Die vanillig-blumige Duftnote des Spice-Girls-Deos, das obligatorische Victory-Zeichen zur »Girl Power«-Parole und der Spice-Bus, der innen auf wundersame Weise größer ist als außen. Das sind nicht nur Kindheitserinnerungen.
If you want my future, forget my past. Diese Zeilen haben den als Spicemania in die Popgeschichte eingegangenen Wirbelwind losgetreten. Als ich noch gar keine pubertären Schweißdrüsen hatte, besaß ich schon ein Spice-Girls-Deo. Ich war für Girl Power. So richtig mit Pickerlalbum und im Fasching als Mel C verkleidet gehen. Als 1997 The Gap gegründet wurde, bekam ich davon nichts mit. Wie denn auch? Meine ganze Aufmerksamkeit lag auf dem Kinostart von »Spice World«.
Aber Moment mal: Wer mit mir eine Zukunft haben möchte, muss die Vergangenheit vergessen? Das ist wohl der einzige Irrtum meiner sonst unfehlbaren Kindheitsidole. Wer eine Person verstehen will, die in den 90ern mit den Spice Girls aufwuchs, muss ihre diesbezügliche Obsession sehr wohl berücksichtigen.
Botschaft: »Girl Power« in Kinderzimmer
Da kann die Sonic-Youth-Heldin Kim Gordon in ihrer Autobiografie »Girl In A Band« noch so viel lästern. Natürlich waren es Kathleen Hanna und die Riot-Grrrl-Bewegung, die den Boden für die Spice Girls bereiteten. Klar passt deren Grundidee nicht mit einer Marketingmaschine zusammen, die eine von Männern zusammengestellte Gruppe hervorbringt, damit diese sowohl Werbekunden als auch den Male Gaze befriedigt. All das ging allerdings Hand in Hand mit jener breiten Massenwirkung, die die Botschaft »Girl Power« in Kinderzimmer katapultierte.
Wenn Kim Gordon stolz darauf ist, dass ihre Tochter auf dem Spielplatz die Einzige war, die die Spice Girls nicht kannte, dann ist das eine elitäre Meinung. Nicht jeder Mensch bekommt Subkulturen und eine feministische Haltung in die Wiege gelegt. Das Mantra der Spice Girls hingegen hat sich vor 20 Jahren nachhaltig in die Gehirne von Millionen Kindern eingebrannt. Und die Kinder von damals kommen heute in berufliche, private und politische Positionen, in denen sie die Zukunft aktiv mitgestalten können.
Astrid Exner ist Mitbegründerin des Musikblogs Walzerkönig. Sie twittert als @walzerkoenige auch zu den Themen Musikindustrie, Internet und Feminismus.