

Ines: Nein

Mani: Ja.

Ist diese Meinungsverschiedenheit ein Problem für die Beziehung?

Ines: Ich finde es eigentlich auch interessant. Meistens diskutiert man nur mit Menschen, die dieselbe Meinung vertreten. Manchmal tut es auch ganz gut, die andere Seite zu hören. Wenn’s mir dann zu viel wird, sag ich das einfach und wir hören auf zu diskutieren.

Mani: Wir diskutieren auch nie so hitzig, dass es dann ungut oder unangenehm werden könnte. Aber ja, es ist wirklich interessant, die andere Seite zu hören. Teilweise denkt man sich dann „Das kann nicht dein Ernst sein“, aber manchmal auch „Da geb’ ich dir vollkommen Recht“.

Bild(er) © Felder Veronika
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