Nach fünf Jahren und 24 Kolumnen nimmt unsere »Gender Gap«-Kolumnistin Astrid Exner Abschied – und freut sich auf ihre Nachfolge.
Als diese Kolumne 2016 zum ersten Mal erschien, nahm ich mir vor, nahbar und niederschwellig über feministische Themen zu schreiben, die mein Umfeld beschäftigen. Die Kolumne war für mich auch ein willkommener Ausgleich zum Masterarbeit-Verfassen. Denn damals hatte ich Word hauptsächlich offen, um den Abschluss meines Studiums zu beschleunigen. Umgekehrt inspirierte das Studium dann auch einmal den Inhalt dieser Seite, als meine Professorin eine Anekdote zum Weltfrauentag erzählte und sie mit den Worten »Ich bin bei Gott keine Feministin« einleitete. Sie war bei Gott keine Feministin, aber dass sich zum Weltfrauentag Italienerinnen gegenseitig Blumen schenken, fand sie einfach schnuckelig.
Extrem missverstanden
Fünf Jahre und 24 Kolumnen später stehe ich beim Tierarzt, der mir gerade erklärt, dass er bei Gott kein Feminist ist, aber dass Katzenweibchen »Queens« genannt werden, findet er schon würdig und recht. »Ich bin aber schon Feministin«, kontere ich jetzt, weil ich schlagfertiger geworden bin und mir der Tierarzt sicher keine schlechte Note eintragen kann. Und weil ich finde, dass keine Person das Gefühl haben sollte, sich von dem Begriff Feminismus distanzieren zu müssen, bevor sie eine positive Aussage über Frauen (oder Katzenweibchen) tätigt. Nicht nur, weil ohnehin noch lang kein Feminist ist, wer manchmal auch etwas Nettes über Frauen zu sagen hat. Sondern weil Feminismus noch immer oft als extreme Einstellung missverstanden wird, obwohl es das Gegenteil von extrem ist, simple Chancengleichheit für alle Menschen zu fordern.
Mein Tierarzt kennt meine Katze gut, weil sie ironischerweise dauerrollig und ständig auf der Suche nach der Aufmerksamkeit eines Katers ist, auch wenn ich ihr immer wieder erkläre, dass sie ihr Lebensglück doch bitte nicht von einem Mann abhängig machen soll; vor allem nicht, wenn das bedeutet, dass sie mir die ganze Wohnung vollpinkelt, um ihre Paarungsbereitschaft zu signalisieren. Mein Tierarzt jedenfalls schien mir immer sympathisch und grundvernünftig. Jetzt murmelt er irgendwas von »Feminismus hat den Gentleman getötet«.
Maximal Pseudomitleid
Sein Argument gegen den Feminismus geht ungefähr so: Weil überall nur noch emanzipierte Spaßverderber*innen herumlaufen, liegen ihm die Frauen nicht mehr zu Füßen, wenn er ihnen großmütig die Tür aufhält. Das ist jetzt natürlich total übertrieben formuliert, aber auf derartige vermeintliche Nachteile einer feministischen Grundhaltung kann ich einfach nicht mehr anders reagieren als mit genervt-zynischem Pseudomitleid. Wer (dezidiert) Frauen die Tür aufhalten möchte, tut das ja nicht aus reiner Selbstlosigkeit, sondern erwartet sich meistens Dankbarkeit oder ein sympathisches Lächeln als Gegenleistung.
Nun ist es aber so, dass ich mit meinen starken Spaßverderberinnenarmen ganz wunderbar und problemlos die Tür selbst öffnen kann. Ich brauche keine wortwörtlich aufgehaltenen Türen, wenn mir die metaphorischen Türen nicht offenstehen. Dankbarkeit und ein sympathisches Lächeln gibt es bei mir eher für Dinge, bei denen ich tatsächlich Unterstützung benötige, nämlich gleiche Rechte, gleiche Bezahlung, gleiche Chancen, faire Repräsentation in den Medien und Wissenschaften; und außerdem, I dunno, nicht Angst davor haben zu müssen, umgebracht zu werden, und die Freiheit für alle Menschen, so zu sein, wie sie wollen, unabhängig von veralteten Normen und Geschlechterrollen. Zum Beispiel.
Dankbar bin ich auf jeden Fall für den Platz, den The Gap und seine Chefredakteur*innen und Herausgeber seit vielen Jahren für diese Anliegen zur Verfügung stellen. Weil so etwas noch immer nicht selbstverständlich ist in einer Medienlandschaft, in der sich sogar die als nicht so konservativ geltenden Zeitungen mit allen Mitteln gegen eine inklusive, zeitgemäße Sprache wehren. Wenn an dieser Stelle ab der nächsten Ausgabe eine neue Person übernimmt, wird sie diesen Platz ganz bestimmt dafür nutzen, mannigfaltige feministische Themenkomplexe zu beleuchten und auch intersektionale Aspekte aufzuzeigen, die an den Schnittstellen zu angrenzenden Diskursen stehen. Ich freu mich schon aufs Lesen.
Astrid Exner ist per Mail unter exner@thegap.at sowie auf Twitter unter @astridexner zu erreichen.