Die Sofa Surfers haben sich unabhängig gemacht, teils aus Not, teils aus Überzeugung. Michael Holzgruber, Drummer und Chefkassier, hat uns Antworten gegeben was die neu gewonnene Unabhängigkeit an Vorteilen bietet und wie sich das Umfeld über die Jahre verändert hat.
"New Sales" ist das Thema des neuen Förderschwerpunkts von departure. Und für Popmusik ist es in den letzten zehn Jahren ja nicht unbedingt leichter geworden. Von Filesharing und Social Media über Crowdfunding und Streaming bis zu Live-Boom und Free Tracks und einer ganzen Menge lustiger, englischer Wörter hat sich eine neue Welt aufgetan.
Die Sofa Surfers haben sich unabhängig gemacht und ein Label gegründet, sind darüber hinaus in Soundtracks, Filmen und Theater verstrickt. Michael Holzgruber weiß in all dem, was für die Sofa Surfers immer noch die Miete zahlt.
Am Montag, 8. Juli, wird er live seine Erfahrungen beim departure get together schildern.
Hat sich euer Schritt in die Unabhängigkeit bewährt? War es der richtige Zeitpunkt? Welchen Teil klassischer Labelarbeit habt ihr dennoch ausgelagert?
Der Hauptgrund, ein eigenes Label zu gründen, war finanzielle Transparenz. Schlechte Erfahrungen mit unserem früheren Label haben uns zu dieser Entscheidung gedrängt. In etwa gleichzeitig haben wir auch unseren alten Verlagsvertrag auslaufen lassen und sind 2009 kurzzeitig ohne Partner (Label, Vertrieb, Verlag) dagestanden. Wir haben dann unser Label Monoscope Productions gegründet, vorrangig mit dem Ziel, unsere eigenen Alben rauszubringen (mittlerweile ist auch das Saedi-Album über Monoscope erschienen, wo ja aber eine direkte Verbindung mit Markus Kienzl als Producer besteht).
Das war kurz vor dem Blindside-Release, wir haben dann Walter Gröbchen von Monkey hinzugezogen. Mit ihm haben wir einerseits Vertriebspartner-Möglichkeiten besprochen und ihm anderseits den Auftrag gegeben, die Ö-Promo für dieses Album zu übernehmen. Als Vertrieb haben wir uns letztendlich für Rough Trade entschieden, die bis heute ein zuverlässiger Partner sind.
Ob sich der Schritt bewährt hat? Nicht leicht zu beantworten, wir haben eigentlich keine vernünftige Alternative gesehen. Ja, man hat noch viel mehr unter Kontrolle, weniger Leute naschen am Topf mit, absolut niemand redet einem rein, die absolute Selbstständigkeit. Andererseits muss man sich mit immer mehr Dingen auseinandersetzen: Abrechnungen, Entscheidungen, jegliche Korrespondenz wird von uns erledigt. Wir sind Label und unser eigenes Management. Man muss eine Art „Schalter“ in einem selbst entwickeln, wo man wieder in den Modus „Musiker“ umschaltet, wenn man an Songs arbeitet oder auf die Bühne geht.
Das ist nicht immer einfach, aber wir beschweren uns nicht, weil wir ziemlich zufrieden mit unserem letzten Album "Superluminal" sind. Das hat uns dann gezeigt, dass wir beide Bereiche, Business und Kreativität, irgendwie unter einem Hut bringen können. Ich denke, unsere langjährige Freundschaft und eine effiziente Arbeitsteilung hat das möglich gemacht. Auslagern tun wir weiterhin die Promotion zum jeweiligen Album. Bei Superluminal hat Katha Schinkinger einen exzellenten Job gemacht.
Habt ihr über Vertrieb und eueren Webshop und den Zahlen von dort Dinge über eure Fans erfahren, die euch jetzt weiterhelfen?
Über den Vertrieb weniger, da sieht man halt, wie viele Tonträger man generell verkauft hat, wie viele digitale Alben über iTunes, Amazon usw.
Die Verkäufe in unserem Webshop haben gezeigt, dass ein großer Teil bereit ist, ein Premium-Produkt, im konkreten Fall das Package Vinyl, CD, T-Shirt und Digital Album, zu kaufen. Ich denke, dass Leute, die über die Band-Website einkaufen, uns schon länger kennen, da wir interessanterweise den größten Teil in der „Preorder“-Phase verkauft haben. Das ist ein enormes Vertrauen in uns, wenn jemand 50 Euro in ein Album-Package investiert, ohne das Album gehört zu haben. Das freut uns natürlich! Wir haben auch viel mehr Vinyl verkauft als erwartet, das Verhältnis bei physikalischen Tonträgern ist ca. 40% Vinyl, 60% CDs. Fast alle Käufer haben dabei die signierte Variante gewählt. Die (Gratis-)Option, die Tonträger signiert zu bekommen, war sicher ein Entscheidungsgrund für manche, das Album über uns zu beziehen und nicht über die gängigen Online-Händler.
Du bist bei den Sofa Surfers für die Buchhaltung zuständig. Was hat über all die Jahre am meisten Spaß gemacht – und was hat die Miete gezahlt? Und wie hat sich beides im Lauf der letzten fünf Jahre verändert?
Buchhaltung macht nie Spaß 😉 Aber es lässt mich besser schlafen, wenn ich eine komplette Übersicht über unsere Einnahmen/ Ausgaben habe und nicht darauf vertrauen muss, dass jemand anderer eine korrekte Abrechnung macht. Ohne Förderung ist eine Album-Produktion ehrlich gesagt ein Nullsummen-Spiel. Und das auch nur, wenn man nicht in ein bezahltes Studio geht, um die Songs einzuspielen. Also Produktionskosten und Einnahmen aus dem Verkauf wiegen sich in etwa auf. Konzerte und Tantiemen zahlen letztendlich unsere Miete.
Was sich in den letzten Jahren geändert hat, ist die Konzertsituation. Kleine Veranstalter gehen aus finanziellen Gründen weniger Risiko bei der Band-Auswahl ein, die großen Festivals sind in der Hand weniger und auch dort sind die Gagen drastisch gesunken.