It’s the Finanzmarkt, Oida!

Crowdfunding, Bürgerbeteiligung und windige Bankgeschäfte: Wie die Finanzmarktaufsicht (FMA) der unkomplizierten Umsetzung guter Ideen im Weg steht. Und damit zumindest dem Wirtschaftsstandort Waldviertel schadet.

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Wem dieser Tage ein paar Euro im Monat übrig bleiben, dem fällt es nicht leicht, sie halbwegs sinnvoll auf die Seite zu legen. Das Risiko ist hoch, dass das Geld verloren geht. Denn, das haben die wirtschaftlich turbulenten letzten Jahre gezeigt: Es gibt keine Sicherheiten. Selbst wenn der Staat für Bankeinlagen haftet, muss er sich das Geld – no, na – über Abgaben oder Kürzungen auf Umwegen zurückholen. Für die von Kriegen geschundene Großelterngeneration war all das vermutlich common sense. Uns mehrheitlich in den im Rückblick geschützt erscheinenden Verhältnissen der 80er, 90er und frühen Nuller Jahre Sozialisierten wird das erst jetzt so richtig bewusst. Sicherheit war gestern. Oder wahrscheinlich auch damals ein Trugschluss.

Umso absurder, dass zwar permanent unternehmerisches Denken, private Initiative und Eigen-Engagement propagiert wird, dieses aber – findet es tatsächlich statt – unterbunden wird. Um uns vor uns selbst zu schützen, um unsere Risiken zu minimieren. 50.000 Euro Geldbuße oder eine Ersatzfreiheitsstrafe drohen dem »Waldviertler«-Schuhfabrikanten Heinrich Staudinger. Weil er Schwierigkeiten hatte, sich von Banken Geld zu leihen, wandte sich der Unternehmer direkt an seine Kundschaft und garantierte dieser im Gegenzug einen fixen Zinssatz. Mit Erfolg. Drei Millionen Euro kamen auf diese Weise zusammen.

Das System fickt zurück

Die Aktion gäbe ein wunderbares Beispiel in Sachen Crowdfunding ab (wie die »Schwarmfinanzierung« seit ein paar Jahren genannt wird). Laut Ansicht der Finanzmarktaufsicht (FMA) haben wir es allerdings mit »verbotenen Bankgeschäften« zu tun. Und die wären zu ahnden.

Nicht nur, dass wir alle erst gelernt und dafür bezahlt haben, dass auch Banken kein sicheres Händchen für den Umgang mit Geld haben. Auch die FMA hat in der Vergangenheit Investments in – wie wir heute wissen – zumindest fragwürdige Konstruktionen gutgeheißen. Ein bisschen Namedropping: Meinl European Land, Immofinanz, A-Tec. Für Anleger waren das keine allzu erfreulichen Geldgeschäfte.

Nein, natürlich ist nicht die Finanzmarktaufsicht dafür zur Verantwortung zu ziehen, dass sie tut, wofür sie 2002 von Gesetzes wegen geschaffen wurde – nämlich als Institution ein gesundes Misstrauen gegenüber Geldgeschäften zu hegen. Doch sie offenbart einen Fehler im System (vermutlich nicht den einzigen), der schleunigst behoben gehört. Es muss möglich sein, auch abseits von klassischen Banken, Geld anzulegen, ohne dass diejenigen, die das Geld in sinnvolle, potenziell gewinnbringende Projekte stecken, automatisch als windige Gesellen abgeurteilt werden. Das gehört gesetzlich geregelt – wie das in den USA seit Obama I der Fall ist. Nicht zufällig lautet das entsprechende Gesetz auf den Titel JOBS Act – JOBS für »Jumpstart Our Business Startups Acts«. Gilt doch Crowdfunding in den USA als bewährte Methode, um innovative Ideen und Geschäftsmodelle auf unkonventionelle Weise zur Verwirklichung zu helfen. Das schafft Jobs und Wachstum dort, wo es wirklich sinnvoll und notwendig erscheint. Das wäre gerade auch in einer sonst von Abwanderung und Niedergang geprägten Gegend wie dem Waldviertel der Fall.

Thomas Weber, Herausgeber, @th_weber

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