Gift in Getränken hat eine lange Geschichte. Von mythologischen Giftbechern über mittelalterliche Giftringe bis hin zum filmischen Topos von Gift im Tee reicht die Spanne. Was in solchen Erzählungen nicht immer realistisch ist, wird in Form von K.-o.-Tropfen zur aktuellen Realität. K.-o.-Mittel sind heimlich verabreichtes Gift. Welche Konsequenzen sie haben können – persönlich wie gesellschaftlich –, beleuchten wir hier.
FAQ K.-o.-Tropfen
Rund um K.-o.-Tropfen gibt es viele Mythen, Unklarheiten und Halbwahrheiten. Hier versuchen wir – nach Rücksprache mit Expert*innen – die wichtigsten Fragen zu beantworten.
Was sind K.-o.-Tropfen?
Bis zu 134 Substanzen fallen unter den Sammelbegriff K.-o.-Mittel. Zumeist werden jedoch Liquid Ecstasy (GHB, GBL) oder Rohypnol damit verbunden. Praktisch sind alle bewusstseinstrübenden Mittel gemeint, die anderen Menschen ohne deren Wissen verabreicht werden. Ziel ist eine Minderung ihrer Urteilsfähigkeit, ihrer Fähigkeit, Konsens auszudrücken, oder ihres Bewusstseins. Insofern kann es sich dabei auch um zusätzlich verabreichten Alkohol oder legal erhältliche Medikamente handeln.
Welche Symptome lösen sie aus?
Als Symptome gelten Beeinträchtigung des Bewusstseins, Schwindel und Desorientierung. Die Symptome treten in der Regel plötzlich auf und passen nicht zur Menge an bewusst konsumiertem Alkohol (oder anderweitigen Freizeitdrogen). Einige Mittel können auch zu kurzzeitigem Gedächtnisverlust, Minderung der Artikulationsfähigkeit, Übelkeit oder Regungslosigkeit führen.
Wie wirken K.-o.-Tropfen?
Unter den 134 erfassten Substanzen gibt es mehr als einen Wirkmechanismus. »Was wir aber wissen ist, dass Rohypnol, ein Benzodiazepin, eine Bindungsstelle am GABA-Rezeptor hat. Alkohol steuert diesen an einer anderen Stelle an, dadurch kann sich die Wirkung unvorhersehbar verstärken, schließlich wirkt Alkohol auch über andere Wege«, so Margot Ernst, Neuropharmakologin mit Fokus auf GABA-Rezeptoren an der Medizinischen Universität Wien. GABA, kurz für Gamma-Aminotbuttersäure, ist der wesentliche inhibitorische Botenstoff im Gehirn. »Die Narkosewirkung kommt durch eine Hemmung des Hirnstamms zustande. Die Amnesie womöglich durch eine Funktionsbeeinträchtigung des Hippocampus, der für die Überführung von Informationen aus dem Kurzzeit- ins Mittelzeitgedächtnis zuständig ist«, erklärt Ernst.
Können K.-o.-Tropfen tödlich sein?
Praktisch alle K.-o.-Mittel können in Überdosis lebensgefährlich sein, eine Kombination mit Alkohol erhöht diese Gefahr. K.-o.-Tropfen können zur Atemdepression, also zu reduzierter bis gestoppter Atmung führen und damit zum Tod.
Gibt es ein Gegenmittel?
Nicht generell. »Bei Benzodiazepin-Vergiftung gibt es ein Gegenmittel, das intravenös gegeben werden kann, ein One-pill-cures-it-all-Antidot für K.-o.-Tropfen gibt es aber nicht«, so Ernst. Betroffene mit Verdacht auf Benzodiazepin-Vergiftung sollten also das nächstgelegene Spital aufsuchen. Sollte bereits eine Atemdepression eingetreten sein, kann es aber schon zu spät sein.
Wie sieht die Gesetzeslage aus?
Die Verabreichung von K.-o.-Tropfen stellt eine Körperverletzung dar, die mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr geahndet wird. Kommen noch sexuelle Handlungen oder Raub hinzu, kann sich das Strafmaß auf bis zu zehn Jahre erstrecken. Zudem ist der Besitz mancher Substanzen unter dem Suchtmittelgesetz verboten.