Camilla im Callcenterland

Prostitution ist ein vielgesichtiges Geschäft – eines trägt die schalmeiende Fratze eines Staubsaugerverkäufers.

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Und wahrlich grenzt es an einen Faustschlag ins Gewissen, den vermeintlich NASA-patentierten, höllisch lauten Kirby um 3.000 Euro an eine naive Hausfrau zu verkaufen. Doch am anderen Ende der Nahrungskette sitzt die Callcenter-Telefonistin Michela Murgia, die bei fünf Verkaufsterminen am Zwölfstundentag monatlich auf ein Viertel kommt. Murgia, seit ihrem Roman »Accabadora« gefeierte Literatin, tippte ihre Erlebnisse in einen Blog, der nun als Buch erschien. Ohne bezahlten Krankenstand und Urlaub, dafür mit reichlichen Abgaben und der Aussicht auf einen Schmelzkäse als Prämie unterwerfen sich die Telespam-Damen dem Boss Bill Gaits und Cheftelefonistin Hermann, die das Haushaltsmonster als Religion aufzwingen – kein Wunder, dass Nervenzusammenbrüche und Fluktuation auf der Tagesordnung stehen. Tristesse? Nur teilweise. Dieses Buch ist derart espritreich und witzig geschrieben, dass man erst am Ende merkt, womit man es zu tun hatte: einer knalligen Abrechnung mit perfidem Konsumdruck und Marketing.

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