Nur Mut!

Für die Foals geht es albumtechnisch in die dritte Runde. Seele und musikalische Weiterentwicklung helfen gegen den Druck im Ring – und jemand, der einem in der eigenen Ecke Mut zuspricht.

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Die Foals sind eine dieser Bands, in deren Werdegang im Nachhinein alles seinen Sinn hat, stimmig ist und ineinander passt. Vielleicht liegt das an der inhärenten Logik eines Post-Punk/ Math-Rock-Hybriden wie dem ihren. So einfach ist die Gleichnung auf ihrem neuen Album “Holy Fire” allerdings nicht mehr zu lösen. Und das Ergebnis, das ab 8. Februar in den Regalen stehen wird, war so trotzdem nicht zu erwarten. Der musikalische Output der fünf Briten bleibt spannend. Und allein mit Mathematik lässt sich gute Musik ohnehin nicht erklären. Da wird eine Erfolgsformel schnell zu Schema F.

Eigentlich ist das ein Grundprinzip von Pop. Kommt ein Sound gut an und wird gekauft, gibt es kurz darauf zig Soundalikes, die an den Erfolg anknüpfen wollen. Gerade unter Indie-Bands wimmelt es von Beispielen für dieses Phänomen. Von Kritikern und anderen Opinion Leadern werden – im besten Falle – Prachtexemplare wie das Foals-Debüt “Antidotes” aus dem Becken gefischt. Aber einmal ist keinmal. Immer wieder muss man sich beweisen, ganz besonders mit dem dritten Album, wie es die alten Seemänner zu sagen pflegen.

Zurück in die Zukunft

Für die Foals galt es erwachsen zu werden. Nach dem Debüt mit den sprunghaften Gitarren, den hektisch treibenden Dance-Rhythmen und den nervösen Jungs-Chören war der Nachfolger “Total Life Forever” eine Verschnaufpause, ruhiger, gelassener, genauso präzise, aber soundverliebter. Die Kräfte gespart haben sie für ihren dritten Streich. Von “Total Life Forever” haben sie sich die Freude am Herumspielen mit Sounds erhalten und die Eindringlichkeit und Energie des Erstlings wieder aufgegriffen, aber statt in Hektik dieses Mal in eine Gitarren-Druckwelle gewandelt. Yannis Philippakis Gesang zeigt statt jugendlichem Trotz auch mal gestandene Aggression oder Nachdenklichkeit. Und statt auf den Dancefloor zu treiben, locken Bass und Drums jetzt dorthin.

“Holy Fire” ist das vielseitigste Foals-Album bisher, weil sie sich getraut haben ihre verschiedenen Facetten deutlicher als je zuvor zu artikulieren. Der Mut loszulassen war eine der Voraussetzungen, wie Bassist Walter Gervers am Telefon erzählt.

The Gap: “Holy Fire” ist euer drittes Album, von dem gesagt wird, eine Band müsse sich damit endgültig beweisen. Habt ihr so einen Druck gespürt?

Walter Gervers: Wir spüren bei jedem Album einen gewissen Druck, innerhalb der Band und von außen. Ich denke, man muss versuchen das auszublenden. Beim ersten Album sagen die Leute: Wow, sie haben nie zuvor eine Platte gemacht. Beim zweiten heißt es dann: Oh, das ist das schwierige, zweite Album usw. Es wird nicht wirklich leichter. Jede Platte bringt irgendeine Art von Druck mit sich. Wir versuchen weiterzumachen, ohne darauf zu achten.

Hat sich seit dem ersten Album verändert, wie ihr damit umgeht oder wie ihr generell Musik macht?

Es gibt einen Riesenunterschied. Unser Debüt war ziemlich roh, lebendig und naiv. Wir sind sehr stolz darauf, aber es ist lange her. Wir haben uns musikalisch weiterentwickelt und viel gelernt. Darüber, wie man zusammen aufnimmt. Unser Musikgeschmack hat sich ein wenig verändert. Das alles sind natürliche Weiterentwicklungen, die innerhalb der Band einfach passieren.


Wie hat sich euer Sound aus deiner Sicht verändert?

Als wir anfingen Musik zu machen, wollten wir einen sehr komprimierten, tighten und klaren Sound haben. Wir gingen durch eine Phase, in der wir viel Techno und Dance Music und danach sollten auch unsere Songs klingen. Nach einiger Zeit haben wir angefangen ganz andere Alben zu hören, die offener und dreckiger klangen und Makel, aber auch mehr Charakter hatten. Wir haben in unseren Anfangsjahren viel "kalte" Musik gehört und dann angefangen uns mit älteren Künstlern und Musik zu beschäftigen, die so viel Gefühl in sich trägt, Blues und solche Sachen.

Ich finde, dass das neue Album etwas wuchtiger klingt und in den Vocals ist mehr Aggression zu spüren als vorher. Ist das nur mein Eindruck?

Es ist definitiv emotionaler und Yannis versucht – auch textlich – etwas öfter direkt mit den Leuten zu kommunizieren. Früher ging es mehr darum, Bilder zu zeichnen, dieses Album hat mehr Seele. Was die Härte angeht: ich glaube, wir sind etwas weniger ängstlich geworden, wenn es darum geht, wie wir die Songs präsentieren. Wenn wir einen Part oder Chorus hatten, der eigentlich wuchtig klingen sollte, haben wir es früher mit Erregung und Nervenkitzel kompensiert. Dieses Mal haben wir es einfach durchgezogen, so dass es für sich selbst spricht. Das kommt einerseits daher, dass wir mutiger geworden sind. Andererseits hat uns Alan Moulder im Studio gepusht und uns das Gefühl gegeben, die Ausschläge könnten ruhig plakativer sei.

Wo du schon Alan Moulder erwähnst: seid ihr zum Aufnehmen nach London gegangen, weil er dort sein Studio hat? Die beiden Vorgängeralben habt ihr ja weiter weg, also in Schweden und New York, aufgenommen.

Ja, das stimmt. Wir sind für dieses Album nach London gezogen, weil Flood und Moulder in dem Studiokomplex, den sie dort besitzen, arbeiten wollten. Es war eine ganz andere Erfahrung als das, worüber wir anfangs mit ihnen herumgescherzt haben. Dass wir nach Vietnam oder Hawaii gehen wollten. Schließlich haben wir uns entschlossen etwas realistischer zu sein und zu Hause zu bleiben. Aber es war gut. Man kann sich im Studio immer noch in seine eigene, kleine Welt zurückziehen, so wie wir im Ausland gearbeitet haben. Es ist toll dafür in ein anderes Land zu gehen, weil es in den Sound des Albums einfließt. Dieses Mal wussten wir, was draußen um uns herum lag. Es war nur London und es gab nichts Aufregendes zu sehen, also blieben wir im Studio.

Lebt ihr immer noch alle gemeinsam in einem Haus in Oxford?

Das haben wir, bis das Album fertig war. Yannis, Jimmy und Edwin leben jetzt in London. Jack und ich leben immer noch in Oxford. Das Haus, in dem die Jungs gewohnt haben, war um die Ecke von dem Studio, in dem wir den Großteil des Albums geschrieben haben. Es entstand also wirklich zu Hause in Oxford.

Ihr habt ja gerne die Kontrolle über vieles, z.B. macht ein Freund von euch die Videos. Musstet ihr aufgrund des Erfolges irgendwo Kontrolle abgeben?

Wir arbeiten gerne mit Leuten zusammen, mit denen wir uns wohl fühlen und die wir kennen. Wir haben eine Art Gang, in der z.B. Dave Ma und Tinhead, der für einen großen Teil unserer Artworks verantwortlich ist, sind. Leif Podhajsky machte dieses Mal unser Artwork und ist sozusagen neu in der Gang. Musikalisch haben wir bei diesem Album mehr Vertrauen in Flood, Moulder und das Studio gehabt. Wir dürfen uns da nicht zu sehr abschirmen, weil wir allein niemals den Mut haben würden, alles Neue auszuprobieren. Man muss eine Mischung schaffen, bei der man sich gegenseitig in der Band, sowie seinem kreativen Instinkt vertraut, aber genauso genügend Leute von außen zulässt, so dass Dinge entstehen, auf die man selbst nicht gekommen wäre. Wir lernen immer noch, etwas weniger besitzergreifend zu sein, was die Band angeht.

Das Video zu "Inhaler" hat auch Dave Ma gemacht. Wie viel Mitspracherecht habt ihr da generell?

Das mit Dave läuft sehr kooperativ ab. Er oder Yannis haben oft eine Idee und arbeiten dann zusammen daran weiter. Diese Team-Situation funktioniert ganz gut. Es gibt ein paar Dinge, die wir mit Dave bisher nicht verwirklichen konnten und an denen wir mit ihm in der Zukunft hoffentlich weiterarbeiten werden. Bei "Inhaler" kamen viele Ideen für die Bilder von ihm. Wir freuen uns, dass das Video ein gewisses Heimatgefühl vermittelt, da es in der Umgebung von Oxford und London gedreht wurde.

Im Video ist viel Street Culture zu sehen. Graffiti, Skateboarden, Tanzen… Habt ihr eine Verbindung zu dieser Art von Kultur?

Nicht speziell mit Tanzen oder Skateboarden. Es sind Dinge, die wir immer noch aufregend finden und uns an Jugend und Energie erinnern. Wenn das im Video rüberkommt, ist es gut. Außerdem war es ein guter Grund mit unseren Freunden ein paar Feuerwerksraketen zu schießen.

"Holy Fire" wird am 08. Feber über Warner Music veröffentlicht.

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