Nu Art Forms

Für Christian Lakatos ist das Urban Art Forms tot. Er macht nächstes Jahr etwas Neues, ausgerechnet mit der Konkurrenz. Ein ausführliches Interview über die österreichische Festivallandschaft und seine Pläne für das Nu Forms Festival.

Die Marx Halle in Wien geht bis maximal elf Uhr, oder?

Das weiß ich nicht zu 100%, aber selbst, wenn es bis 4 Uhr früh geht. Es ist nicht das Urban Art Forms. Ich hab mich davon bewusst gelöst. Früher war ich Urban Art Forms und Urban Art Forms war ich. Wenn jemand geschrieben hat, “Urban Art Forms ist scheiße”, hat das geheißen, “ich bin scheiße”. Da war ich natürlich jung. Da gibt es sicher auch einen pragmatischen, rechnerischen Zugang. Aber ich kann nur Dinge mit Herzblut machen, und Management-technisch nur Künstler, die ich musikalisch und menschlich gut finde. Selbst wenn also z.B. Calvin Harris bezüglich Management anfragen würde und ich finde ihn als Charakter scheiße, kann ich es nicht machen.

Du hast nicht gerade gesagt, dass du Calvin Harris scheiße findest.

(Lachen) Nein. Was man allerdings echt sagen muss, ist, dass Three Six Zero Group [Anm. Management Calvin Harris], die ja an Roc Nation verkauft haben und mit Calvin Harris groß geworden sind, einen beispiellosen Aufbau einer Management Agentur hingelegt haben. Natürlich auch weil Calvin Harris explodiert ist. Das ist jetzt eben auch ein Investement-Modell. Dort sitzen 50 Leute, die nach Schema F ihre Acts abarbeiten. Und der geht auf, oder nicht.

Letztendlich haben Acts wie David Guetta und Calvin Harris aber den amerikanischen Markt für elektronische Musik in voller Bandbreite geöffnet. Für Drum’n’Bass Bookings gab es früher quasi nur den Kevin Gimble mit Circle Talent Agency, der dort alles gebucht hat. Dann kamen David Guetta und Avicii – sein Manager ist was strategischen Aufbau von Künstlern betrifft ein Genie –, der Country mit Elektronik kombiniert hat und plötzlich war er ein Megastar. Mit EDM hat sich der US-Markt geöffnet. Da geht es allerdings um relativ schnelllebigen Konsum [* längerer Exkurs zum Elektronik-Business auf der letzten Seite]. Und EDM ist in den USA noch immer big as fuck.

Als Manager für Künstler denk ich da einfach anders. Es ist nicht alles scheißegal, Hauptsache das Geld stimmt. Für mich ist es viel wichtiger das Ganze aktiv mitzuleben und Teil dessen zu sein. Aber soll jeder machen wie er will, da hat jeder seine eigene Philosophie. Sort your shit, then roll.

Du meintest in deinem Posting “uaf not me/ us anymore”. Wer ist dieses “us”?

Das gesamte Team, mit denen ich das Urban Art Forms aufgebaut habe und die Teil von Urban Art Forms waren. Das sind von Lichttechnikern, VJs wie 4youreye, Lichttapete bis hin zu meinen Grafikern und Robert Stefan von Body & Soul, mit dem ich das UAF gegründet habe. Also jeder, mit dem ich das gelebt habe. Die sind alle beim Nu Forms dabei.

Das große Announcement ist also das Nu Forms Festival.

Ich sag mal so, 80% der Acts, um die es bei Nu Forms gehen wird genretechnisch, rennen durch meine Hände, ich hätte das mitbekommen, wenn etwas anderes Großes rennt. Ich wollte ein reines Bass Music Festival machen. Das sind alles Freunde und Family. Deshalb konzentriere ich mich auf das, wo mein Herzblut steckt. Ich komm aus dem Drum’n’Bass. Das ist eine Kultur. Du musst ein Teil dessen sein.

Du hast also das Nu Forms gebucht.

Buchen kann ja jeder. Es geht ja darum, das Gesamtbild zusammenzustellen. Bei einem Festival spielen immer sehr viele Interessen mit. Ich hatte ja immer eine Idee, warum es welche Subgenres, Brands oder Stage Hostings geben soll. Da spielt bei mir meine Arbeit als Artist-Manager auch eine wichtige Rolle. Ich komme früh an neues Material, ich weiß, welcher Act im nächsten Jahr veröffentlichen wird, ich weiß, ob das funktionieren wird, ich bin seit zehn Jahren in dem Netzwerk. Wenn ich Rock buchen anfange, was soll ich da umgekehrt reißen? In der Konzertkultur kommen die Fans einfach zu einer Band wie AC/DC. In elektronischer Musik – ausgenommen EDM – war es immer wichtig wer veranstaltet, wo, an welchem Wochentag und welche Kredibilität man hat. Und das wurde beim kommenden Urban Art Forms, was den Bassmusic Bereich betrifft, ein bisschen unterschätzt.

An welchen Tagen findet das Nu Forms statt?

So wie früher. Donnerstag ist Opening mit der Bühne in der Halle. Freitag und Samstag normal. Das reicht auch vollkommen. Ich finde vier Tage zu lang. Wenn du so lange bei 172bpm durchzappelst, könntest du auch gleich einen Marathon laufen gehen. Du musst den Leuten auch Zeit geben zu schlafen. Du merkst sonst am Ende, dass sie schon durch sind.

Viele jüngere Festivals machen zu großen Namen ein bisschen Pyro und Video. Macht ihr das anders, werden Visuals wieder wichtig sein?

Die Szenerie hat sich stark geändert, ich denke aber schon. Wir haben früher mit viel Begeisterung daran gearbeitet, dass VJs auch Superstars werden können. Das hat sich leider nicht bewahrheitet. Es muss eine Neuinterpretation der Visuals geben. Da brauche ich noch Zeit. Ich sitze aber schon an den Bühnenplänen, alle bringen sich dabei ein.

Es gibt da dieses Gerücht. Bist du fest in deutscher Hand?

Hm, war die Alserstraße in deutscher Hand, weil ein Deutscher dort arbeitet und weil Firmenanteile in Deutschland lagen? Die ganze Struktur gibt es ja erst durch Deutschland, weil es damals darum ging, große Acts für österreichische Festivals an Land zu ziehen. Das waren exakt dieselben Deutschen.

Aber du musst schon alles, was dir bleibt, nach Deutschland überweisen?

Ich bin ja nirgends angestellt und wenn, dann überweise ich die ganze Kohle ans Finanzamt.

Weiter zur Drum’n’Bass-Szene in Österreich, Food Trucks und Respekt vor dem Festivalgelände.

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