Abgeschottet von der Außenwelt

Maya Jane Coles wird mit ihrem neuen Album »Take Flight« ihrer Rolle als Underground-Geheimtipp mehr als gerecht.

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© Skint Records

Wer sich im Teenie-Alter gegen massiven elterlichen Widerstand dazu entschließt, seine ganze Energie und die spärlich vorhandene Kohle in Musik zu investieren, hat wohl ein recht klares Bild von der eigenen Zukunft vor Augen: Das Musikbiz ruft! House, Techno und Maya Jane Coles’ typischer Leftfield-Sound waren um die Jahrtausendwende noch nicht das Thema, denn damals drehte sich bei ihr noch alles um Hip-Hop. Doch mit den Raves und Warehouse-Partys in London lernte die angehende Musikerin die elektronischen Genres kennen, die sie mehr inspirierten und sie einen Schwenk vollziehen ließen.

Als DJane konnte Maya Jane Coles seitdem einige beeindruckende Highlights für sich verbuchen: Sie hat sowohl für die »DJ-Kicks«-Reihe als auch für Fabric Compilations gemixt. Doch während Coles als DJane einen klaren Fokus auf House und Techno setzt, ist sie mit ihren eigenen Produktionen stilistisch weitaus offener, groove-betonter und eklektischer unterwegs. Mit »Take Flight« legt sie nun ihren zweiten Longplayer als Doppel-CD bzw. Dreifach-Vinyl vor. Zählt man das Album ihres dunkler klingenden Dubstep-Projekts Nocturnal Sunshine dazu, ist es ihr drittes Studioalbum.

Atmosphärisch dicht

Die musikalische Eleganz der Maya Jane Coles basiert auf der Kombination von feinen, oftmals verqueren Melodien bzw. Melodiefetzen und stilvollen Klangstrukturen. Da Letztere bei Coles gerne verschachtelt angelegt sind, stehen die Melodien aber nicht so sehr im Vordergrund wie bei einem Popsong, sondern umgarnen den Track und prägen mit dem Rhythmusgeflecht ganz wesentlich den Gesamteindruck. Das Spektrum ist dabei breit: Es reicht von verführerischen Downbeat-Tracks, die entfernt an Thievery Corporation erinnern, bis hin zu flotteren Songs, die allesamt nichts mit Mainstream zu tun haben. Atmosphärisch dicht und mitunter auch ein wenig düster, bilden die Melodien oft einen Kontrapunkt. Die britisch-japanische Klangbastlerin ist zwar keine herausragend tolle Sängerin, aber mit ihren an Sprechgesang angelehnten (Flüster-)Vocals verleiht sie den Stücken einen eigenen, sehr starken Flavour.

Maya Jane Coles »Take Flight«

Maya Jane Coles werkt im Studio am liebsten abgeschottet von der Außenwelt. Alles, was veröffentlicht wird, trägt zu 100 % ihre Handschrift: Denn Komposition, Instrumentierung, Gesang, Arrangement und Mixing macht sie alles selbst. Sie arbeitet zwar immer wieder mit Gastmusikern zusammen, aber letztendlich hat sie im Studio und danach immer das Sagen. Ein Ansatz, der den Vorteil hat, dass alle Produktionsphasen, bis hin zur grafischen Gestaltung des Albums, Hand in Hand gehen und daher auch wie aus einem Guss wirken. Der drohende Nachteil, dass diese abgekapselte Vorgehensweise zu einer eintönigen Produktion führt, ist hier zweifellos nicht gegeben. Ganz im Gegenteil: Die 24 Tracks des Albums könnten unterschiedlicher nicht sein. Auch helfen Coles ihre vielen internationalen DJ-Gigs dabei, neue Inspirationen mit ins Studio zu bringen und in Tracks einfließen zu lassen.

Im Vergleich zu ihrem ersten Album »Comfort« aus dem Jahr 2013 wirkt »Take Flight« viel bewusster und bestimmter: Coles hat durch die Studioarbeit – unter anderem für Remixes und ihre anderen Projekte wie Nocturnal Sunshine oder She Is Danger – einfach an Erfahrung gewonnen und weiß, worauf es bei einer ordentlichen Produktion ankommt.

»Take Flight« von Maya Jane Coles ist am 25. August 2017 auf Coles’ eigenem Label I/AM/ME erschienen.

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