Das herzliche Kurzfilmfestival Shortynale in Klosterneuburg geht in die nächste Runde. Wir haben uns bei Christoph Rainer, dem Film-Präsentator und Moderator der Shortynale, nach den Highlights aus dem diesjährigen Programm und dem Erscheinen seiner sympathischen Mutter erkundigen dürfen.
Der Jetlag von Christoph Rainer ist einer von mehreren Running-Gags um die Shortynale, die einfach schon dazugehören. Der Filmemacher, der eigentlich in New York lebt, gehört zum hochmotivierten Team um das Kurzfilmfestival mit Sitz Klosterneuburg, das kaum Strapazen für einen gelungenen Ablauf der dort wohl filmaffinsten Tage des Jahres scheut. Welche Philosophie hinter der Shortynale steckt, auf welche Programmpunkte man sich heuer besonders freuen kann und ob seine Mutter auch wieder mit dabei ist, haben wir Christoph Rainer gefragt.
Die Shortynale wird heuer zum achten Mal stattfinden. In eurer Veranstaltungsankündigung schreibt ihr in Anlehnung an Billy Wilders Filmklassiker, dass euer Festival nun das entscheidende Jahr in der Liebe – nämlich das verflixte siebte – unbeschadet überstanden habe. Tatsächlich hat man im vorigen Jahr gespürt, dass das Feuer im herzlichen Team immer noch brennt. Welche Faktoren haben – neben dem Zeigen guter Filme aus Ö, D und CH – beim Überstehen des 7. verflixten Jahres mitgeholfen?
Das Feuer brennt mehr denn je, doch die Tatsache, dass unser Festivalteam nicht mehr, wie vor acht Jahren, aus einer Horde idealistischer Studenten und Studentinnen besteht, sondern wir alle mittlerweile Vollzeitbeschäftigte, Eltern oder Weltbummler geworden sind, hat dem Bestehen des extrem unterbudgetierten Festivals besonders im letzten Jahr die existenzielle Frage aufgeworfen: ist es Lebensplanungs-technisch verantwortbar jeden Sommer nach wie vor für quasi kein Geld die Leinwand zu hissen und den roten Teppich auszurollen, damit sich für die Shortynale im Herzen Klosterneuburgs für einige Tage wieder nur alles um den kurzen Film dreht? Nach einigen Umstellungen und der neuen Leitung (rund um meinen Namensvetter Robert Rainer) konnten wir diese Frage mit einem deutlich und leidenschaftlichen Ja für uns beantworten. Darum freuen wir uns über alle Maßen dieses Jahr wieder Gäste zu unseren Kurzfilm-Festspielen in Klosterneuburg einzuladen.
Euer Publikum schaut bei freiem Eintritt und könnte – vor allem alterspezifisch – nicht diverser sein. Gibt es in Klosterneuburg generell eine ungewöhnlich hohe Filmbegeisterung? Inwiefern spielt auch Stefan Ruzowitzkys Wahlheimat Klosterneuburg und die eigene Kategorie „Bester Film Klosterneuburg“ (für Filme von Locals) eine Rolle?
Solche lokalen Filmkoryphäen wie Stefan Ruzowitzky oder auch Peter Patzak zaubern natürlich einen sanften Hauch von Hollywood in die überschaubare Babenbergerstadt, aber ob man von einer ungewöhnlich hohen Filmbegeisterung in Klosterneuburg sprechen kann, bin ich mir nicht sicher. Wir sehen unsere Aufgabe auf jeden Fall darin, die Klosterneuburger mit unserer Leidenschaft für das Kino anzustecken und sie auch zu inspirieren, selbst Filme zu machen. Unser Klosterneuburger Block hat sich seit dem Beginn der Shortynale vor acht Jahren immer größerer Beliebtheit erfreut und viele Klosterneuburger angestiftet nun selbst zur Kamera zu greifen, weil sie eben nun die Chance sehen, den Film bei uns auf der großen Leinwand zu präsentieren. Besonders immer mehr junge Menschen werden aktiv und so kam es, dass wir letztes Jahr einige Schulfilme, Lego-Animationen und sogar einen vier-jährigen Preisträger in der Klosterneuburger Werkschau vertreten hatten.
Als Moderator sprintest du mit dem Mikro zwischen Bühne und Sitzbereich hin und her und bringst – neben einem hohen Entertainmentfaktor – auch deinen fachlichen Hintergrund als Filmemacher mit. Generell räumt die Shortynale Fragen und Meinungen aus dem Publikum viel Zeit ein – immer gern gesehen dabei ist weiser Input von deiner Mama – wie bewertest du andere Filmfestivals ohne eine solche aktive Publikumsbeteiligung, deren Abläufe eher formeller sind? Und ganz wichtig: Wird deine Mama auch heuer wieder mit dabei sein?
Meine Mutter wird natürlich auch dieses Jahr bei der Shortynale nicht fehlen – sie ist zu einem festen Bestandteil des Festivals geworden. Für mich ist sie der Inbegriff des Shortynale Spirits: "laienschaftlich"! (lacht)…das ist nun eine Wortneuschöpfung! Gemeint ist, dass man das Kino als Gemeinschaft feiert, in der jeder eingeladen ist. Alt und jung, Laie und Profi, Filmstudent und Oscar-Preisträger. Alle treffen sich bei uns auf einer Augenhöhe und teilen gemeinsam die Leidenschaft am Kino. Darum war uns auch von Anfang an so wichtig, den Eintritt immer kostenfrei zu machen, sodass wirklich jeder zu uns ins Kino kommen kann. Nur eine fachmännische Elite anzusprechen und eine Auswahl an Filmen bierernst zu präsentieren, wäre das Gegenteil, wofür wir mit unserer Arbeit brennen.
Letztes Jahr hast du auf der Bühne mit Ulrich Seidl über die Darstellung und Inszenierung menschlicher Abgründe gesprochen. Dieses Jahr wirst du mit Wolfgang Murnberger reden (unter anderem für die Wolf Haas-Krimi-Verfilmungen bekannt). Auch der oscargekrönte Filmemacher Ruzowitzky schaut in eurem Festivalprogramm wieder vorbei – genauso wie u.a. die Schauspielerin Maria Hofstätter (bekannt aus Seidls "Paradies: Glaube"). Was möchtest du die österreichischen Filmgrößen, die heuer mit dabei sind, auf jeden Fall fragen?
Der Zugang unserer Gäste letztes Jahr hätte unterschiedlicher nicht sein können: an einem Tag hat Ulrich Seidl über seine kompromisslose Regie-Handschrift gesprochen und am Tag darauf hat Stefan Ruzowitzky geschildert, wie er nicht nur zwischen den Genres, sondern auch zwischen Hollywood und Wien hin und her springt. Und darum geht es uns bei der Shortynale am meisten. Da die Filmlandschaft idealerweise so vielschichtig sein sollte, wie die Menschheit selbst, und es bei der Kunst ja kein richtig und falsch gibt, ist es extrem aufschlussreich dem jeweils individuellen Zugang zum Kino der Gäste nachzufühlen und gemeinsam bei einem Publikumsgespräch zu erforschen, woher deren Leidenschaft für das Medium rührt. Dabei tauchen auch immer wieder kritische Bemerkungen von unserem Publikum auf. Besonders bei Ulrich Seidl war das sehr spannend. Aber dadurch kann man dann bei so einem Gespräch auch noch tiefer schürfen und zuerst noch verstörende Regie-Entscheidungen plötzlich nachvollziehen und sich dadurch auch emotional dem Film öffnen.
Natürlich freut man sich darauf alle beteiligten Filme vorzuführen – diesmal ist, außer Konkurrenz, ja auch dein eigenes Werk "Pitter Patter Goes My Heart" mit dabei – aber bei welchen Filmen bist du, unabhängig von persönlichen Präferenzen, besonders auf die Reaktionen seitens der Jury und des Publikums gespannt? Und warum?
Dass dieses Jahr auch einmal ein Film von mir dabei ist, ist eine absolute Ausnahme. Ich sehe mich bei der Shortynale schon ganz klar in der Rolle des Film-Präsentators und nicht des Filmemachers. Aber da die Stadtgemeinde Klosterneuburg auch "Pitter Patter goes my Heart" gefördert hat und viele Freunde und Familienmitglieder den Film unterstützt haben, dachten wir, es wäre schön ihn außer Konkurrenz zu zeigen.
Aber ansonsten freue ich mich schon extrem auf die Open-Air-Eröffnung, wo u.a. auch der Oscar-nominierte "Alles wird gut" von Patrick Vollrath oder auch Daniel Moshels fulminante "Metube 1" und "Metube 2" zum ersten Mal zusammen präsentiert werden. Aber generell ist das Programm dieses Jahr wieder eine abwechslungsreiche Mischung aus Kurzfilm-Juwelen geworden, die eine Vielzahl an Gefühlen beim Publikum hervorrufen wird. Jede Nacht lausche ich dann bei den Afterparties den unterschiedlichen Reaktionen unseres Publikums. Das ist einer der spannendsten Aspekte für mich.
Und abschließend: Gibt es auch heuer wieder den legendären Karaoke-Abend? Und wenn ja, welchen Song wirst du singen?
Meinen aktuellen Karaoke-Hit habe ich bereits letztes Jahr beim New Orleans Filmfestival erproben können und die Wirkung selbst am eigenen Leib zu spüren bekommen: "Bohemian Rhapsody’" von Queen! Besonders je später der Abend und höher der Pegel umso wüster werden "Galileo" und "Bismillah" lautstark durch die Bar geworfen, während völlig fremde Partygäste sich umarmen und headbangen. Man darf gespannt sein, wie sich derart bombastische sechs Minuten in Klosterneuburg abspielen werden.
Die Shortynale findet von 17.8. bis 20.8. in Klosterneuburg statt. Alle Infos finden sich hier.