Mit Optimismus hinterfragen

»American Utopia«, das neue Album des Talking-Heads-Frontmans David Byrne, beschäftigt sich inhaltlich mit gesellschaftlichen Fehlentwicklungen und soll – untermalt von gehobenem Pop – Hoffnung auf eine bessere Welt wecken.

David Byrnes einprägsame Stimme begleitet uns seit den frühen 80er Jahren, als er Frontman der einflussreichen Band Talking Heads war. Aus dieser Ära stammen Songs wie »Burning Down The House«, »Psycho Killer« oder »Road To Nowhere«, die sich irgendwie damals in den Mainstream verirrt haben.

Album als Extension

Der Künstler Byrne war immer ein Vor- und Querdenker, dessen Bekanntheit primär in seinem musikalischen Schaffen verankert ist. Und in diesem, weiteren soziokulturellen Kontext ist Byrnes aktuelles Album »American Utopia« zusehen: Mit der Initiative »Reasons To Be Cheerful« fördert und promotet Byrne Projekte, die einen positiven Beitrag zur gesellschaftlichen Entwicklung leisten können – womit das Album als unmittelbare musikalische Extension des optimistischen »Cheerful«-Projekts zu sehen ist.

Einfühlsamer Pop mit bitterbösen Texten

»American Utopia« ist ein gehobenes Pop-Album mit Singer/Songwriter-Anklängen. Der Longplayer ist abwechslungsreich und rund um Byrnes Stimme angelegt. Die Palette reicht von ganz zarten Melodien über Songs mit minimalen Drum-Arrangements bis hin zu melodiegetriebenen Kompositionen. Polyrhythmische Geflechte, auch ein Markenzeichen von Byrne, haben sich bis auf die Vorab-Single nicht durchgesetzt. Auch Bläser oder lateinamerikanische Elementen sind kaum zu finden, was vielleicht eine Überraschung ist, hat doch Byrne nach der Talking-Heads-Zeit mit Luaka Bop ein Worldmusic-Label mit Südamerika-Fokus gegründet. Viele Songs machen einen ruhigen Eindruck, was die Texte umso besser zur Geltung bringt: Byrne thematisiert als scharfer Beobachter Ängste, fragwürdige gesellschaftliche Entwicklungen und Hoffnungen wider und lädt ein, letztere zu hinterfragen und nach Alternativen zu suchen. Er ist dabei recht bissig bis sarkastisch. In »Bullet« spielt er beispielsweise mit einer süßlichen Melodie, die aber den bitterbösen Text über eine in den Körper eindringende Pistolenkugel untermalt – eines von vielen verstörenden Themen in Amerika.

»American Utopia« erscheint am 9. März 2018 bei Todomundo / Nonesuch Records. Am 26. Juni ist David Byrne im Museumsquartier in Wien live zu sehen.

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