Gesangsunterricht bei Edith Piaf

Anna Calvi erzählt im Interview über ihr neues Album "One Breath", Schüchternheit und wie ihr Edith Piaf beim Singenlernen geholfen hat.

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Brian Eno, Nick Cave… die Riege der Musiker, mit denen die Britin Anna Calvi verkehrt, ist eine sehr exklusive. Es kann nicht zu ihrem Schaden gewesen sein: Nach dem vielseitig bejubelten selbstbetitelten Debütalbum (hier geht’s zur The Gap-Rezension) gelingt mit "One Breath" ein eindrucksvolles Follow-Up (auch hier: Rezension).

Zwischen wüstem Telecaster und Streicherbetten tönt die selbstbewusste Flamenco-Rampensau Calvi; Ironie freilich ist es, dass sie beim Skype-Interview dann zu schüchtern ist, das Video anzumachen.

The Gap: Ein signifikanter Punkt, den ich ansprechen will, ist: Du hast erst relativ spät überhaupt mit dem Singen angefangen. Was hat dich so lange davon abgehalten?

Anna Calvi: Ich war ein wenig schüchtern, deshalb hatte ich es sein lassen. Später habe ich dann realisiert, dass das albern ist. Wenn du Songs schreibst, dann solltest du die auch singen. Also habe ich sehr hart daran gearbeitet, bis ich das Gefühl hatte dass ich mich verbessere und auch selbst zufriedener damit bin.

Wieviel musstest du da üben?

Mehrere Stunden jeden Tag. Etwa vier oder fünf Stunden.

Nur du und deine Gitarre?

Ich habe die Musik von Sängerinnen und Sängern angehört, die mir gefielen, etwa Edith Piaf oder Elvis, und dabei versucht herauszufinden, wie die zu ihrem Sound kommen.

Aber du hast nie Gesangsstunden genommen?

Nein.

Wenn man so will hat dir also Edith Piaf das Singen beigebracht?

Eigentlich schon.

Wenn du dich für eines entscheiden müsstest: Was magst du lieber – Gitarre spielen oder singen?

Ich denke, dass das inzwischen eher das Singen ist, weil ich mich als Sängerin sehr wohl fühle. Es ist eine schwierige Entscheidung, weil ich beides sehr gerne habe. Singen ist noch etwas neuer für mich, es ist eher noch so wie die Anfänge einer Beziehung – einer Beziehung mit meiner eigenen Stimme.

Warst du immer schon die musikalische Nonkonformistin, die du jetzt bist? Emo und/oder Punkphasen als Kind? Welche Musik hat dich dort hingebracht, wo du heute stehst?

Meine Eltern hatten eine große Plattensammlung, weshalb ich viel von ihrer Musik angehört habe. Als Teenager hatte ich eine Phase, in der mir Grunge gut gefiel, wahrscheinlich weil das zu der Zeit gerade aktuell war. Klassische Musik hat mir aber auch gefallen.

Zum Beispiel?

Débussy und Ravel waren die ersten beiden Komponisten, mit denen ich mich beschäftigt habe. Dann fing ich auch an, auch minimalistische Komponisten zu hören, wie zum Beispiel Steve Reich oder Philip Glass.

Brian Eno spielt eine entscheidende Rolle in deiner Karriere. Wie ist das passiert? Es ist ja nun nicht gerade so, dass man ihn einfach in einer Bar trifft, um ihm dort über die eigene Musik zu erzählen…

Stimmt. Der Besitzer eines Veranstaltungsorts war ein Freund von ihm. Er erzählte Brian von mir, und ich gab ihm dann meine EP, die ihm sehr gefiel. Er hat mich dann sehr dazu ermutigt, das zu tun.

Bild(er) © Roger Deccker
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