»In was für einer Gesellschaft leben wir eigentlich?« ist eine Frage, die musikalisch verarbeitet schnell eher tiaf als deep wird. MOTSA schafft es manchmal, das dem nicht so ist.
Mit etwas sehr großen Begriffen kommt MOTSAs Tracklist zu seinem neuen Album daher: »World War III«, »Revolution«, »Hope Dies Last«. All das lässt darauf schließen, dass es Valerio Dittrich (wir wissen immer noch nicht, warum man sich bei diesem bürgerlichen Namen ein künstlerisches Alias zulegt) um das bigger picture, sozusagen die Gesellschaft, geht. Mit so einer Motivation wird Musik oft genug zur überzogenen Anrührung. Beides – überzogen und anrührend – ist der letzte Track »Hope Dies Last« tatsächlich und könnte in Vertretung Hans Zimmers für den nächsten Filmmusikauftrag für einen Apokalypsefilm durchgehen. MOTSA mag sich seines Bedeutungsschwangerschaftsspagats aber durchaus bewusst sein, wenn er sein Album auf Soundcloud unter »Religion und Spiritualität« einordnet.
Dabei hat MOTSAs Sound durchaus viele seiner eigenen Vorzüge. »Falling« aus 2016, zu dem er Amy Spencer ans Mikrofon gerufen hat, ist laut FM4 einer der 100 besten österreichischen Tracks des 21. Jahrhunderts. Überhaupt passt MOTSA-Beat und melancholische Sängerin extrem gut zusammen. Auch »Reset« aus dem neuen Album wird nicht zuletzt durch Sophie Lindinger, bekanntlich eine Hälfte von Leyya, eines der Highlights des Longplayers. Hier stimmt der Druck, hier darf er’s sein.
Angstfreiheit für alle!
Dass MOTSA aber auch ein bisschen badass ist und wummern kann, zeigen »Hyperreality« und »Ritual«, wo ein Querverweis auf frühere Moderat-Alben nicht auszulassen ist. Hier findet sich das Image eines starken Producers wieder, der seine erste EP bei Fatboy Slims Label veröffentlicht hat, um dann später lieber sein eigenes zu gründen. So viel Vertrauen in das eigene Können und so viel Bei-sich-Bleiben trotz des schnellen und stetigen Erfolgs zeugt von einer gewissen Angstfreiheit, die MOTSA nicht nur bei sich, sondern auch in der Gesellschaft sehen will. Ihr ahnt es schon: Hier wird übergeleitet zur ersten Single des Albums, »No Fear«, die sich schon vorm Album-Release in uns raufgespielt hat. Hier zeigt sich noch einmal: MOTSA ist am besten mit Feature, in diesem Fall mit »Hearts Hearts«-Herz David Österle. Vielleicht ist es eben die zweite Perspektive, in der MOTSA richtig aufgeht.
»Perspectives« von MOTSA ist heute, also am 7. Juni 2019, bei seinem eigenen Label Petricolour erschienen. Seine nächsten Auftritte finden am 20. Juni beim Springfestival in Graz und am 26. Juli beim Poolbar Festival statt.