In Österreich werden wieder Labels gegründet. Eine Reihe von Produzenten und Veranstaltern aus Techno, House und gemischten Beats schickt sich an unter den neuen Bedingungen der internationalen Musiknetzwerke ihre Tracks unter die Leute zu bringen. Wir stellen sie in einer Serie vor.
Mit dem wiedererstarkten Vinylverkäufen, der Zunahme an Produzenten (ohne Release kein internationales Ansehen), nimmt nun auch in Österreich, vor allem in Wien, die Labellandschaft zu. Überall sprießt es wild und die Euphorie ist groß – aber nicht so wie kreischende Teens losjagen, sondern wohl überlegt und nicht uninformiert über den klapprigen Status Quo des momentanen Musikbusiness. Was sind aber genau die Beweggründe zur Gründung eines eigenen Labels? Was erwartet Gründer und womit müssen sie rechnen?
Moun10 besteht aus vier Personen, die seit einigen Jahren in unterschiedlichen Bereich des Clubgeschehens in Wien tätig sind: Von der eigenen Radiosendung, über das Veranstalten von Parties und Festivals, Auflegen und Produzieren bis hin zum Clubtagesgeschäft. Johanna Mayr-Keber, Marlene Engel, Mateusz Najder und Rana Farahani bündeln in ihrem Label das nötige Wissen um mit guten Gewissen die ersten Wiener Anlaufstelle in Sachen Post-Dubstep, UK Bass und Artverwandtem zu werden. Rana aka Fauna aka Shitkid ist seit einigen Jahren als erfolgreiche DJ tätig und ihre Produktionen siedeln sich neuerdings in Bereichen zwischen schunkelndem Ambient und runtergestrippten Downbeats an. Johanna aka Joja hat ihre eigene Radiosendung auf Superfly und kümmert sich seit einigen Wochen mit um das Booking des Market. Dort war Mateusz Najder hinter der Bar tätig, wenn er nicht gerade hinter der Kamera stand. Marlene war mehrere Jahre im Team des Festivals sound:frame tätig und mit ihrem Synonym Hitney Wousten macht sie sich daran als DJ die nächste Bassqueen von Wien zu werden.
Warum habt ihr das Label gegründet?
Aus Liebe zur Musik. Jeder einzelne von uns ist auf seine Art und Weise seit Jahren mit Musik beschäftigt. Dabei sind uns zahlreiche talentierte KünstlerInnen begegnet, die auf der Suche nach einem passenden Label waren. Wir sehen Musik nicht als stand alone art und wollen mit moun10 kreative Menschen zusammenführen. Musikalisch geht jede/r KünstlerIn einen eigenen kreativen Weg, dem wir als Label eine Plattform und organisatorischen Rahmen bieten wollen.
Was war der schwierigste Schritt beim Gründen des Labels?
Wir haben grundsätzlich einfach gegründet. Soweit wir uns erinnern war die Suche nach einem passenden Namen bislang am schwierigsten. Dann galt es die rechtliche Lage zu klären: Verein, Verträge mit KünstlerInnen, Urheberrecht, LSG, AKM bzw. PRM usw. Alles andere ging uns leichter von der Hand. Kontakte zu Musikern und Ideen hatten wir wie Öl im Meer. An einigen Schrauben muss bis März noch gedreht werden, darunter die Abstimmung der Promo und PR Arbeit. Besonders im Online Bereich war nicht gleich klar wie man am besten mit der Lage von freier Musiknutzung im Internet umgeht. Unser Fazit ist in jedem Fall, sich auf Gesamtprodukte zu konzentrieren. Das Paket muss individuell stimmen: Musik, Artwork, Video. Nicht zuletzt ist die Aufgabe eines modernen, jungen Labels auch die eigenen KünstlerInnen zu managen. Wir setzen dabei auf eine partnerschaftliche Zusammenarbeit.
Was ist dein/euer Plan in den nächsten zwölf Monaten?
Momentan dreht sich alles darum die ersten Releases im April fertig zu haben. Das erste Label-Showcase mit Rounds, IVVVO und shitkid ist am 30. März in der Pratersauna, internationaler support kommt von xxxy und Holy Other. Wir erhalten noch diesen Monat die ersten Remixe, besonders gespannt sind wir auf Anenon und Sun Glitters. Die Live Show von Anenon, Labelchef von NON Projects, der im Dezember im Market aufgetreten ist und 2011 die Red Bull Music Academy in Madrid eröffnet hat, war bestimmt eine der Besten, die wir im letzten Jahr hören durften!
Es werden 2012 mehrere EPs erscheinen – je nach Förderlage zum Teil „nur“ digital. Der Umfang von Videoproduktionen ist ebenfalls davon anhängig. Zweites Standbein sind eigene Events. 2011 hatten wir bereits Jacques Greene, Disclosure, Kidnap Kid und so weiter zu Gast. Nächster Termin ist vorerst der 21. Jänner mit Andy Stott vom Manchester Label Modern Love und Zanshin im Market.
In welche musikalische Richtung wird sich das Label bewegen?
Wir können und wollen Musik nicht kategorisieren. Musikempfinden ist unserer Erfahrung nach sehr subjektiv. Oft wird Musik von einigen als „dark“ bezeichnet während sie für andere harmonisch und berührend ist. Eine Richtung, wenn es so überhaupt gibt, wird also nie ausreichen. Schliesslich lässt sich selbst ein Vektor durch zwei bis n Komponenten darstellen. Uns persönlich gefällt Musik dann, wenn sie etwas in uns bewegt. So gesehen ist „emotional“ wohl die beste Beschreibung für unsere Releases. Alle KünstlerInnen am Label haben ihren eigenen Background, erzählen ihre eigene Geschichte. Wir haben einen Premaster online gestellt: www.moun10.fm. Die EP der Band erscheint im April.
Wo und in welcher Form werden die Releases erhältlich sein?
Wir sind aktuell mit einigen Distributionspartnern im Gespräch. Wenn alles nach Plan verläuft werden die Releases digital auf allen gängigen Plattformen (bleep, boomkat, itunes..) erhältlich sein und Vinyl in den Stores, die nach Erhalt der Testpressung Bestellungen aufgeben… Sollten alle Stricke reissen gibt es immer noch soundcloud, itunes, bandcamp und eigenen Vertrieb.
Die Entwicklungen von Clouds und Streaming-Diensten sowie Konzepte zur Kultur- und Musikflatrate verfolgen wir mit grossem Interesse. Sobald es ein punktgenaues System zur Abrechnung von online Musiknutzung mit den Urhebern gibt, werden wir den entsprechenden Service unterstützen.
Fotos / Artworks: Leonhard Lass
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