Wofür geht man eigentlich in Clubs? Wegen Orten wie dem Fluc, das seit inzwischen zwölf Jahren Programm mit Charakter und Sinn macht. Ganz klar, es geht dabei um mehr als nur gute Musik und kaltes Bier. Eine Bucherscheinung würdigt das jetzt.
Martin Wagner, Joachim Bock und Martin Moser alias Künstlergruppe Dy’na:mo haben zwar bereits 1998 mit einer temporären Klanginstallation in der Neulerchenfelderstraße den Grundstein für das Fluc gesetzt, es war aber bis 2001 nicht klar, wie weit dieses Projekt noch gehen wird. Sie haben jedenfalls nicht damit gerechnet, so lange im Geschäft zu bleiben.
Wir sind da, wo Oben ist. Und außerdem Unten.
Man kann ja immer wieder beobachten, wie Clubs nach einer gewissen Zeit ein bisschen der Atem ausgeht, wenn der Buzz und der Enthusiasmus der ersten fünf oder zehn Jahre weg sind. Gürtel, Pratersauna, Flex, Titanic – sie alle erleben Phasen, in denen man weniger an sie denkt, aus ganz unterschiedlichen Gründen. Das Fluc ist die Ausnahme. Man ruht sich nicht auf ein paar gut laufenden Abenden aus. Egal ob Techno, avancierter Pop, Weird Folk, Krach oder HipHop – immer wieder muss man ins Fluc, weil dort die relevanten Acts spielen. Das hat großteils mit Peter Nachtnebel zu tun, der sich um das Programm kümmert.
Das Fluc hat außerdem einen ziemlich klaren Standpunkt, den Nachtnebel auch im Buch ausformuliert. Es liege an den Clubs, vor und nach der Party einen solchen zu vertreten – und währenddessen eben gute Musik zu spielen. Und im Falle des Flucs weigere man sich sich, nur zu verkaufen. Abende von Red Bull, Heineken und Burn findet man nur ganz, ganz selten. Underground und Independent, das war vielleicht mal, aber einfach verabschieden will man sich deshalb noch lange nicht davon. Und dass dabei noch alle Gäste unter der Diskokugel gleich sind, versteht sich dort – wie in den meisten anderen guten Clubs – von selbst. Im Fluc nur noch ein bisschen mehr.
Aufwertung, Umwertung, andere Wertung
Dabei ist man bisher ohne Skandale und Shitstorms ausgekommen. Man vermeidet die ganz lauten Töne – in Presseaussendungen oder Club-Interviews. Das Fluc hat es geschafft, inhaltlich schwierig zu sein und sich trotzdem in das offizielle Bild der Stadt einzupassen. Ähnlich wie die »besetzte« Arena oder dem Amerling-Beisl. Es hat zur ökonomischen Aufwertung der Gegend beigetragen – Kathi Seidler beschäftigt sich im Buch ausführlich mit dem Bezirk, den Thomas Edlinger wiederum einen Subkultur-Kreativcluster nennt – und wehrt sich gleichzeitig gegen diese Logik. Es steht immer wieder neu vor der Herausforderung, seine Rolle zu hinterfragen und sich zu erneuern. Darin war das Fluc bisher die große Ausnahme. Es hat sich laufend verändert. Es war nicht damit zufrieden, eine Art Stammbeisl für alternde Falter-Leser oder Radio Orange-Hörer zu werden. Die sind natürlich eh ganz toll, aber irgendwann fehlt bei den besten Menschen der Mix und es bleibt außer einem Jargon der Subversivität, Körperpolitik und Selbstermächtigung nicht mehr viel über.
Das Fluc hält Widersprüche aus. Und es entwickelt sich mit ihnen weiter. Das macht es so großartig. Sogar Hegel hätte seine Freude damit. Oder noch so ein Eierkopf, Michel Foucault, den der Mitgründer Martin Wagner am Ende seines Textes zitiert. Man schippert dahin auf diesen hellblauen Kultur-Containern und sucht die Orte der Träume und der Fantasie, diese poetischen Orte des Anderen. Zum Glück gibt es da am Praterstern das Fluc, das genau das jede Nacht aufs Neue versucht.
»Tanz die Utopie! – Urbaner Aktivismus als gelebtes Experiment in der Wiener Kunst-, Medien- und Klubszene« mit Gastbeiträgen von Robert Misik, Kathi Seidler, Heinrich Deisl, Ursula Maria Probst, Martin Wagner, Thomas Edlinger, Christian Egger uvm. erscheint im Falter Verlag.
Es wird am 6. Mai im Fluc vorgestellt. Eine weitere Präsentation mit Diskussion findet am 13. Mai im Depot Wien statt.