Ottensheim versus Regen – 1:0

Lässt man diverse Unterbrechungen und wetterbedingte Rückschläge außer Acht, so findet das Open Air Ottensheim im Jahre 2011 bereits zum 18. Mal statt und erlangt damit heuer seine Volljährigkeit. Aber wer denkt beim Stichwort Festival ans Erwachsen sein?

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Und dann sagst du das Wetter ist uns sowas von egal. Denn wo Musik ist, laß dich nieder. Da ist meistens auch Bier. So (oder eher: so ähnlich) sehen das Kreisky und ein Image ist oft nur ein Image und grantig ist nicht gleich unsympathisch. Kreisky wurde teilgerafft, heißt eigentlich: ein Teil von Kreisky, der Bass spielende um genau zu sein, wurde von der Sommergrippe nicht dahin gerafft, aber ins Bett statt auf die Bühne verfrachtet. Vorallem weil sie auch teiloberösterreichisch (zwei gebürtige Mühlviertler) sind, lassen sie die Ottensheimer nicht hängen, sondern geben mit der B-Mannschaft (Heinz-aus-Wien-Veterane und Teil-Kreisky Helmut Brossmann) ein Oldie-Set („2009 – unsere Musik vor Fukushima) zum Besten.

Und dann war Lydia´s Lunch-Time! Auf dem Speiseplan: Ohrenschmaus. Riesenportion. Die Rede von der "lebenden Legende" darf hier durchaus strapaziert werden. Als Mitbegründerin der New Yorker No-Wave-Welle der späten 1970er Jahre macht Lydia Lunch neben ihrer Solo-Karriere mit einer Unzahl von Releasen und Kollaborationen – u.a. mit klingenden Namen wie Sonic Youth, Nick Cave, Carla Bozulich oder den Einstürzenden Neubauten – auf sich aufmerksam. Mit dunkler Stimme und offensiver Sprache feiert sie die Lust und den Widerstand. Hier kippt das politische Bewusstsein sein neuntes Bier und der Anti-Imperialismus tanzt lasziv Richtung Ekstase.

Was im Anschluss kam – und das kommt jetzt nicht von mir, sondern von der Band selbst – war eine Ladung Sexedelic Mellow Beat Porno Funk. The Royal Drive Affair setzen auf “Sex Sells”. Der Sex wurde allerdings im Keim erstickt. Es hieß, sie wären aus einem Porno der 70er auf dieses Festival katapultiert worden. Aha. Da scheints was mit der Selbstwahrnehmung zu haben; oder mit den Pornos damals.

Eine weitere Parallelwelt verschmolz mit dem Open Air: Die selbsterklärte Space-Noice-Rock Combo NI trieb in Outer Space Aufmachung ihren NIsinn und gaben unmerkbarste Songtitel im Led Zeppelin Stil zu Besten. Femininer Punkrock und sogenannte Schweinerockjazz-Experimente kamen von First Fatal Kiss und auch die lauten/wilden/dreckigen Regionalmatadoren von Oblivious gaben beim Heimspiel rockgemäß ordentlich Gas.

Abschließend mischte die Niederländische DJane Marcelle mit einem abenteuerlichen Mix aus Dubstep, Worldmusik, Drum ’n‘ Bass, Electronica und Techno das Partyvolk auf. Das Mischpult versteht sie wahrlich als Instrument, wenn sie auf mindestens drei Turntabels Beatschichten übereinander legt, was dann unbeschreiblich, aber auch unbeschreiblich tanzbar klingt.

Mit Cherry Sunkist traute sich am Samstag – kurz aber doch – die Sun hervor. Dazu gesellten sich Breitwandgefühlen auf Hip Hopisch und Jogginganzug Styler Shit, dargebracht von den Linzern (ja, das konnten sie nicht oft genug erwähnen) Def:k. Überhaupt hielt der zweite Open Air Tag für Hip Hop Fans einiges bereit. Hinter SK Invitational feat. Fiva, Thaiman, Lylit, Jahnson the Scientist verbarg sich wie diese lange Wortwurst schon vermuten lässt, ein ganzer Haufen fetziger Big Bandler, die ordentlich die große Bühne und das Areal davor klarerweise auch, zum Beben brachten.

Ihnen gleich tat es der New Yorker Oddateee, der der werten Hörerinnenschaft hierzulande spätestens seit dem Sofa Surfers Album "Encounters" bekannt sein wird. Wer nicht so auf Hip Hop abfährt, hatte seine Freude an Hella Comet (experimenteller fortgeschrittener Postrock) oder den Slowaken Dezurni Krivici, die mir als echte Rocker freizügerweise ein besonders freizügiges Merchandizegeschenk machten. Wer freut sich nicht über einen Stringtanga (mehr String als Tanga und in den Farben des Luzifer) mit dem slowenischen Wort für Sündenböcke als Aufschrift? Aber es blieb nicht nur bei einem Gastakt aus Slowenien. Denn mit Stekli Psi wären wir wieder auf Seiten den Hip Hop Freunde, die bestimmt auch bei Elektro Guzzi nicht still stehen konnten. Das bringt uns wieder zum Heimspiel. Und im Herzen sind wir doch alle Ottensheimer….

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