Musik muss raus aus der Gratis-Ecke

Eberhard Forcher ist ja eine Radio-Legende. Seit heute ist sein neuer Youtube-Kanal „Austrozone“ online, auf dem er einmal pro Woche Clips aus Österreich vorstellt. Wir haben ihm ein paar Fragen zu Hip Hop, Nischen, zum Ö in Ö3 und zum Amadeus gestellt.

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Immer dann, wenn es darum geht jemandem zu erklären, wie sich guter Pop anhören kann, kann man ruhigen Gewissens auf die Selektion von Eberhard Forcher verweisen. Er ist der, der Zeltfeste und Awardshows gut werden lässt, wenn er als DJ gebucht ist. In Österreich ist er als Ö3-Moderator ohnehin sehr bekannt. Das sollte nun auch dabei helfen, dass sein neuer, wöchentlicher Video-Blog auf Youtube die Aufmerksamkeit bekommt, die er verdient.

Das Konzept ist einfach, ein Intro, fünf Ansagen, dazwischen Clips österreichischer Bands. Austrozone nennt sich das. 1300 Clips wurden zudem in einzelnen Kategorien / Playlists gebündelt, die von einer Redaktion betreut werden. Eberhard Forchers Schritt Richtung Youtube ist dabei sehr konsequent, das Videoformat ist in Österreich als Medium noch nicht ansatzweise ausgereizt, dennoch steht auf Youtube so viel Material wie sonst nirgends zur Verfügung. Das Format ist außerdem nicht allzu aufwendig zu produzieren. Und durch ein paar jüngere Entwicklungen bekommen sowohl Bands wie auch Video-Blogger ihren kleinen Anteil an Youtubes Werbeeinnahmen. Das passt dann sogar auch zu Eberhard Forchers Ansage, dass Musik raus muss aus der Gratis-Ecke.

Wir haben ihm Fragen zu Motivation und der Szene, wie sie sich ihm darstellt, gestellt.

Du sagst ja, dass die österreichische Musikszene in ihrer Qualität, Vielfalt und Streuung enorm gewachsen ist. Und du beobachtest das ja schon etwas länger wie wir. Es es gerade die beste Zeit für Musik aus Österreich seit den mittleren Neunzigern?

Es ist auf jeden Fall eine sehr spannende Zeit und es tut sich enorm viel … wiewohl es für die Musiker nicht unbedingt einfacher geworden ist, ihr Publikum tatsächlich zu finden. Die Demokratisierung des Musikgeschäfts ist einerseits natürlich gut, andererseits besteht natürlich auch die Gefahr, dass die Produktionen junger Bands irgendwo in den Weiten des Webs völlig untergehen. Und oft bleibt vielen ohnehin nur die Webpräsenz, nachdem Fernsehen und die Formatradios ja kaum noch Abspielflächen bieten.

Kämpfst du auch bei Ö3 für diese Qualität? Das bekommt ja regelmäßig verbale Prügel aus der Branche dafür, nicht genug aus Österreich zu spielen ..

Wer meinen Werdegang als Radio-DJ verfolgt hat, der weiß, dass ich – innerhalb meiner Möglichkeiten – immer versucht habe, die heimische Szene zu supporten. Das wird aber durch sehr strikte Formatvorgaben immer schwieriger. Das war ja dann auch mit eine Motivation, eine andere, neue Spielfläche zu erfinden.

Gab es eine Initialzündung das zu machen? Ein Gespräch, ein Buch oder den inneren Drang etwas für die Nachwelt zu machen?

Ich verbringe ja eher viel Zeit im Netz um neue Musik zu finden … speziell heimische. Und da war es in letzter Zeit schon so, dass ich immer wieder erstaunt darüber war, wie viele Klicks da völlig unbekannte österreichische Acts lukrieren können. Um wie viel mehr könnten manche dieser Acts noch erreichen, wenn man breitenwirksam auf sie aufmerksam macht … das war so ein erster Gedanke. Dafür setze ich mich gerne ein.

Ist in dem Kanal möglichst alles drin, auch TV-Auftritte und Live-Mitschnitte? Oder wählt ihr auch aus? Und wo kann man sich beschweren, wenn das eigene Video nicht drin ist?

A la long sollte da natürlich schon möglichst alles halbwegs Relevante drin stehen … nur muss man auch aufpassen, dass man die Playlists nicht völlig zumüllt … das wäre ja dann auch kontraproduktiv. Auch ist es jetzt nicht das oberste Ziel von jedem Act auch tatsächlich jedes Video zu listen. Wenn man den betreffenden Künstler über die Austrozone findet und ihn auch noch gut findet, dann hat man ja ganz leicht die Möglichkeit, noch weiteres Youtube-Material des Künstlers zu finden.

In der von mir moderierten Sendung werden natürlich die Clips gefeatured, die ich persönlich halt besonders gut oder besonders wichtig oder vielleicht auch besonders kontroversiell finde. Oder auch solche, von denen ich denke, die brauchen einfach dringend MEHR Aufmerksamkeit.

Beschweren – in dem Sinn – wird man sich ja hoffentlich nicht müssen … natürlich wird es gerade in der Startphase so sein, dass wir den einen oder anderen Act übersehen haben. Da genügt eine Nachricht an die Austrozone und wir laden das selbstverständlich gleich hoch. Bei Clips, wo sich die Redaktion ein bisschen schwer tut, steht die „User Posts“ Playlist zur Verfügung … hier geht es einfach um ein positives Signal: ja, okay … wir verstehen das zwar nicht ganz … aber möglicherweise gefällt es jemanden, der sonst niemals drauf gestossen wäre.

Unsrer Erfahrung nach ist Musik aus Österreich in den letzten Jahren vor allem in Nischen erfolgreich. Sei das existenzialistisches Songwriting, Rap, Grant Rock, instrumentale Beats zwischen Hip Hop und Trap, avantgardistisches Rauschen oder auch Saxophon-House. Was wären deine Geheimtipps?

Also … wirklich überrascht war ich von so manchen Hip Hop-Clips, vor allem auch aus der „Immigranten“-Szene. Unglaublich mit welchen Sounds die teilweise auffahren … und die Videos sind auf allerhöchstem Niveau produziert. Ich habe so das Gefühl, das Geld, das die früher ins Auffrisieren und Pimpen ihrer Autos gesteckt haben, fließt jetzt in die Produktion dieser Clips.

Auch in der Rockszene verblüfft mich, wie hochprofessionell das manchmal rüberkommt … und das in Anbetracht der Tatsache, dass es herkömmliche Rockmusik am Markt ganz besonders schwer hat. Sehr gefreut habe ich mich darüber, dass wieder viel deutsch gesungen und gerappt wird … auch der Dialekt gewinnt wieder an Boden. Das finde ich positiv und ich denke da ist schon ein kleiner Trend zu erkennen.

Wie brauchbar sind Youtube-Views als Gradmesser für die Bekanntheit einer Band, gerade von älteren Songs, manche mussten vielleicht runter genommen werden, andere haben sich vielleicht nie drum gekümmert?

Nun … man muss das nicht überbewerten … auch angesichts der Tatsache, dass man Youtube-Clicks ja mittlerweile ganz leicht mit einem einzigen Click kaufen kann. Aber natürlich kann ein guter Youtube-Auftritt einen Act schon richtig motivieren, ihren Weg weiter zu gehen. Und … man darf natürlich nicht vergessen … in Österreich hat es die Verwertungsgesellschaft (AKM) – im Gegensatz zu Deutschland (GEMA) – geschafft, einen Deal mit Youtube auszuhandeln, sodass ab einer bestimmten Anzahl von Klicks auch tatsächlich Geld an die Urheber zurückfliessen wird. Ein kleiner aber wichtiger Schritt in die Zukunft … obwohl da natürlich noch vieles im Argen liegt. Stichwort: Speichermediumabgabe. Musik muss a la long wieder aus der Gratis-Ecke rauskommen.

Warum will diese wachsende Szene den Amadeus eigentlich nicht?

Der Amadeus ist prinzipiell eine gute Sache wiewohl natürlich die Wortmeldungen von HVOB, Monobrother etc. schon einige der Schwachstellen aufgezeigt haben. Das Problem ist wohl eher das Hinterland bzw. der Kontext, in dem er vergeben wird. Und daran werden auch Nachbesserungen beim Amadeus nicht viel ändern. Mit der Austrozone wollte ich jedenfalls ein kleines Signal setzen und ein bisschen Bewegung reinbringen. Der Status Quo ist definitiv verbesserungswürdig …

Die Austrozone bündelt Musik aus Österreich in einem Youtube-Kanal. Eberhard Forcher präsentiert einmal pro Woche in einer Sendung fünf Clips aus Österreich.

Ab 16. Mai wird es Austrozone auch auf W24 zu sehen geben. Eine Feier gibt es auch dazu (14. Mai, Ort: Local)

Kann man auch subscriben oder liken:

youtube.com/user/AustroZone

facebook.com/AUSTROZONE

Bild(er) © Logo Austrozone: Kristof Grandits
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