Ethnokitsch versuchen wir zu vermeiden

Kein Ethnokitsch – dafür sozialpolitisches Kino aus Griechenland, Kuba oder Mexiko wird es bei der 22. Edition des Internationalen Innsbrucker Filmfestivals geben. Wir haben Festivalleiter Helmut Groschup zum Interview gebeten. Er sprach mit uns über die Kinomafia, Utopien und warum in Tirol zwar viel gedreht, aber nichts produziert wird.

Kinos sterben, Filmfestivals wachsen, sehr grob gesprochen. Bemerkst das auch in Tirol?

Es werden nur jene Kinos sterben, die sich die neue digitale Technik nicht leisten können. Die Kulturpolitik sollte in jeder Stadt ein solches Kino finanzieren, sonst wandert das Kino komplett in die Wohnzimmer. Dadurch, dass es einfacher geworden ist, Filme zu machen, gibt es auch mehr Filme, die den Weg ins kommerzielle Kino nicht finden. Es gibt kaum noch Filmclubs, der Kinomarkt verlegt sich schön langsam auf die Kauf-DVD-Schiene.

Auch Filmfestivals wachsen nicht mehr so schnell. Wir waren damals Anfang der 90er Jahre bei den ersten hinter den großen, wie Cannes, Locarno, Berlin und Venedig. Filmfestivals dienen der Bekanntmachung von Filmen, sie sind der erste Publikumstest und viele Filme fliegen durch, auch gute, was der schlechten Filmkritik anzukreiden ist, die wiederum die Verleiher, die keinen guten Überblick über das Filmwesen haben, beeinflussen. Es gibt da auch so was wie eine Kinomafia, da kommt nicht jeder rein und die bilden auch in Nischen den Geschmack des Publikums. Da ist ein Filmfestival manchmal eine cineastische Erholung.

2009 gab es für das IFFI noch 130.000 Euro Budget. Mittlerweile?

1992 haben wir mit 50.000 Schilling begonnen. Den finanziellen Höhepunkt erreichten wir beim 20. IFFI und nun geht’s wieder leicht bergab, obwohl alles teurer wird. Aber da nützt kein Jammern. Es wachsen jetzt junge Kulturarbeiterinnen nach, die müssen mit ihren Ideen das finanzielle Loch ausfüllen. Ich sage mal wir sind ein 100.000 Euro-Filmfestival und wir sind das beste 100.000 Euro-Filmfestival der Welt. Wir zeigen Longseller und nicht Bestseller, das machen die kommerziellen Kinos.

Tirol ist eine beliebte Filmkulisse, aber gibt es auch Tiroler Filmproduktionen?

Ja, dank Cine Tirol wird in Tirol viel gedreht. Leider ist Tirol kein Filmland, was die Eigenproduktion betrifft, die wird kaum gefördert. Leute mit Filmambitionen wandern aus. So der Regisseur Ernst Gossner, der in Los Angeles lebt und dort eine Filmfirma hat. Er hat im letzten Sommer seine erste Großproduktion in Süd- und Nordtirol "Der stille Berg" mit internationaler Besetzung gedreht, dies auch mit kleinem Beitrag von Cine Tirol.

Der oscarnominierte Kameramann Christian Berger aus Innsbruck meinte neulich, Tirol sei halt kein Filmland, das müsse man akzeptieren und daran ist ja auch nichts Schlechtes. Trotzdem sind aus dem Umfeld des IFFI junge Filmemacher aufgebrochen und haben mit sparsamen Budget begonnen, Filme zu machen. Melanie Hollaus aus Hall und der Kufsteiner Daniel Dlouhy werden ihre jüngsten Filme beim IFFI präsentieren. Melanie Hollaus drehte nach einer Idee von mir "Bocksiedlung", eine Bestandsaufnahme jenischer Kultur in Tirol und Daniel Dlouhy begab sich nach Peru, wo sein Film "Ein Stück Paradies" über Tiroler Auswanderer im Dorf Pozuzo entstand. Beide Filme stufe ich als No Budget-Filme ein. Ich gestehe beiden eine Zukunft als erfolgreiche Filmemacher zu.

Das ist eben auch ein Erfolg des IFFI. Die beiden haben auch während der letzten Jahre auf meinen Auftrag Portraits von Filmemachern des IFFI hergestellt, es entsteht die "IFFI Rolle", ein interessantes Langzeitprojekt, das unsere Anliegen gut dokumentiert. Ich verweise auch auf den Filmemacher Otto Licha aus Innsbruck, der auch Beiträge für dieses Projekt hergestellt hat und einen lustigen Film über das IFFI zusammengestellt hat. Mirjam Dvorak hat ein Portrait von mir gemacht, das in drei Teilen auf Youtube zu sehen ist. Außerdem gibt es das Buch "Poetik des Zeigens", das beim Innsbrucker Limbus Verlag erschienen ist. Seit 10 Jahren leite ich an der Innsbrucker Vergleichenden Literaturwissenschaft der Uni Innsbruck eine Lehrveranstaltung, die eng mit dem IFFI verbunden ist.

IFFI – Internationales Film Festival Innsbruck

28. Mai – 2. Juni

www.iffi.at

Bild(er) © Theo Angelopoulos, Juan Brugues
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