Mr. Kubrick, oder wie ich lernte…

…die Ästhetik zu lieben. A Clockwork Orange, 2001: Space Odyssey, Shining, Full Metal Jacket. Und und und. Stanley Kubrick gilt filmhistorisch als wohl wichtigster Regisseur des 20. Jahrhunderts. Am Anfang stand allerdings die Fotografie: Sie gab dem Meister sein Gespür für Ästhetik und Perfektion.

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New York City, Mitte der 1940er Jahre: Erholt von den Wirtschaftskrisen der vergangenen Jahre und dennoch fest im Griff von Tristesse, mehr oder weniger organisiertem Verbrechen und der Hoffnung auf besseres Leben. Soziale Dramen und beschwerliche Einzelschicksale stehen an der Tagesordnung. Unter den vielen Träumern befindet sich ein Teenager aus der Bronx, der ein besonderes Gespür für die Befindlichkeiten und Tragödien der grauen Großstadt beweist. Später wird er Filmgeschichte schreiben: Stanley Kubrick.

Bereits kurz vor seinem Highschool-Abschluss 1945 verkaufte Kubrick, der zuvor schon in der Schülerzeitung aktiv war, sein erstes Bild, das sein Händchen für die Stimmung der Bewohner der Stadt am Hudson bewies: Für erstaunliche 25 Dollar erwarb die Zeitschrift „Look“ Kubricks Fotografie eines trauernden Newspaperman, dessen Gazetten den Tod FDRs verkünden. Eine Festanstellung bei „Look“ später, mit der Vorgabe, investigative, essayistische Reportagen zu machen, reiste Kubrick als Fotograf durch die USA. Als Motive dienten ihm sämtliche sozioökonomische Schichten, Arme, Reiche, Alte, Junge. Wie später in seinen Filmen porprätierte er mit Vorliebe Einzelschicksale: Das der Boxers Walter Cartier und Rocky Graziano, die er an den Ring begleitete. Das der Shoe Shine Boys in the Streets of New York. Das der aufstrebenden, privilegiert geborenen Schauspielerin Betsy von Furstenberg.

Stanley Kubrick begann rasch, sich als Künstler zu verstehen und den ihn später berühmt-berüchtigt machenden Perfektionismus zu entwickeln: Seine Fotografien wurden mehr und mehr inszeniert – Beleuchtung, Szenerie, Komposition und Timing wurden akribisch abgestimmt, flüchtige „Schnappschüsse“ finden sich praktisch nie, jedem Bild haftet künstlerische Ästhetik an. Die Jahre bis 1950 gelten somit als die Periode, in der Kubrick sein Handwerk – die Komposition komplexer Symmetrien – erlernte. In einigen seiner späteren filmischen Werke finden sich fast fotografische Sequenzen. Man denke an den erfrorenen Jack Torrance.

Geschult in der Betrachtung von Einzelschicksalen wandte sich Kubrick 1950 dem Dokumentarfilm zu, der Boxer als Sujet blieb in „Day Of The Fight“. Ab 1953 war es mit „Fear and Desire“ (1953) an der Zeit, sich dem Spielfilm zu widmen.

Das Bank Austria Kunstforum zeigt ab 8. Mai erstmals einige Aufnahmen Stanley Kubricks aus seiner Zeit bei „Look“ im Rahmen der Ausstellung „Eyes Wide Open. Stanley Kubrick als Fotograf.“ in Österreich. Die Fotografien nehmen durch ihre Akribie und Komposition einiges an seinem filmischen Schaffen vorweg, sind aber nicht nur für Fans interessant: Die Abbildungen des Großstadtblues’ New York Citys der 1940er Jahre suchen ihresgleichen.

Die Ausstellung „Eyes Wide Open. Stanley Kubrick als Fotograf.“ eröffnet am 8. Mai 2014 im Bank Austria Kunstforum, Freyung 8, 1010 Wien. Öffnungszeiten: täglich von 10 bis 19 Uhr, freitags von 10 bis 21 Uhr.

Bild(er) © MCNY, New York
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