Ohm sweet Ohm

Klingt.org bietet seit 16 Jahren musikalischen Experimenten eine Plattform. Vor allem in Wien, aber auch weit darüber hinaus. Zum Geburtstag haben wir Dieb 13 einigen Fragen gestellt.

Aus rechtlichen Gründen werden Artikel aus unserem Archiv zum Teil ohne Bilder angezeigt.

Wie viele Leute waren in etwa auf all euren Veranstaltungen zusammen

genommen?

Ich habe keine Statistik geführt, aber alle klingt.org-Feste im fluc, B72, rhiz und brut zusammengenommen waren es einige tausend.

Zum Zehnjährigen gab es einen Sampler. Wo kann man heute möglichst

einfach die Musik von klingt.org hören?

klingt.org ist kein Label, sondern eine Onlineplattform, die es Leuten ermöglicht, ihren künstlerischen Output im Netz zu präsentieren. Zum 10-Jahres-Jubiläum gab es eine Kompilation auf dem russischen Label Mikroton. Viele Stunden aktueller Musik von Leuten aus dem klingt.org-Umfeld gibt es z.B. auf jokebux.klingt.org.

Wien war mal eines der Zentren für avangardistischen Noise. Würdest du das so stehen lassen und wie siehst du das heute?

Die Wiener Musikszene war in den letzten Jahrzehnten immer sehr experimentierfreudig, heterogen und dabei weniger zersplittert als in anderen Großstädten. MusikerInnen aus sehr unterschiedlichen Ecken wie Dancefloor, Jazz, Elektro-Akustik und Rock haben immer wieder überraschende Kollaborationen zustande gebracht. "Avantgardistischer Noise" war dabei ein Teilaspekt, der in seiner Bedeutung in den letzten Jahren eher abgenommen hat. Zumindest gibt es keine Labels oder Veranstaltungsorte/-reihen mehr, die sich exklusiv diesem Genre in Wien widmen.

Eure Seite steht seit dem Jahr 2000 quasi unverändert im Netz. Facebook, Twitter, Instagram sucht man vergeblich. Wären das nicht die richtigen Plattformen, um sich heute zu vernetzen?

Die meisten Leute, die klingt.org als Plattform nutzen, sind parallel auch in den sogenannten sozialen Netzen unterwegs. klingt.org ist einfach eine zusätzliche virtuelle Bühne mit einem "natürlichen" Schwerpunkt auf Fringe-Projekte die anderswo leicht untergehen würden. Einmal im Jahr gibt es dazu das Fest mit der Möglichkeit, sich offline zu treffen.

Hörst du privat auch mal Beyoncé, Tame Impala, Michael Jackson oder The XX?

Freiwillig nicht 😉

Wenn man sich die Fotos von 15 Jahre klingt.org ansieht, sieht man eher Leute zwischen 30 und 45. Täuscht, oder?

Nein, das täuscht nicht. Die auftretenden auf der Bühne sind meist aus genau dieser Generation – cirka 30-55 würde ich sagen. Im Saalpublikum und in der Disco/ Bar ist das Alter breiter gestreut: 25-70 vielleicht. Kinder, Teenager und Supercentenarians sind eher unterrepräsentiert.

Du meintest mal klingt.org muss sich nicht legitimieren, sondern braucht einfach nur es selbst sein. Gilt das weiterhin?

Ich kann mich gar nicht erinnern, das gesagt zu haben, aber es stimmt wohl. Niemand verdient Geld an der Sache und die Legitimation ergibt sich aus der Resonanz. Solange es Leute gibt, die die Website(s) nutzen, hat klingt.org eine Existenzberechtigung.

Wenn man sich Blogs durchliest, scheinen sich Acts wie Oneohtrix, Hecker, Arca, Helm oder Holly Herndon viel und gern mit digitaler Kontingenz und virtuellem Konsum zu beschäftigen. Verfolgst du das, reizt dich das, wo siehst du in Österreich Ansätze dazu?

Ich denke zwar gerne, bin aber kein Theoretiker und mir sind die Begriffe "digitale Kontingenz" und "virtueller Konsum" noch nie untergekommen. Was mir zur Entwicklung des digitalen Alltags einfällt bzw. auffällt, ist die zunehmende Strukturierung ehemals öffentlicher Räume durch Marktmechanismen. Das gilt offline wie online, ist aber im Netz besonders augenscheinlich.

Die euro-amerikanische Nachkriegsordnung, in der auch das Internet entstanden ist, steckt seit etlichen Jahren in einer Sinn- und Wirtschaftskrise und beantwortet diese stur mit "more of the same". Die Kommerzialisierung wurde inzwischen bis in das Gefühlsleben jedes/jeder einzelnen ausgedehnt und das Ego zur Währung (Stichwort "like"). Digitale Interaktion als konsequente Ein- und Ausübung der Marktwirtschaft – "Kontingenz" – im systemtheoretischen Sinn – ist nicht der erste Begriff, der mir zu dieser Entwicklung einfallen würde, aber ich bin für jede neue Sichtweise offen 😉

Klingt.org feiert am 20.2. 2016 im Wiener Brut 16 Jahre.

Bild(er) © 1, 2 zu 15 Jahre klingt.org: Lisbeth Kovacic. 3, 4 zu 10 Jahre klingt.org: David Murobi. 5-8 zu 15 Jahre klingt.org: Dieter Kovacic
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