Düster und abgekühlt – »Kalte Köstlichkeiten« von Grotto Terrazza

Der Münchner Thomas Schamann aka Grotto Terrazza bringt beim Wiener Label Cut Surface seine zweite Platte raus, die sehr gut ins nicht vor­handene Sommer­loch passt.

© Andor Bencze

Zieh das kleine Schwarze an, lass den Kopf hängen und stell dich unter die nächste Nebeldusche, während du die Hände um deine Hüften baumeln lässt! Grotto Terrazza aka Thomas Schamann ist mit seinem zweiten Album am Start, und sommer­licher lässt es sich dieser Tage kaum kränkeln. Die zwölf Tracks, die der Münchner mit »Kalte Köstlich­keiten« – wie schon sein Solodebüt als Cut-Surface-/Maple-Death-Joint-Venture – vorlegt, lassen eine kühle Brise beim Fenster der Melancholie herein, sind aber niemals um ein Augen­zwinkern verlegen.

Nostalgisch schunkeln

Ein warmes Tape-Hiss liefert die vergangene Grund­stimmung für die Platte, die im Pingpong-Verfahren zwischen alt und irgendwie neu, zwischen Vocal-Track und Instrumental­nummer bounct: Springs, Reverbs, vertraut klingende Korg-Sounds – umgarnt von einem rar gesäten, aber eindring­lichen Gesang. Umschrieben wird »Kalte Köstlich­keiten« im Genrehagel als Intersektion von EBM, Drum-Machine-Punk, Cold Wave, Neuer Deutscher Welle und gar Musique concrète – was denn eigentlich nicht? Mit Field-Recordings und einge­spielten Vocal-Samples wurde nicht gespart, oft sind sie als das bereits erwähnte Augen­zwinkern zu verstehen. Und so laden selbst die Skits und Kürzest­nummern »Preludio«, »Dusty Kapers« und »Neurolink« zum schmun­zelnden Replay ein.

Thematisch bewegen sich die zwölf Tracks in der maroden Morbidität der nächtlichen Dunkelheit. Hauptsache, es klingt düster und abgekühlt, denn im nicht wirklich statt­findenden Sommer­loch sind es doch die Gemüter, denen Überhitzung droht. Die Gassenhauer des Albums, die sich hauptsächlich auf der Uptempo-B-Seite finden, zwingen zum blutleeren Tanz. Auch die tatsächliche Krankheit kommt nicht zu kurz. Mal direkt aufs Auge (»Krank in the City«, »Tropische Krankheiten«), mal subtiler (»Der Zauber­geselle«). Und weil Recycling heut­zutage der letzte Schrei ist, gibt’s noch etwas Bekanntes obendrauf: »Was leben will, muss sterben können« hört man in »Kurze Arme«, das erinnert doch sehr an die Nummer »Was leben will muss sterben« vom Solo­debüt. Gewohn­heit sticht!

Grotto Terrazza »Kalte Köstlichkeiten« © Rosa Kammermeier

Das Album »Kalte Köstlichkeiten« von Grotto Terrazza erscheint am 26. August 2022 bei Cut Surface bzw. Maple Death Records.

Newsletter abonnieren

Abonniere unseren Newsletter und erhalte alle zwei Wochen eine Zusammenfassung der neuesten Artikel, Ankündigungen, Gewinnspiele und vieles mehr ...