A Million Kicks

Das Gegenteil von provinziell. Die Achterbahn vom Rauschzustand zur Erdung führt durch synthetisches Terroir.

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Sie sind den Zeichen der Elektropopreligion gefolgt. Diese spricht weltweit dieselbe Sprache und präsentiert sich meist in bunter Schutzhülle mit geometrischen Formen, gleichseitige Dreiecke, Quadrate und Kreise purzeln bevorzugt auf die Albumcovers. Alle haben sie das jetzt als Albumcover, knallig schrill oder in verwaschener sonnengebleichter Vintage-Pracht. Man denke nur an verschiedene Bands des Subpop Labels oder an Wild Beasts, Starfucker und The Naked and Famous. Das zweite Album von This is the Arrival versteckt sich hinter einer Raute.

Mit der Musik dahinter verhält es sich nicht so abstrakt, aber ähnlich elektropoppig und urban. Musikalisch haben sie den Debütnachfolger in den Synthie-Farbtopf getunkt. Die Weiterentwicklung ging in die elektronische Windrichtung und lässt sich mühelos in klassischsten sauberen Indie-Pop einreihen, indem es eine Wandlung vollzieht, wie man sie von den Wombats oder den White Lies kennt. Generell scheinen viele Bands vor die Frage gestellt: Bleibt man auf dem rohen Rock sitzen (Black Keys) oder tauscht man öfter mal Gitarre gegen artifizielle Keyboardklänge aus.

Im Falle der jungen Münchner gesellen sich zum charismatisch Kele-ähnlichen Gesang von Mario Clement noch mehr Falsett-Töne und noch mehr Euphorie. Zu viele Gefühle, zu viele Eindrücke, zu viel Vergnügungssucht im matrosenähnlichen Tourleben suchen nach Erdung im dumpfen Beat der Drummachine und brechen im Gewitter hingewirbelter Hot Hot Heat–Quirl in sich zusammen. Was kommt denn nach immer farbigeren Klangloops. Was kommt nach dem Höhenflug eines boomenden Debütalbums? Wenn man nicht im Schwindel oder gar in einer Lost Generation enden will, muss man anders mit der Dekadenz umgehen lernen. Die goldenen Zwanziger haben es nicht geschafft. This is the Arrival schon. Sie verpacken einfach die Resultate der großen Emotionen, Grundfragen vom Geben und Nehmen, soziale Schulden, Herzteile und ihr ausgebranntes unregelmäßiges Bandleben in ein berauschendes Nachfolgewerk.

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