»Ich hätte meinen rechten Arm dafür gegeben« – Hozier im Interview

Der irische Sänger Andrew John Hozier-Byrne erzählt im Interview über die Lieder seines zweiten Studioalbums »Wasteland, Baby!«, über Sexualität und religiöse Konzepte in einigen der Texte, über seinen Podcast »Cry Power« und über seine gemischten Gefühle bezüglich der Zusammenarbeit mit Ballettstar Sergei Polunin.

Eine deiner Songzeilen lautet: »With the same sweet shock of when Adam first came.« Eine etwas andere Betrachtung des Verlusts der Unschuld und des Paradieses …

Ja, ich betrachte den Verlust von Eden als eine positive Sache, oder zumindest als etwas, das die Menschen aus einer Situation befreit hat, in der sie nicht frei denken oder die Dinge erkunden durften. Diese Geschichten spiegeln immer noch oft die Art und Weise wider, wie unsere Gesellschaft denkt, wobei Eva die Versuchung und die Ursache für den Fall des Menschen darstellt.

»Take Me To Church«, dein Megahit, wurde noch vor dem Referendum über gleichgeschlechtliche Eheschließungen in Irland veröffentlicht. Wurdest du jemals darauf angesprochen, dass dein Lied und dessen Botschaft direkten Einfluss darauf gehabt habe, wie jemand abgestimmt hat?

Ich bekam von Anfang an eine Vielzahl von Rückmeldungen auf das Lied, als ich noch in der Lage war, jede Nachricht auf Facebook zu lesen. Es waren Menschen, die entweder von zu Hause abhauen mussten oder Gewalt erlitten, nachdem sie sich geoutet hatten. Sie erzählten ihre Geschichten, was sowohl heftig als auch interessant war.

Mich hat das Lied im Zusammenhang mit dem Referendum bewogen, einen Blick auf die irische Verfassung zu werfen. Ich war etwas überrascht, dass die Scheidungsregeln als solche in der Verfassung festgelegt sind, und auch davon, wie rigoros sie sind.

Ja, ein Wahnsinn, oder? Aber da fällt mir eine lustige Geschichte ein: Beim Referendum ging es ja konkret darum, ob gleichgeschlechtliche Ehen verfassungskonform sind. Da die Verfassung in irischer Sprache zu interpretieren ist, war es nach dem Referendum einige Tage so, dass aufgrund der neuen Situation und der alten irischen Formulierungen die Ehe von heterosexuellen Paaren unbeabsichtigt verfassungswidrig war.

Du bist ein irischer »Weltbürger« – damit beziehe ich mich auf »Cry Power«, deinen Podcast, den du mit der Plattform Global Citizen gestartet hast. Das erste, sehr interessante Interview hast du mit Annie Lennox geführt. Könntest du vielleicht mehr über die Hintergründe des Podcasts erzählen?

Global Citizen versucht, verschiedene Wege aufzuzeigen, wie Menschen das Leben anderer in Entwicklungsländern verbessern können. Sie kamen auf mich zu und wir haben überlegt, dass ich Gespräche mit KünstlerInnen darüber führen sollte, welche Ressourcen ihnen zur Verfügung stehen, um in der Welt Veränderungen zu bewirken. Was inspiriert und motiviert sie dabei? Ich hatte ein wunderbares Gespräch mit Annie und auch mit Bono (Vox; Anm. der Red.), die so viel in diesem Bereich getan haben. Aber etwa auch mit Nick Rollo, der ein Vertreter von Amnesty International ist und sich mit Fragen der modernen Sklaverei beschäftigt.

Die Gespräche werden also nicht nur mit KünstlerInnen geführt?

Genau. Ich wollte sicherstellen, dass wir einige KünstlerInnen und große Namen dabeihaben. Aber es ist auch wichtig, Menschen vorzustellen, die in ihrer Eigenschaft als BürgerInnen begonnen haben zu helfen und ohne eine riesige Plattform von Grund auf etwas aufgebaut haben. Es ist sehr faszinierend.

Das lässt mich an deinen Song »Movement« vom neuesten Album denken. Im dazugehörigen Video tanzt der höchsttalentierte Sergei Polunin, den du auch im Songtext namentlich erwähnst. Er hat seither einige Aussagen gemacht, die dem meisten von dem widersprechen, wofür du stehst.

Er scheint mit solchen Aussagen breit zu schießen, aber ich kenne ihn persönlich nicht wirklich gut. Ich denke, wir hatten – aus der Ferne – eine große gegenseitige Bewunderung für die Arbeit des jeweils anderen. Seine Performance im David LaChapelles Video zu »Take Me To Church« beeinflusste die Entscheidung, ihn für »Movement« anzufragen. Ich habe ihn in diesen Tagen der Dreharbeiten beobachten können. Er ist ein sehr ruhiger Mann, fast als wäre er unglaublich schüchtern. Es ist schwierig ihn kennenzulernen, mit ihm auch nur beiläufig zu sprechen, weil er in der Performance vertieft ist.

Hast du mit ihm darüber seither sprechen können? Vielleicht wäre dies auch ein schönes Beispiel für Aktivismus im Alltag, auch wenn es zu keinem Ergebnis führen sollte.

Das stimmt, aber es ist natürlich schwierig, wenn man keine persönliche Beziehung zu jemandem hat. Tatsächlich haben wir uns an sein Management gewandt, um ihn zu fragen, woher diese Haltung kommt. Aber ich hatte das Gefühl, dass vielleicht nicht mal seine Leute wissen, was in seinem Kopf so vor sich geht. Ich kann nicht für sie sprechen, aber ich denke, das könnte möglicherweise der Fall gewesen sein. Es bereitet mir aber immer noch Kopfschmerzen.

»Wasteland, Baby!« von Hozier ist bei Island Records erschienen.

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