Keine halben Sachen

Unbekannte Autoren. Aus Österreich. Belletristik. Wirtschaftlich gesehen sind das nur selten die Zugpferde eines Verlags. Ein österreichischer Sachbuchverlag startet jetzt trotzdem genau damit.

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Hugo Portischs "Österreich I" und "Österreich II" sind nicht gerade das, womit man Leute unter 40 begeistert. Die beiden legendären Geschichtswälzer, die später sehr erfolgreich fürs Fernsehen adaptiert wurden, sind bei Kremayr & Scheriau erschienen. Kremayr & Scheriau ist das, was man einen renommierten Sachbuchverlag nennt. Seit 1951 bietet er eine Plattform für politische Themen und Zeitgeschehen. Das "literarische Sachbuch" ist ihnen ein besonderes Anliegen. Neben Hugo Portischs Opus Magnum findet sich dort etwa auch das "Wien-Lexikon", ein Standard-Nachschlagewerk, Karim El-Gawharys Berichte aus der Arabischen Welt und Biografien von Niki Lauda bis Erhard Busek. Kurzum: souverän, gediegen und ein bisschen altvatrisch. Die Cover, die sich seit Mitte August dazugesellen, stechen da gleich ins Auge. Man spielt mit dem Weißraum und stimmt die Typografie perfekt darauf ab, würde ein Grafiker wohl sagen. Und zwar Schriftmischungen mit Handschrift und Retroblümchen ("Das Tortenprotokoll" von Marianne Jungmaier) oder haptische Effekte mit glänzenden Pfeilen in Neonfarben (Irmgard Fuchs). Sie gehören der neuen ambitionierten Literaturschiene an, die sich jungen Stimmen österreichischer Gegenwartsautoren verschrieben hat.

Wieso das jetzt?

"Diese Frage wird uns oft gestellt", so die Verantwortliche, Tanja Raich, "und ganz ehrlich: Wir machen Literatur, weil wir Lust drauf haben." Lust, neue Autorinnen und Autoren zu entdecken, anspruchsvolle Literatur zu machen und sie originell zu verpacken. Da ist man zuerst einmal gerne skeptisch gegenüber Newbies. Das Literaturgeschäft ist auch durch (Markt-)Regulierungen vergleichsweise träge. Wandel ist nichts, was einem in der Branche so schnell in den Sinn kommt. "Erst wenn man 200 Prozent davon überzeugt ist, kann es funktionieren. Wenn man nur halbe Sachen macht, halbgute Bücher, halbherzige Cover, kann man sich als Sachbuchverlag nicht im hart umkämpften Bereich der Literatur behaupten."

Es ist ein Mix aus Wahnsinn, Langeweile, Leidenschaft. Geldgier gehört sicher nicht dazu, denn mit Büchern macht man nicht das große Geld, wenn man keinen Harry Potter in der Lade hat. In erster Linie gehört Leidenschaft dazu, das Bedürfnis, den bestehenden Publikationen noch was hinzuzufügen, das es in der Form nicht gab. Schon mit den Sachbüchern zielt man auf aktuelle Themen ab um zur Diskussion anzuregen. "Die Flüchtlingsdebatte ist uns da im Herbst ein besonderes Anliegen." Dazu gibt es den Roman des Asylrechtsberaters Daniel Zipfel im Programm.

Bei der jährlich vergebenen Verlagsförderung haben Bücher österreichischer Urheber Vorrang. Das Lesepublikum soll ein breites Angebot mit einer großen literarischen und thematischen Vielfalt erreichen. Natürlich findet Tanja Raich, dass die Verlagsförderung eine gute Sache ist, doch auch das Sachbuchprogramm sei subventioniert, allerdings nicht jedes Jahr. "Die Förderung gibt uns die Möglichkeit, Titel zu machen, die wir aus finanzieller Überlegung nicht machen könnten, sie finanziert aber nicht annähernd unser Literaturprogramm, geschweige denn unser gesamtes Verlagsprogramm."

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