Zuletzt war das Festival für Digitale Kunst und Kulturen wegen Förderungsausfällen in einer abgespeckten Version zu sehen, diesen Herbst wächst es wieder auf alte Größe an. Das Thema im Herbst 2012: Reverse Engineering.
Es ist eine Crux, dass in Wien bei Kulturveranstaltungen zwangsweise auch immer über den damit verbundenen Förder-Wahnsinn berichtet werden muss. Beim letzten Paraflows-Festival waren Förderungen ausgefallen und die Veranstaltung musste stark geschrumpft werden, im Herbst 2012 gibt es Paraflows wieder in alter Größe. Auch die Finanzierung für zwei weitere Ausgaben ist gesichert.
Drei Festplatten drehen sich, Mikrophone nehmen die Geräusche der rotierenden Platten auf. Sie sollen die Signale hörbar machen, die bei Serverfehlern entstehen.
Fehler im System
Der Fehler ist erwünscht in Marcelina Wellmers „Error 404 502 410“. Beim Ablesen der Informationen hängt sich die Festplatte auf. Der performative Charakter des Werks kommt zum Erliegen, denn auf jede der Festplatten ist der Name des Fehlers eingraviert. Auch das ist Teil des Konzepts. Wenn das Kunstwerk vor den Augen des Betrachters zerbricht und nicht mehr in der ursprünglichen Form dargestellt wird, offenbart sich erst die wesentliche Zusatzinformation.
Maschinenbau und Konzeptkunst
Das Thema Reverse Engineering ist ein Konzept aus dem Maschinenbau, bei dem der Bauplan eines bestehenden Dings freigelegt wird, damit es nachgebaut werden kann, und es ist auch Konzept für das Paraflows .7 Festival für Digitale Kunst und Kulturen. Modifikation ist bei diesem Prozess erwünscht und lässt neues entstehen.
Neben der Ausstellung Reverse Engineering im Weißen Haus veranstaltet Paraflows auch ein Symposium: "Open. Dissect. Rebuild." Auch kontroversiellere Themen wie Reverse Engineering im Kontext von Software-Urheberrecht sollen beim Symposium behandelt werden.
"Wir versuchen, politisch zu werden" sagt Günther Friesinger, der das Festival gemeinsam mit Judith Fegerl leitet. Beim Symposium werde so auch ein Vertreter der europäischen Piratenpartei eingeladen. Den Vorwurf, dass Paraflows damit nur auf den aktuellen Trendzug der Piratenparteien europaweit aufspringt, lässt Friesinger aber nicht gelten: Schon 2006 waren Piraten aus Schweden und Österreich bei Paraflows zu Gast.
Neue Ausrichtung & neue Programmpunkte
Die Zeit seit dem letzten Festival haben die Macher von Paraflows intensiv genutzt, um sich neu aufzustellen und "neu zu erfinden", sagt Friesinger. Dass auch Konzerte bei Paraflows Teil des Festivals sind ist so neu nicht, neu ist aber, dass es im Herbst auch ein begleitendes Kinoprogramm in Zusammenarbeit mit dem Filmarchiv Austria geben wird. Thomas Ballhausen wird dabei Mitkurator sein.
Im Weißen Haus werden unter der neuen Adresse Argentinierstraße 11 Konzerte und Ausstellung am selben Ort zugänglich sein.
Kurzfristigkeit im Förderdschungel
Ein großes Problem ist, dass Förderzusagen sehr kurzfristig gemacht werden, erzählt Friesinger. Bei den vorigen Ausgaben des Festivals trafen diese Zusagen immer erst im März ein, und das für ein Festival, das im Herbst stattfinden soll. Schwierig ist dann vor allem auch, die Künstler, die man sich als Kurator wünscht innerhalb so kurzer Zeit zu verpflichten.
Ausgabe acht und neun des Festivals sind nun erstmals längerfristig gesichert, zur Freude Friesingers. Die Planungen für die kommenden Festivals sind schon im Laufen.
paraflows .7 Festival für Digitale Kunst und Kulturen
Eröffnung / 13. September 2012 / das weisse haus / 19 Uhr
Ausstellung / REVERSE ENGINEERING / 14. September bis 20. Oktober 2012 / das weisse haus / Di – Fr 13 – 19 Uhr, Sa 12 – 17 Uhr und nach Vereinbarung sonntags, montags und feiertags geschlossen
Symposion / Open. Dissect. Rebuild. / 14. bis 16. September 2012
Kinoprogramm / 17. bis 19. September 2012 Filmarchiv Austria, Audivisuelles Zentrum Augarten, Obere Augartenstraße 1, 1020 Wien
Konzertreihe / 20. bis 23. September
Bildcredits:
Marcelina Wellmer: Error 404 502 410 (2011)
Sylvia Eckermann: Crystal Math (2012)