Gangsta’s Paradise auf Hunney Pimps Album »Chicago Baby«

*sigh* Hunney Pimp legt mit ihrem zweiten Album die Diplomprüfung im zachen, melodischen Seufzen ab. Mit ihrer Ästhetik steht sie zwischen Mean Girls und alten GanovInnen-Filmen. Ob da sonst noch jemand steht?

© Lisa Kremling

Konzeptalben sind eigentlich etwas altes. Etwas, das nach Progressive Rock und einer Ernsthaftigkeit klingt, die im hyperironisierten 2019 keinen Platz hat. Hunney Pimp ist allerdings eh ein bisschen genervt vom zeitgenössischen Rap – von der Männerdominanz und von der Eintönigkeit. Deswegen hört sich die Rapperin, die ursprünglich aus Salzburg kommt, auch nicht nach der Cloud-Rap-Playlist deines Vertrauens an.

Hunney Pimp und ihr Produzent Melonoid schaffen es, sich ein bisschen von generischen Abziehbildern, Posterboys und -girls der Szene zu lösen und sich sowas wie einen eigenen Sound zu designen. Mal ein bisschen Jazz, mal ein bisschen Oldschool-Rap, mal ein bisschen cloudiger. Hunneys Gesang mit Lykke-Li-Timbre und oft weggeseufzter Mundart macht das ganze hie und da auch mal zu Zuckerpop.

Das alles findet sich auch auf dem neuen Album »Chicago Baby« wieder. Ein Konzeptalbum ist es deswegen, weil sich Hunney Pimp hier als Lebefrau und Gaunerin inszeniert – sprich: als eine, mit der man es sich nicht verscherzen will, und gleichzeitig will man sie unbedingt sein. Ganz bewusst erinnert diese Ganovin-Ästhetik an die Selbstdarstellung zahlreicher männlicher Kollegen in der Gangster-Rap-Erntezeit der 90er und frühen 2000er. Man stellt sich vor, wie Hunney Pimp an einer Zigarre zieht und den Rauch, den sie mit dem Mund ausbläst mit der Nase wieder einatmet, so wie einst Snoop Dogg und Freunde.

Mit der Diva namens Chicago Baby schafft sich Hunney Pimp die ideale Persona in Zeiten, in denen dubioser, goldkettiger Vintage-Untergrund als Refugium für Artschool-Artists jeden Genres funktioniert. Bei Hunney Pimp geht die Liebe zum romantisch-ranzigen Luxus-Lifestyle allerdings weiter als auf der Angewandten. Mit »1000 Blumen« zaubert sie für Chicago Baby zum Beispiel eine im besten Sinne kitschige Hymne, in der sie ein ungewisses Ende mit ihrem Love Interest findet. Wichtig: In ihrer Grundeinstellung bleibt Chicago Baby immer selbstbestimmt, egal welche Gefühle daherkommen. Und da wird Hunney Pimp in ihrer strafrechtlich zu verfolgenden Kunstfigur dann doch noch auf eine Weise zum Vorbild.

»Chicago Baby« von Hunney Pimp erscheint heute bei Phat Penguin. Live wird das Album am 8. November in der Roten Bar präsentiert.

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