Eizellen einfrieren, normiertes Binnen-I, 10 Stunden in New York – Das Jahr war reich an Feminsmus-Themen, mal wieder. Sibylle Hamann ist eine der profiliertesten Autorinnen zum Thema, hat aber auch nicht auf alles eine Antwort.
Die Autorin Sibylle Hamann, derzeit Inhaberin des Theodor-Herzl Lehrstuhls an der Universität Wien, freie Journalistin für "Die Presse", "Falter" und "Emma", Chefredakteurin der "Liga. Zeitschrift für Menschenrechte", Moderatorin, Vortragende und Autorin mehrerer Bücher, ist immer präsente Verteidigerin der Gleichberechtung.
In Salzburg teilt sie sich nun am Open Mind Festival in Salzburg ein Podium mit Sabine T. Köszegi, Professorin an der TU Wien, und Maria Zimmermann, netzfiministische Aktivistin. Beate Hausbichler wird die Diskussion "Wer hat Angst vorm Binnen-I" moderieren.
Wir haben mit Sibylle Hamann über Feminismus und Gleichstellung der Geschlechter geredet und ihr ein paar dieser kaum beantwortbaren Fragen gestellt.
Es gibt ja die unterschiedlichsten Zugänge zu Feminismus und Gleichberechtigung; erklär uns bitte kurz deinen.
Ich glaube fest daran, dass Männer und Frauen nicht zwei verschiedene Sorten Menschen sind. Sondern dass jeder Mensch anders ist. Deswegen sind alle Rollenzuschreibungen an Frauen oder Männer idiotisch und hindern den einzelnen Menschen daran, sich voll zu entfalten. Das gilt für Männer genauso wie für Frauen.
Wie hat sich die Bewegung im Laufe der Zeiten verändert?
Das wär jetzt eine sehr lange Antwort. Für die letzten Jahrzehnte würd ich sagen: Feminismus ist immer mehr Teil des Diversity-Diskurses geworden. Das heißt man hat erkannt, dass Vielfalt in allen Lebensbereichen gut ist, fruchtbar ist, und bessere Ergebnisse bringt, auch ökonomisch. Das macht den Feminismus auch ökonomisch/kapitalistisch nutzbar.
Wie schätzt du die österreichische Frauenbewegung im Gegensatz zur Internationalen ein?
Da seh ich keinen Gegensatz. Wir sind Teil der internationalen Frauenbewegung. Es gibt einige Bereiche, wo Österreich im internationalen Vergleich top ist, etwa bei den Gewaltschutzgesetzen. Schlecht liegen wir zum Beispiel, was die Gehaltsschere betrifft.
Was hältst du von Apples und Facebooks Vorschlag, die Eizellen ihrer Mitarbeiter einzufrieren damit "Kinder ihrer Karriere nicht im Weg zu stehn"?
Grundsätzlich ist es super, dass Frauen ihre Fruchtbarkeit kontrollieren. (Denken wir nur an das schreckliche Elend der Vergangenheit, wo das nicht so war: Die ständige Angst vor Sex, ungewollte Schwangerschaften, illegale Abtreibung etc.) Problematisch am Einzellen-Einfrieren find ich, dass Firmen glauben, sich dann keine Gedanken mehr über die Vereinbarkeit von Elternschaft und Arbeit machen zu müssen. Es sollte für Firmen normal sein, dass Männer und Frauen Kinder kriegen.
Sprache definiert ja Kultur und da gibt es sicher noch einige Probleme; vor Kurzem hat aber Austrian Standards beschlossen, geschlechtersensible Sprache nicht in der ÖNORM zu regeln.
Gut so. Was Sprache betrifft, probieren wir halt grad verschiedenes aus. Einige alte Schablonen der Sprache passen nicht mehr, es gibt Irritationen, das halt ich für gut und lehrreich. Normieren soll man da gar nix.
Wie hast du persönlich die Diskussion rund um Gabaliers Weigerung die offizielle Bundeshymne zu singen mitverfolgt? Wie hast du empfunden? Wie den darauffolgenden Shitstorm gegen Heinisch-Hosek?
Gabalier: Trottel. Shitstorm: Traurig. Erschreckend. Was bitte haben die Leute für ein Problem?
Du hast sicher das Hollaback!-Video gesehn, es gibt ja mittlerweile sehr kontroverse Meinungen darüber. Was hältst du davon?
Hab ich nicht gesehen.
Manche junge Menschen, auch Mädchen, scheinen Feminismus mittlerweile wieder eher zu belächeln, ziehen ihn sogar ins Lächerliche. Welche Gründe siehst du in der Rückkehr zu einem archaischen Rollenbild?
Weil man ihnen jahrelang erzählt hat, Feminismus sei etwas für hässliche, spaßfreie, verklemmte alte Furien. Bei einigen jungen Frauen wirkt das (leider), zumindest eine Zeitlang, und sie glauben, sich ständig vom Feminismus distanzieren zu müssen, um Männern zu gefallen. Andere glauben, Feminismus sei nicht mehr notwendig, weil eh alles schon erledigt ist. Das ändert sich dann nach den ersten einschlägigen Erfahrungen. Dann gibt’s noch jene, die sagen: "Ich bin ja keine Feministin, aber Gleichberechtigung der Geschlechter ist für mich selbstverständlich". Denen muss man erklären, dass sie dann sehr wohl Feministinnen sind.
Stichwort Wirtshaus-Sexismus: kannst du unseren Leserinnen ein paar Tipps geben wie sie auf plumpen Sexismus reagieren können?
Schwierig. Die schlagfertige Antwort fällt einem immer erst später ein.
Was muss sich ändern damit die Geschlechter wirklich gleichgestellt sind? Wann wird es endlich soweit sein?
Hilfreich wäre, wenn mehr Männer endlich kapieren würden, dass Feminismus auch ihr Leben vielfältiger und spannender macht.
Das Open Mind Festival 2014, in diesem Jahr unter Maxime "Erfolgreich erfolglos", gastiert von 13. bis 23. November in der Arge Kultur Salzburg. Das Panel zu "Wer hat Angst vorm Binnen-I" findet am 14. November um 19.30 im Studio der Arge Kultur statt.