Nordisch by Sprache

Es gibt ihn also, den nordischen Sound. Das hat uns eine bestätigt, die es wissen muss: Farao, die kleine norwegische Schwester von Robyn, war zu Besuch in Wien. Wir haben uns am Ja Ja Ja Festival mit ihr getroffen.

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Das Ja, Ja, Ja Festival im Wiener WUK war auch heuer wieder vergleichbar mit einem Sackerl Gummibären. Eines nämlich, in dem nur rote Bärlis zu finden sind – vorausgesetzt, das ist die everybody’s Lieblingssorte. Den Abend eröffnet hat Farao, junge norwegische Multiinstrumentalistin, die zum ersten Mal in Wien war. „Till It’s All Forgotten“, ihr Debütalbum, ist vergangenen September erschienen. Es liebäugelt mit großen Elektro-Indiepop-Vorbildern wie Robyn. Leicht angeschlagen – wegen Halsschmerzen auf Aspirin C-Brause gesetzt – aber keineswegs demotiviert, haben wir uns Backstage mit ihr über Kontrollwahn, die besten Städte Europas und den „nordic sound“ unterhalten.

Hi Kari, erzähl mal. Bei wie vielen Shows bist du schon erkältet oder krank auf der Bühne gestanden?

Das ist mir zum Glück noch nicht allzu oft passiert. Schlimm war es nur einmal, als wir in Hamburg gespielt haben. Ich hatte etwas Ähnliches wie gerade, eine Entzündung im Hals, habe den Gig trotzdem gespielt – und musste dann die Folgeshows in London direkt absagen.

Der Auftritt heute in Wien ist also jetzt deine zweite Krankheits-Herausforderung.

Wenn das eine Tour wäre, würde ich die Show wohl absagen. Da wir aber ohnehin nur für diesen Gig hier sind, wird es schon irgendwie gehen. Ich kann morgen leider nicht ausschlafen, weil wir sofort weitermüssen – aber immerhin muss ich „nur“ zur norwegischen Grammy-Verleihung gehen.

Da bist du als „composer of the year“ nominiert, richtig?

Genau. Sollte ich den Preis gewinnen, wird das dann eher eine kurze Dankesrede. Ich bin aber ohnehin nicht gut darin, lange zuhause zu bleiben, wenn ich krank bin. Überhaupt, mich lange überhaupt irgendwie aufzuhalten, scheint mir schwer zu fallen. Haha.

Du bist ja eine richtige Globetrotterin: geboren und aufgewachsen in Norwegen – aber dann ging es rasch mal quer durch Europa.

In Norwegen bin ich groß geworden, als ich 19 Jahre alt war, bin ich zuerst nach Liverpool gezogen.

Wieso?

Um da Musik zu studieren. Danach zog ich weiter nach London, dann weiter nach Berlin.

Welche der genannten Städte hast du als – als junge Künstlerin – inspirierendsten, anregendsten empfunden?

Das ist gar nicht so einfach zu sagen. Als ich in London gelebt habe, habe ich eigentlich in Island Musik aufgenommen. Ich habe meine Zeit zwischen England und Island aufgeteilt – aber Rejkjavik ist für mich die beste Stadt, die beste Umgebung, um Musik zu machen. Es ist so eine kleine, überschaubare Stadt und Szene. Man hat das Gefühl, dass während man dort an seiner Musik arbeitet, einfach sonst nichts rundherum existiert. Man vergisst einfach alles, was sonst noch passiert – und fokussiert sich nur auf den kreativen Prozess.

Aber war das nicht eigentlich einer deiner Hauptbeweggründe, Norwegen zu verlassen? Sprich diese Überschaubarkeit?

Das stimmt gewissermaßen – nur das Problem an meinem Heimatort war nicht unbedingt die Abgeschiedenheit, sondern einfach, dass es dort keine anderen Musiker gab. Ich wollte in einer Band spielen, es gab nur einfach sonst niemanden, der mitgemacht hätte. Island hat eine wahnsinnig dichte Musikszene, obwohl es überschaubar ist.

Kommst du aus einer musikalischen Familie?

Nein, überhaupt nicht. Ich bin die einzige! Und auch bei mir hat es einigermaßen lange gedauert. Aufgrund der genannten Umstände habe ich mit 19 Jahren das erste Mal in einer Band gespielt. Zuvor habe ich schon auch Musik gemacht, aber eben alleine, mit Gitarre und Gesang.

War es für dich klar, dass du nun – so wie du jetzt auf der Bühne stehst, bzw. deine Musik produzierst – nicht lange in einer Band bleiben, sondern als Soloartist wahrgenommen werden willst?

Das soll nicht arrogant klingen, aber ich sehe mich eher als leading person, haha. Man könnte wohl auch Kontrollfreak dazu sagen. Auf meinem Album habe ich alle Instrumente, außer die Drumparts, selbst eingespielt. Man übernimmt damit aber nicht nur die Arbeit, sondern auch die Verantwortung. Ich kann niemandem meine Fehler in die Schuhe schieben – aber das ist mir wichtig. Dass ich aussuche, wo es hingeht, ich kann und will meine Musik bis zu einem gewissen Grad nicht aus der Hand geben.

Wie geht es dir dann live mit der Situation? Wenn du schon das ein oder andere abgeben musst?

Es war nicht leicht, die richtigen Leute zu finden, um live zu spielen. Ich habe mit sehr guten und weniger guten Menschen zusammengearbeitet – glaube aber mittlerweile, dass ich diejenigen gefunden habe, denen ich hundertprozentig vertrauen kann. Heute trete ich mit James an den Drums auf, und zusätzlich mit Tyler am Bass bzw. den Synths – das erste Mal als Trio. Sonst trete ich als Duo, nur mit James, auf.

Du trittst heute im Rahmen des Ja, Ja, Ja Festivals auf. Jährlich ist man hier bemüht, neue, nordische Acts zu präsentieren. Was macht für dich diesen „nordic sound“ aus – wenn es denn so einen gibt?

Da ich nun schon seit guten sechs Jahren außerhalb wohne, kann ich schön langsam verstehen, was mit diesem Anspruch gemeint ist. Wenn man dort lebt, kriegt man die Musikszene natürlich anders mit, als wenn man sie von außen betrachten kann. Wenn ich eine Band aus Dänemark oder Schweden treffe, und das klingt vielleicht seltsam, fühlt es sich wirklich manchmal so an, als wären wir weit entfernte Verwandte. In der großen, nordischen Musikfamilie. Allein, dass sich die Sprachen untereinander so ähnlich sind, macht da schon viel aus.

Du hast in ein paar Minuten stage time. Jemand, mit dem du unbedingt einmal die Bühne teilen wollen würdest?

Robyn, und niemand sonst. Sie ist für mich der allergrößte Popstar – und die größte Inspiration.

Farao war beim Ja Ja Ja Festival zu Gast. Ihr Album "Till It’s All Forgotten" ist bereits erschienen. Den Spellemann Preis hat sie dann nicht gewonnen.

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