Immer freundlich, immer gut drauf – Mahir Jahmal ist in Wien sowas wie ein Vorzeige-Schwiegersohn. Im selbst ernannten "Fresh Prince of Favoriten" steckt aber mehr, als nur der nette Bär, den jeder kennt.
Mahir Jahmal ist in Wien stadtbekannt. Entweder war man schon mal mit ihm fort, ist mit ihm Taxi gefahren oder hat den sympathischen Wiener auf der Straße getroffen. Auch wenn ihn viele Leute kennen, ist aber Mahir lieber ein Einzelgänger. Der Österreicher mit sudanesischen Wurzeln hat mit uns anlässlich seiner Austellung in der Osme Gallery über Polizeigewalt in den USA, Eismarillenknödel und seine Neigung zu Astrologie gesprochen.
"Wer ihn nicht kennt, kennt auf jeden Fall jemanden, der ihn kennt", schreibt der Standard bzw. die Wiener Porträts über dich. Teilst du diese Einschätzung?
Ja da ist was dran. Wien ist halt klein und ich bin denke ich auffällig. Ich schaue nicht unbedingt "average" aus, bin ein großer, dicker Bär und die Leute mögen diese "Glücksbärchenart". Sie entwickeln Vertrauen zu mir, erkennen mich dann irgendwann wieder und grüßen mich. Oft geht es mir dann aber so, dass ich die Leute wenig oder gar nicht kenne.
Wie schafft man es, zu so einer Art "Szeneberühmtheit" zu werden?
Ich bin nur ich. Ich bin crazy und immer gut drauf. Vielleicht hat es auch mit Astrologie zu tun, ich bin Waage mit Aszendent Zwilling, das heißt, ich bin luftig, frei und unabhängig. Was aber nicht stimmt: Die meisten glauben, dass ich ständig unter Leuten bin. Die meiste Zeit bin ich alleine und ich bin gerne alleine. Wenn die Leute dann sagen: "Was? Du gehst alleine ins Kino?", lache ich nur und sage: "Na klar, warum nicht?"
Wer inspiriert dich?
Ich bin ein riesiger John Mayer Fan. Er hat mir die Motivation gegeben wieder die Gitarre in die Hand zu nehmen. Ich war dann auch ne Zeit lang als Musiker tätig und viel auf Tour. Wer mich aber am meisten inspiriert ist Will Smith mit seiner goofy, lebensfrohen Art und Humor mit dem ich aufgewachsen bin. Daher habe ich auch diesen Bezug zu ihm und nenne mich gerne selbst den "Fresh Prince of Favoriten".
Du liebst Prince of Bel Air, Baywatch, Knight Rider, A-Team, Jamie Foxx Show, Miami Vice…Woher kommt der Bezug zu den USA?
Ich bin mit den USA aufgewachsen. Zuerst mega-begeistert, gehe ich mittlerweile vorsichtiger mit dem Thema USA um. Und zwar seitdem ich durch Social Media mitbekomme wie viel Polizeibrutalität und Rassismus es immer noch in den Vereinigten Staaten gibt. Ich werde in den USA nicht als Europäer in dem Sinne angesehen, obwohl ich einen österreichischen Pass habe. Ganz klar, ich sehe nicht aus wie ein Europäer. Es ist durchaus noch eine Trennung zwischen Schwarz und Weiß (Racial Profiling) vorhanden und diese Oberflächlichkeit stört mich. Das schätze ich wiederum so an Österreich, dass ich mit Kopfhörern und Hoodie auf die Straße gehen kann und keine Angst haben muss, von der Polizei aufgehalten zu werden.
Deine Eltern sind aus dem Sudan. Was verbindest du mit diesem Land?
Meine Familie ist zwar dort, ich war aber schon seit 13 Jahren nicht mehr im Sudan. Ich bin einfach nicht so ein familiärer Mensch und dadurch nicht so emotional involviert in viele Dinge. Zuhause bin ich einfach in Wien Favoriten und dort bleibe ich auch.
Aufgewachsen im 10. Erzähl‘ ein bisschen von deinem Bezirk.
Mit dem 10. Bezirk verbinde ich vor allem: die 90er Jahre, Sommer, Hort, Oberlaa, Hanson Siedlung, Reumannplatz. Ich kannte die anderen Bezirke Wiens kaum. Was ist die 2er-Linie, was gibt es eigentlich am Ende der Mariahilfer Straße? Auf einmal war das Museumsquartier da und ich dachte mir nur: Was ist das? Ich habe das alles erst im Laufe der Zeit kennen gelernt. Mittlerweile kenne ich mich in Wien aber sehr gut aus und könnte Taxifahrer werden. Mein Lieblingsplätzchen im 10. Bezirk? VIG, Böhmischer Prater und Oberlaa, dort würde ich gerne einmal hinziehen. Und der Eissalon Tichy. Das ist einfach ein Erlebnis, nur die Leute trauen sich meistens nicht in den 10. Selber Schuld.
Woher kommt diese Einstellung gegenüber dem "Problembezirk Favoriten"?
Ich habe den 10. Bezirk nie so angesehen wie viele andere Menschen in Wien. Genauso wenig wusste ich als Kind, dass ich dunkler bin als die anderen. Erst wenn die Leute dir das sagen, wirst du darauf aufmerksam. Wenn die Leute dann einen anders behandeln, beginnen dir einen "Gangster-Handshake" zu geben, dich mit Hip Hop und Marijuana zu assoziieren. Deshalb gebe ich immer nur straight die Hand, damit ich die Leute nicht in den Glauben lasse, sie könnten mit mir und mit anderen so umgehen wie sie es aus dem Fernsehen kennen. Es gib in Wien schon so etwas wie eine Trennung nach Bezirken. Und ich glaube, es gibt im 10. kein Problem. Nur die Leute haben ein Problem und wollen nicht zugeben, was es ist. Oft ist sogar die Rede von "Ghetto", nur die meisten wissen gar nicht, was wirklich ein "Ghetto" ist und wie gut es ihnen geht.
Was würdest du als Bundespräsident als erstes in Angriff nehmen?
Um ehrlich zu sein, befasse ich mich nicht wirklich mit dem Thema Wahlkampf. Mich interessiert mehr, was in den USA abgeht, denn die haben es schlimmer erwischt, bezüglich Krankenversicherung, Studiengebühren etc. Uns geht’s viel besser, auch wenn man nicht viel hat. Ich wünsche mir für die USA ein Sozialsystem wie das, welches wir in Österreich haben.
Du sagtest schon, dass in den USA alles sehr oberflächlich abgehandelt wird. Inwiefern wirkst du mit deiner Fotografie der Oberflächlichkeit entgegen?
Ich fotografiere schon seit zehn Jahren. Mit der Fotografie versuche ich auszudrücken, was mir als Mensch widerfährt. Und zwar sind das Stereotypen, die ich brechen möchte, indem ich zum Beispiel lichtempfindliche Papier zerknülle und diese dann belichte. Dadurch entsteht einen neue Struktur, die eben nicht dem "perfekten, unretuschierten Moment" vieler Menschen entspricht.
Ein kurzer Einblick in deine Ausstellung in der OSME Gallery?
Die Ausstellung war bereits meine dritte Soloausstellung. Ich wollte schon immer eine Portraitserie machen und habe für die Ausstellung in der OSME Gallery Portraitsessions mit unterschiedlicher Lichteinstellungen gemacht, es wir waren auch Fotos dabei, die ich vor einigen Jahren gemacht habe. Ich lasse mich bei meiner Kunst aber immer auf Überraschungen ein und möchte auch die Zuschauer überraschen. Was ich den Leuten aber eigentlich vermitteln möchte, ist ein anderer Eindruck von mir, da mich die meisten nur oberflächlich kennen. Manche kommen dann sogar zu mir und sagen: "Wow, Mahir, ich bin beeindruckt. Ich wusste gar nicht, dass du sowas kannst."
Mahir Jahmal – Face it ist noch bis 1. Mai in der Osme Gallery zu sehen.