In Wien im Kaffeehaus

Noch gibt es sie, die klassischen Wiener Kaffeehäuser. Mondän, feudal, imperial. Zeugen des Lebensstils eines Bürgertums, das es schon längst nicht mehr gibt…

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Das Kaffeehaus – ein Platz um zu sitzen, zu arbeiten, zu schreiben, zu diskutieren, zu politisieren und zu schwadronieren, die Zeitungen zu lesen oder einfach Zeit verstreichen zu lassen.

Aber die Branche kriselt, wie es der Kurier unlängst auf den Punkt brachte: Mieterhöhungen, Mietvertragsänderungen und notwendige Investitionen aufgrund der neuen Nichtrauchergesetze lassen immer wieder Betriebe ins Straucheln kommen. Von bis zu 30% Umsatzeinbrüchen in den neu geschaffenen Nichtraucherlokalen oder Fastnichtraucherlokalen ist die Rede. Erwischt hat es zum Beispiel das Café Servus auf der Mariahilferstrasse, das nach über 70 Jahren als Familienbetrieb aufgegeben hat. Die Homepage des Kaffeehauses gibt es noch; dort wollen die ehemaligen Betreiber eine etwaige Wiederauferstehung verkünden.

Glücklicherweise gibt es auch Positives zu berichten. Das Café Ritter auf der Mariahilferstraße konnte durch Neuübernahme vor dem Zusperren gerettet werden. Oder das Café Schopenhauer im 18. Bezirk, das nach längerem Leerstehen wieder geöffnet hat. Dass es dort ausgerechnet samstags und sonntags kein Frühstück a la Carte, sondern bloß einen wenig einladenden Brunch gibt, ist eine andere Geschichte. Auch das Café Museum ist wiederauferstanden. Dass die Preisgestaltung dort irrwitzig ist, ist ebenfalls eine andere Geschichte. Besser ein teures Kaffeehaus als eine Modekette…

Eine Bestandsaufnahme der aktuellen Kaffeehaus-Szene in Wien bietet der soeben in Neuauflage erschienene Führer „Kaffeehäuser in Wien“ aus dem Falter Verlag, der den Anspruch stellt, „die schönsten, wichtigsten und skurrilsten Kaffeehäuser der Stadt“ zu beschreiben. Dieser Guide erschließt neben den Traditionskaffeehäusern in eigenen Kapiteln Konditoreien und moderne Spielarten des Kaffeehauses wie zum Beispiel Coffeeshops (Coffee to go) oder hippe, junge Häuser (siehe Phil oder Cafe Urania).

Christoph Wurmdobler gibt sich als großer Kenner der Materie, als Enthusiast. Seinen Beschreibungen der einzelnen Kaffeehäuser stellt er ein Kaffeehaus-ABC von „Arbeitszimmer“ über „Hart sitzen“ bis hin zu „Zeit“ voran und unterhält vorab mit ein bisschen Szenegeschwätz und (Gast-) Beiträgen über Billard und das Kartenspielen im Café. Das stattet Neulinge und Touristen launig und informativ mit dem nötigen Grundwissen und den angebrachten Dos und Don`ts im Kaffeehaus aus. Dass zum Beispiel in einem echten Wiener Kaffeehaus „die Melange nie, niemals, never ever mit Schlagobershäubchen serviert wird“ ist einer der Grundsätze, den man einfach wissen muss.

Alphabetisch folgen die Beschreibungen der einzelnen Häuser, die im Stichwortverzeichnis auch sehr hilfreich nach Bezirken geordnet sind. Die kurzweiligen Beschreibungen der Traditionshäuser nehmen löblicherweise den größten Teil des Führers ein und fördern immer wieder Wissenswertes zu Tage: Welche Geschichte sich hinter den Häusern verbirgt, wer hier berühmter Stammgast war oder welche Eigenheiten das Kaffeehaus hat. Dieser Teil lädt zum Lesen und Schmökern ein – auch wenn man noch nie eine Fuß in das betreffende Café gesetzt hat. Kurz fällt der Coffee to go Teil aus – über diese Pappbecher-Lokalitäten gibt es tatsächlich wenig Wissenswertes zu berichten. Wer gerne Süßes hat, findet im Konditoreien-Teil Kalorienbombenempfehlungen ohne Ende…

Zahlreiche Fotos fördern die Lust auf eine Entdeckungsreise.

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